28 Nun war er in der St"arke, dass er wohl Waffen trug:Wes er dazu bedurfte, des gab man ihm genug.Schon sann er zu werben um manches sch"one Kind;Die h"atten wohl mit Ehren den sch"onen Siegfried geminnt.29 Da liess sein Vater Siegmund kund thun seinem Lehn,Mit lieben Freunden woll er ein Hofgelag begehn.Da brachte man die M"are in andrer K"onge Land.Den Heimischen und G"asten gab er Ross und Gewand.30 Wen man finden mochte, der nach der Eltern ArtRitter werden sollte, die edeln Knappen zartLud man nach dem Lande zu der Lustbarkeit,Wo sie das Schwert empfiengen mit Siegfried zu gleicherZeit.31 Man mochte Wunder sagen von dem Hofgelag.Siegmund und Siegelind gewannen an dem TagViel Ehre durch die Gaben, die spendet’ ihre Hand:Drum sah man viel der Fremden zu ihnen reiten in dasLand.32 Vierhundert Schwertdegen sollten gekleidet seinMit dem jungen K"onige. Manch sch"ones M"agdeleinSah man am Werk gesch"aftig: ihm waren alle hold.Viel edle Steine legten die Frauen da in das Gold,33 Die sie mit Borten wollten auf die Kleider n"ahnDen jungen stolzen Recken; das muste so ergehn.Der Wirth liess Sitze bauen f"ur manchen k"uhnen MannZu der Sonnenwende, wo Siegfried Ritters Stand gewann.34 Da gieng zu einem M"unster mancher reiche KnechtUnd viel der edeln Ritter. Die Alten thaten recht,Dass sie den Jungen dienten, wie ihnen war geschehn,Sie hatten Kurzweile und freuten sich es zu sehn.35 Als man da Gott zu Ehren eine Messe sang,Da hub sich von den Leuten ein gewaltiger Drang,Da sie zu Rittern wurden dem Ritterbrauch gem"assMit also hohen Ehren, so leicht nicht wieder gesch"ahs.36 Sie eilten, wo sie fanden geschirrter Rosse viel.Da ward in Siegmunds Hofe so laut das Ritterspiel,Dass man ertosen h"orte Pallas und Saal.Die hochbeherzten Degen begannen fr"ohlichen Schall.37 Von Alten und von Jungen mancher Stoss erklang,Dass der Sch"afte Brechen in die L"ufte drang.Die Splitter sah man fliegen bis zum Saal hinan.Die Kurzweile sahen die Fraun und M"anner mit an.38 Der Wirth bat es zu lassen. Man zog die Rosse fort;Wohl sah man auch zerbrochen viel starke Schilde dortUnd viel der edeln Steine auf das Gras gef"alltVon des lichten Schildes Spangen: die hatten St"ossezerschellt.39 Da setzten sich die G"aste, wohin man ihnen rieth,zu Tisch, wo von Erm"udung viel edle Kost sie schiedUnd Wein der allerbeste, des man die F"ulle trug.Den Heimischen und Fremden bot man Ehren da genug.40 So viel sie Kurzweile gefunden all den Tag,Das fahrende Gesinde doch keiner Ruhe pflag:Sie dienten um die Gabe, die man da reichlich fand;Ihr Lob ward zur Zierde K"onig Siegmunds ganzem Land.41 Da liess der F"urst verleihen Siegfried, dem jungen Mann,Das Land und die Burgen, wie sonst er selbst gethan.Seinen Schwertgenossen gab er mit milder Hand:So freute sie die Reise, die sie gef"uhrt in das Land.42 Das Hofgelage w"ahrte bis an den siebten Tag.Sieglind die reiche der alten Sitte pflag,Dass sie dem Sohn zu Liebe vertheilte rothes Gold:Sie k"onnt es wohl verdienen, dass ihm die Leute warenhold.43 Da war zuletzt kein armer Fahrender mehr im Land.Ihnen stoben Kleider und Rosse von der Hand,Als h"atten sie zu leben nicht mehr denn einen Tag.Man sah nie Ingesinde, das so grosser Milde pflag.44 Mit preiswerthen Ehren zergieng die Lustbarkeit.Man h"orte wohl die Reichen sagen nach der Zeit,Dass sie dem Jungen gerne w"aren unterthan;Das begehrte nicht Siegfried, dieser waidliche Mann.45 So lange sie noch lebten, Siegmund und Siegelind,Wollte nicht Krone tragen der beiden liebes Kind;Doch wollt er herrlich wenden alle die Gewalt,Die in den Landen f"urchtete der Degen k"uhn undwohlgestalt.46 Ihn durfte Niemand schelten: seit er die Waffen nahm,Pflag er der Ruh nur selten, der Recke lobesam.Er suchte nur zu streiten und seine starke HandMacht’ ihn zu allen Zeiten in fremden