Den Kopf abgewandt und das Kinn auf seine Faust gestützt, saß Fraser da. Er blickte ins Feuer, und sein Gesicht war wieder in die übliche Reglosigkeit verfallen. Das Licht fiel von hinten auf ihn und beleuchtete die lange, gerade Linie seiner Nase und die sanfte Wölbung seiner Lippe, während Kinn und Stirn in strengem Schatten lagen.
Grey trank einen ordentlichen Schluck Sherry und fasste sich wieder.
»Das ist ja eine rührende Geschichte, Mr. Fraser«, sagte er gleichmütig. »Äußerst dramatisch. Und doch gibt es keinen Beweis, dass es die Wahrheit ist.«
Fraser regte sich und wandte Grey den Kopf zu. Jamies Katzenaugen verengten sich zu etwas, das nach Belustigung aussah.
»Aye, den gibt es, Major«, sagte er. Er griff in den Bund seiner Kniehose, fingerte einen Moment umher und hielt abwartend die Hand über den Tisch.
Grey streckte automatisch seinerseits die Hand aus, und ein kleiner Gegenstand fiel ihm in die offene Handfläche.
Es war ein Saphir, dunkelblau wie Frasers Augen und von beträchtlicher Größe.
Grey öffnete den Mund, sagte aber nichts, denn das Erstaunen verschlug ihm den Atem.
»Hier ist Euer Beweis für die Existenz des Schatzes, Major.« Fraser wies kopfnickend auf den Stein in Greys Hand. Dann blickte er Grey über den Tisch hinweg in die Augen. »Und was den Rest betrifft – muss ich Euch leider sagen, Major, dass Ihr Euch auf mein Wort verlassen müsst.«
»Aber … aber … Ihr habt doch gesagt …«
»Ja.« Fraser war so ruhig, als hätten sie sich über den Regen vor dem Fenster unterhalten. »Ich habe diesen einen Stein behalten, weil ich dachte, er könnte mir vielleicht helfen, falls ich je freikomme, oder dass ich vielleicht eine Möglichkeit finden könnte, ihn meiner Familie zu übersenden. Denn Ihr begreift sicher, Major«, in Jamies blauen Augen glitzerte es verächtlich, »dass meine Familie einen solchen Schatz nicht benutzen könnte, ohne unwillkommene Aufmerksamkeit zu erregen. Einen Stein vielleicht, aber keine größere Menge.«
Grey konnte kaum denken. Was Fraser sagte, war wahr; ein Highlandbauer wie sein Schwager würde einen solchen Schatz kaum zu Geld machen können, ohne Gerede zu verursachen, das in kürzester Zeit die Männer des Königs über Lallybroch bringen würde. Und es war gut möglich, dass Fraser selbst den Rest seines Lebens hinter Gittern verbringen würde. Aber dennoch, so leichtfertig ein Vermögen fortzuwerfen! Und doch, wenn er den Schotten ansah, konnte er es gut glauben. Wenn es je einen Mann gab, der sich sein Urteilsvermögen nicht von der Gier vernebeln ließ, war es James Fraser. Dennoch …
»Wie konntet Ihr den Stein behalten?«, wollte Grey abrupt wissen. »Man hat Euch doch bis auf die Haut durchsucht, als Ihr zurückgebracht wurdet.«
Der breite Mund verzog sich zum ersten Mal in Greys Gegenwart zu einem aufrichtigen Lächeln.
»Ich habe ihn hinuntergeschluckt«, sagte Fraser.
Greys Hand schloss sich krampfhaft um den Saphir. Er öffnete sie wieder und legte den schimmernden blauen Stein mit sehr spitzen Fingern neben der Schachfigur auf den Tisch.
»Verstehe«, sagte er.
»Gewiss doch«, sagte Fraser mit einem Ernst, der das belustigte Glitzern in seinen Augen nur umso mehr betonte. »Hin und wieder hat es seine Vorteile, wenn man sich von grobem Porridge ernährt.«
Grey unterdrückte den plötzlichen Drang zu lachen und rieb sich fest die Lippe.
»Gewiss doch, Mr. Fraser.« Einen Moment saß er da und betrachtete den blauen Stein. Dann blickte er plötzlich auf.
»Ihr seid Papist, Mr. Fraser?« Er kannte die Antwort bereits; nur wenige Anhänger der katholischen Stuarts waren es nicht. Ohne eine Erwiderung abzuwarten, erhob er sich und ging zu dem Bücherregal in der Ecke. Er brauchte einen Moment, um das Buch zu finden; es war ein Geschenk seiner Mutter und zählte nicht zu seiner üblichen Lektüre.
Er legte die in Kalbsleder gebundene Bibel auf den Tisch, neben den Stein.
»Ich persönlich würde zwar Euer Wort als Ehrenmann akzeptieren, Mr. Fraser«, sagte er. »Doch Ihr werdet verstehen, dass ich auch an meine Dienstpflichten denken muss.«
Fraser betrachtete das Buch einen langen Moment, dann blickte er zu Grey auf, und seine Miene war undurchdringlich.
»Aye, das weiß ich wohl, Major«, sagte er leise. Ohne zu zögern, legte er seine breite Hand auf die Bibel.
»Ich schwöre im Namen des Allmächtigen Gottes und bei Seinem heiligen Wort«, sagte er mit fester Stimme. »Mit dem Schatz verhält es sich so, wie ich es Euch gesagt habe.« Seine Augen glühten im Feuerschein, dunkel und unergründlich. »Und ich schwöre bei meiner Hoffnung auf den Himmel«, fügte er leise hinzu, »dass er jetzt im Meer ruht.«
Kapitel 11
Die Torremolinoseröffnung
Da die Frage nach dem Franzosengold nun zu den Akten gelegt war, kehrten sie zu dem zurück, was ihre Gewohnheit geworden war; ein kurzer Zeitraum förmlicher Verhandlungen der Probleme der Gefangenen, gefolgt von zwangloser Unterhaltung und manchmal einer Schachpartie. Heute Abend unterhielten sie sich auch nach dem Essen noch über Samuel Richardsons immensen Roman
Алекс Каменев , Владимир Юрьевич Василенко , Глуховский Дмитрий Алексеевич , Дмитрий Алексеевич Глуховский , Лиза Заикина
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