66 «Ist dir nicht abzurathen,» sprach Frau Siegelind,«So helf ich dir zur Reise, mein einziges Kind,Mit den besten Kleidern, die je ein Ritter trug,Dir und deinen Degen: ihr sollt der haben genug.»67 Da neigte sich ihr dankend Siegfried der junge Mann.Er sprach: «Nicht mehr Gesellen nehm ich zur Fahrt mir anAls der Recken zw"olfe: verseht die mit Gewand.Ich m"ochte gern erfahren, wie’s um Kriemhildsei bewandt.»68 Da sassen sch"one Frauen "uber Nacht und Tag,Dass ihrer selten Eine der Musse eher pflag,Bis sie gefertigt hatten Siegfriedens Staat.Er wollte seiner Reise nun mit nichten haben Rath.69 Sein Vater hiess ihm zieren sein ritterlich Gewand,Womit er r"aumen wollte K"onig Siegmunds Land.Ihre lichten Panzer die wurden auch bereitUnd ihre festen Helme, ihre Schilde sch"on und breit.70 Nun sahen sie die Reise zu den Burgunden nahn.Um sie begann zu sorgen beides, Weib und Mann,Ob sie je wiederkommen sollten in das Land.Sie geboten aufzus"aumen die Waffen und das Gewand.71 Sch"on waren ihre Rosse, ihr Reitzeug goldesroth;Wenn wer sich h"oher dauchte, so war es ohne Noth,Als der Degen Siegfried und Die ihm unterthan.Nun hielt er um Urlaub zu den Burgunden an.72 Den gaben ihm mit Trauern K"onig und K"onigin.Er tr"ostete sie beide mit minniglichem SinnUnd sprach: «Ihr sollt nicht weinen um den Willen mein:Immer ohne Sorgen m"ogt ihr um mein Leben sein.»73 Es war leid den Recken, auch weinte manche Maid;Sie ahnten wohl im Herzen, dass sie es nach der ZeitNoch schwer entgelten m"usten durch lieber Freunde Tod.Sie hatten Grund zu klagen, es that ihnen wahrlich Noth.74 Am siebenten Morgen zu Worms an den StrandRitten schon die K"uhnen; all ihr GewandWar von rothem Golde, ihr Reitzeug wohlbestellt;Ihnen giengen sanft die Rosse, die sich da Siegfried gesellt.75 Neu waren ihre Schilde, licht dazu und breit,Und sch"on ihre Helme, als mit dem GeleitSiegfried der k"uhne ritt in Gunthers Land.Man ersah an Helden nie mehr so herrlich Gewand.76 Der Schwerter Enden giengen nieder auf die Sporen;Scharfe Spere f"uhrten die Ritter auserkoren.Von zweier Spannen Breite war, welchen Siegfried trug;Der hatt an seinen Schneiden grimmer Sch"arfe genug.77 Goldfarbne Z"aume f"uhrten sie an der Hand;Der Brustriem war von Seide: so kamen sie ins Land.Da gafften sie die Leute allenthalben an:Gunthers Mannen liefen sie zu empfangen heran.78 Die hochbeherzten Recken, Ritter so wie Knecht,Liefen den Herrn entgegen, so war es Fug und Recht,Und begr"ussten diese G"aste in ihrer Herren Land;Die Pferde nahm man ihnen und die Schilde vonder Hand.79 Da wollten sie die Rosse ziehn zu ihrer Rast;Da sprach aber Siegfried alsbald, der k"uhne Gast:«Lasst uns noch die Pferde stehen kurze Zeit:Wir reiten bald von hinnen; dazu bin ich ganz bereit.»80 «Man soll uns auch die Schilde nicht von dannen tragen;Wo ich den K"onig finde, kann mir das Jemand sagen,Gunther den reichen aus Burgundenland?»Da sagt’ es ihm Einer, dem es wohl war bekannt.81 «Wollt ihr den K"onig finden, das mag gar leicht geschehn:In jenem weiten Saale hab ich ihn gesehnUnter seinen Helden; da geht zu ihm hinan,So m"ogt ihr bei ihm finden manchen herrlichen Mann.»82 Nun waren auch die M"aren dem K"onig schon gesagt,Dass auf dem Hofe w"aren Ritter unverzagt:Sie f"uhrten lichte Panzer und herrlich Gewand;Sie erkenne Niemand in der Burgunden Land.83 Den K"onig nahm es Wunder, woher gekommen sei’nDie herrlichen Recken im Kleid von lichtem ScheinUnd mit so guten Schilden, so neu und so breit;Das ihm das Niemand sagte, das war K"onig Gunthern leid.84 Zur Antwort gab dem K"onig von Metz Herr Ortewein;Stark und k"uhnes Muthes mocht er wohl sein:«Da wir sie nicht erkennen, so heisst Jemand gehnNach meinem Oheim Hagen: dem sollt ihr sie lassen sehn.»85 «Ihm sind wohl kund die Reiche und alles fremde Land;Erkennt er die Herren, das macht er uns bekannt.»Der K"onig liess ihn holen und Die in seinem Lehn:Da sah man ihn herrlich mit Recken hin zu Hofe gehn.86 Warum nach ihm der K"onig, frug Hagen da, geschickt?«Es werden fremde Degen in meinem Haus erblickt,Die Niemand mag erkennen: habt ihr in fremdem LandSie wohl schon gesehen? das macht mir, Hagen bekannt.»87 «Das will ich,» sprach Hagen. Zum Fenster schritter drauf,Da liess er nach den G"asten den Augen freien Lauf.Wohl gefiel ihm ihr Ger"athe und all ihr Gewand;Doch waren sie ihm fremde in der Burgunden Land.88 Er sprach, woher die Recken auch k"amen an den Rhein,Es m"ochten selber F"ursten oder F"urstenboten sein.«Sch"on sind ihre Rosse und ihr Gewand ist gut;Von wannen sie auch ritten, es sind Helden hochgemuth.»89 Also sprach da Hagen: «Soviel ich mag verstehn,Hab ich gleich im Leben Siegfrieden nie gesehn,So will ich doch wohl glauben, wie es damit auch steht,Dass er es sei, der Degen, der so herrlich dorten geht.»90 «Er bringt neue M"aren her in dieses Land:»Die k"uhnen Nibelungen schlug des Helden Hand,Die reichen K"onigss"ohne Schilbung und Nibelung;Er wirkte grosse Wunder mit des starken Armes Schwung.91 «Als der Held alleine ritt aller H"ulfe bar,Fand er an einem Berge, so h"ort ich immerdar,Bei K"onig Niblungs Horte manchen k"uhnen Mann;Sie waren ihm gar fremde, bis er hier die Kunde gewann.»92 «Der Hort K"onig Nibelungs ward hervorgetragenAus einem hohlen Berge: nun h"ort Wunder sagen,Wie ihn theilen wollten Die Niblung unterthan.»Das sah der Degen Siegfried, den es zu wundern begann.93 «So nah kam er ihnen, dass er die Helden sahUnd ihn die Degen wieder». Der Eine sagte da:«Hier kommt der starke Siegfried, der Held ausNiederland.»Seltsame Abenteuer er bei den Nibelungen fand.