Reichenwohlbekannt.47 Den Herrn beschwerte selten irgend ein Herzeleid.Er h"orte Kunde sagen, wie eine sch"one MaidBei den Burgunden w"are, nach W"unschen wohlgethan,Von der er bald viel Freuden und auch viel Leides gewann.48 Von ihrer hohen Sch"one vernahm man weit und breit,Und auch ihr Hochgem"uthe ward zur selben ZeitBei der Jungfrauen den Helden oft bekannt:Das ladete der G"aste viel in K"onig Gunthers Land.49 So viel um ihre Minne man Werbende sah,Kriemhild in ihrem Sinne sprach dazu nicht Ja,Dass sie einen wollte zum geliebten Mann:Er war ihr noch gar fremde, dem sie bald ward unterthan.50 Dann sann auf hohe Minne Sieglindens Kind:All der Andern Werben war wider ihn ein Wind.Er mochte wohl verdienen ein Weib so auserw"ahlt:Bald ward die edle Kriemhild dem k"uhnen Siegfriedverm"ahlt.51 Ihm riethen seine Freunde und Die in seinem Lehn,Hab er st"ate Minne sich zum Ziel ersehn,So soll er werben, dass er sich der Wahl nicht d"urfesch"amen.Da sprach der edle Siegfried: «So will ich Kriemhildennehmen,52 Die edle K"onigstochter von Burgundenland,Um ihre grosse Sch"one. Das ist mir wohl bekannt,Kein Kaiser sei so m"achtig, h"att er zu frein im Sinn,Dem nicht zum minnen ziemte diese reiche K"onigin.»53 Solche M"are h"orte der K"onig Siegmund.Es sprachen seine Leute: also ward ihm kundSeines Kindes Wille. Es war ihm h"ochlich leid,Dass er werben wolle um diese herrliche Maid.54 Es erfuhr es auch die K"onigin, die edle Siegelind:Die muste grosse Sorge tragen um ihr Kind,Weil sie wohl Gunthern kannte und Die in seinem HeerDie Werbung dem Degen zu verleiden fliss man sich sehr.55 Da sprach der k"uhne Siegfried: «Viel lieber Vater mein,Ohn edler Frauen Minne wollt ich immer sein,Wenn ich nicht werben d"urfte nach Herzensliebe frei.»Was Jemand reden mochte, so blieb er immer dabei.56 «Ist dir nicht abzurathen,» der K"onig sprach da so,«So bin ich deines Willens von ganzem Herzen frohUnd will dirs f"ugen helfen, so gut ich immer kann;Doch hat der K"onig Gunther manchen hochf"ahrtgenMann.»57 «Und w"ar es anders Niemand als Hagen der Degen,Der kann im Uebermuthe wohl der Hochfahrt pflegen,So dass ich sehr bef"urchte, es m"og uns werden leid,Wenn wir werben wollen um diese herrliche Maid.»58 «Wie mag uns das gef"ahrden!» hub da Siegfried an:«Was ich mir im Guten da nicht erbitten kann,Will ich schon sonst erwerben mit meiner starken Hand,Ich will von ihm erzwingen so die Leute wie das Land.»59 «Leid ist mir deine Rede,» sprach K"onig Siegmund,«Denn w"urde diese M"are dort am Rheine kund,Du d"urftest nimmer reiten in K"onig Gunthers Land.Gunther und Gernot die sind mir lange bekannt.»60 «Mit Gewalt erwerben kann Niemand die Magd,»Sprach der K"onig Siegmund, «das ist mir wohl gesagt;Willst du jedoch mit Recken reiten in das Land,Die Freunde, die wir haben, die werden eilends besandt.»61 «So ist mir nicht zu Muthe,» fiel ihm Siegfried ein,«Dass mir Recken sollten folgen an den RheinEiner Heerfahrt willen: das w"are mir wohl leid,Sollt ich damit erzwingen diese herrliche Maid.»62 «Ich will sie schon erwerben allein mit meiner Hand.Ich will mit zw"olf Gesellen in K"onig Gunthers Land;Dazu sollt ihr mir helfen, Vater Siegmund.»Da gab man seinen Degen zu Kleidern grau und auch bunt.63 Da vernahm auch diese M"are seine Mutter Siegelind;Sie begann zu trauern um ihr liebes Kind:Sie bangt’ es zu verlieren durch Die in Gunthers Heer.Die edle K"onigstochter weinte dar"uber sehr.64 Siegfried der Degen gieng hin, wo er sie sah.Wider seine Mutter g"utlich sprach er da:«Frau, ihr sollt nicht weinen um den Willen mein:Wohl will ich ohne Sorgen vor allen Weiganden sein.»65 «Nun helft mir zu der Reise nach Burgundenland,Dass mich und meine Recken ziere solch Gewand,Wie so stolze Degen mit Ehren m"ogen tragen:Daf"ur will ich immer den Dank von Herzen euch sagen.»