Читаем Paganinis Fluch полностью

Sie haben Wasser aufgeleckt und sich erneut im Schatten versteckt. Es ist ein sehr heißer Tag gewesen, sie haben ganz still gesessen und gekeucht, aber gegen Abend, als die heiße Sonne hinter den Bäumen verschwunden war, sind sie wieder eingeschlafen.

In Penelopes Gehirn vermischen sich Träume und schlummernde Erinnerungen. Sie hört Viola auf ihrer winzigen Geige mit den kleinen Aufklebern, die den Fingersatz markieren, »Morgen kommt der Weihnachtsmann« spielen und sieht, wie ihre Schwester sich mit rosa Lidschatten schminkt und vor dem Spiegel die Wangen einzieht.

Als Penelope erwacht, ringt sie heftig nach Luft.

Björn hat die Arme um seine Knie geschlungen und zittert.

Als die dritte Nacht verblasst, halten sie es nicht länger aus, sie sind so hungrig und schwach, dass sie ihr Versteck verlassen und weitergehen müssen.

Es ist fast Morgen, als Björn und Penelope das Ufer erreichen. Rote Sonnenstrahlen werden als glühende Streifen an den Rändern der langen Wolkenschleier aufgefangen. Das Wasser liegt in der Dämmerung ruhig und glatt. Zwei Höckerschwäne treiben nebeneinander auf dem Wasser. Ruhig gleiten sie mit langsam paddelnden Füßen hinaus.

Björn streckt die Hand aus, um Penelope zum Wasser zu führen. Plötzlich geben seine Beine vor Müdigkeit nach, er taumelt, rutscht aus, stützt sich mit der Hand auf einen Stein und rappelt sich wieder auf. Penelope stiert ins Leere, während sie ihre Schuhe auszieht, sie miteinander verknotet und sich um den Hals hängt.

»Komm«, flüstert Björn. »Wir schwimmen, denk nicht nach, tu es einfach.«

Penelope will ihn bitten zu warten, weil sie nicht weiß, ob ihre Kräfte ausreichen werden, aber er ist schon auf dem Weg ins Meer. Sie schaudert und blickt zu der Insel auf der anderen Seite des Wassers hinüber, die noch weiter draußen in den Stockholmer Schären liegt.

Sie watet hinter ihm hinaus und spürt, wie sich das kühle Wasser um Waden und Hüften schließt. Der Grund ist steinig und glatt, und das Wasser wird unter ihr rasch tiefer. Ihr bleibt keine Zeit für Zweifel, sie gleitet einfach hinein.

Mit schmerzenden Armen und schweren Kleidern schwimmt sie auf das andere Ufer zu. Björn ist schon weit vor ihr.

Es ist anstrengend, jeder Schwimmzug erscheint ihr schier unerträglich, ihre Muskeln wollen sich einfach nur ausruhen.

Die Insel Kymmendö liegt vor ihnen wie ein sandiger Wall. Sie tritt mit ihren müden Beinen, kämpft weiter und hält sich über Wasser. Plötzlich wird sie von den ersten Sonnenstrahlen über den Bäumen geblendet, sie stechen ihr in den Augen, und sie hört auf zu schwimmen. Es ist kein Krampf, aber ihre Arme können nicht mehr, geben einfach auf. Es geht nur um ein paar Sekunden, aber die nassen Kleider ziehen sie unter die Oberfläche, noch ehe die Arme ihr wieder gehorchen. Als sie hochkommt und nach Luft schnappt, hat sie große Angst, Adrenalin wird durch ihren Körper gepumpt, sie atmet schnell und hat die Orientierung verloren, sieht um sich herum nur Meer. Verzweifelt tritt sie Wasser und dreht sich im Kreis, verbietet sich selbst, zu schreien, und entdeckt schließlich Björns auf und ab wippenden Kopf kurz über der Wasseroberfläche, in fünfzig Meter Entfernung. Penelope schwimmt weiter, weiß aber nicht, ob sie es bis zu der anderen Insel schaffen wird.

Die Schuhe um ihren Hals behindern ihre Schwimmzüge, und sie versucht, sie loszuwerden, aber sie verhaken sich in ihrem Kruzifix. Dann reißt die dünne Kette, und das Kruzifix verschwindet mit den Schuhen im Wasser.

Sie schwimmt weiter, spürt die harten Schläge ihres Herzens, nimmt vage wahr, dass Björn weit vor ihr an Land krabbelt.

Wasser spritzt ihr in die Augen, dann sieht sie Björn am Ufer stehen. Er hält Ausschau nach ihr, obwohl er sich lieber verstecken sollte. Ihr Verfolger könnte sich in diesem Moment an Ornös nördlichem Ufer aufhalten, er könnte irgendwo hinter ihnen stehen und das Gelände mit einem Fernglas absuchen.

Penelopes Bewegungen werden langsamer und schwächer, sie spürt die Schwere und Trägheit in den Beinen, als sich die Milchsäure in den Muskeln der Oberschenkel ausbreitet. Das Schwimmen fällt ihr immer schwerer, das letzte Stück erscheint unüberbrückbar. Björns Augen sind ängstlich, er watet ins Wasser zurück, ihr entgegen, als sie sich dem Ufer nähert. Sie will schon aufgeben, macht aber doch noch ein paar Schwimmzüge und noch ein paar und spürt endlich unter sich den Grund. Björn ist im Wasser, greift nach ihrer Hand, zieht sie an sich und schleift sie auf den steinigen Sandstrand hinauf.

»Wir müssen uns verstecken«, keucht sie.

Er hilft ihr zwischen die Fichten, sie spürt ihre Beine und Füße nicht mehr und friert so sehr, dass sie am ganzen Leib zittert. Sie bewegen sich tiefer in den Wald hinein und bleiben erst stehen, als sie das Meer nicht mehr sehen. Erschöpft sinken sie ins Moos und Blaubeergestrüpp und umarmen sich, während ihre Atemzüge ruhiger werden.

»So geht das nicht«, wimmert sie.

»Wir helfen uns gegenseitig.«

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