Ihre erste Schrift: «Mamon und Belial»3
habe ich noch nicht in der Uebersetzung bekommen, aber den Catechismus werde ich, wenn sie es wünschen, Ihnen in der russischen Uebersetzung als Manuscript zuschicken.Meinen Brief über das Verhältniss der Vernunft zur Religion4
habe ich zur Uebersetzung ins Deutsche übergegeben und werde dieselbe Ihnen sobald sie fertig wird, zuschicken. (Die Uebersetzung ist fertig. Ich füge sie diesem Briefe zu.)Sie fragen, ob ich in Verkehr mit den sogenannten Sectanten: Molokanen,5
Stundisten,6 Duchoborzen7 und anderen, stehe. Einige von diesen besuchen mich und schreiben mir. Aber, soviel ich darüber urtheilen kann, entfremden uns von denselben einige von den Sectanten bewahrten kirchlichen Dogmen, nämlich: die der Dreieinigkeit, der Erlösung, des Glaubens an die Göttlichkeit Christi, der Unfehlbarkeit der ganzen Bibel, der Glaubwürdigkeit des alten Testamentes und der Episteln, die ebenso bindlich als das Evangelium wären, und die daraus folgende Abgötterei des buchstäblichen Sinnes der Bibel, das Bedürfniss eines äusseren Kultes, der Versammlungen und Psalmodierungen und einer Leitung mittels eines Priesterthums.Eine Ausnahme davon machen die Neustundisten8
der letzteren Zeit, die Duchoborzen des Caucasus’es, deren es mehr als 20,000 giebt, und überhaupt alle neu sich formierenden religiös-rationalistischen Lehren, deren Anhänger es in verschiedenen und allerentlegensten Orten Russlands sehr viele giebt.Was ist Ihre Meinung über die Nazarener9
und was wissen Sie von denselben? Ich kenne das Buch Szeberenyi nach der Schrift Schwalm’s.10 Warum treten Sie nicht in Verkehr mit ihnen? Wenn es die kirchlichen Dogmen sind, die die Nazarenen bekennen, die Sie von ihnen trennen, so glaube ich doch, dass diese Dogmen nur stark bei der alten Generation sind, bei der jungen muss aber eine Vorwärtsbewegung stattfinden, die zur Erlösung von den tötenden kirchlichen Formeln führt. (Eine derartige Erscheinung beobachte ich beständig bei den Molokanen und Stundisten.) Deswegen glaube ich, dass indem die jüngeren Generationen von dem sie beschrenkenden und tötenden Dogmatismus sich befreien und vor sich keinen anderen Ausweg sehen, als entweder das Versumpfen im alten Glauben oder eine vollständige, absolute Ungläubigkeit — (sie gehen gewöhnlich zur letzteren über, indem sie sich dabei nur der Maske halber zur herrschenden Confession bekehren), — glaube ich, dass in diesem kritischen Moment die Hinweisung diesen jungen besseren Elementen auf eine freie moral-religiöse Lehre, welche von den Leuten nicht Lug und Trug und Unterdrückung der Energie verlangt, aber, im Gegentheil, tapferes Anerkennen der Wahrheit und die Offenbarung kraftvoller Erhaltung menschlicher Würde verlangt, sehr wichtig wäre.Sie fragen nach Sütaeff.11
Er ist schon seit 5 Jahren tot. Sütaeff gehörte zu keiner der bekannten Secten, aber er war eine Erscheinung der spontanen Entwickelung freisinniger gegen den Trug der Welt protestierenden christlichen Weltanschauung.Ihre Beurtheilung meines Verhältnisses zu Sütaeff in der Schrift über russische Sectanten ist vollständig irrig.12
Ich war sehr froh in ihm einen Menschen kennen zu lernen, der im Kerne seines Glaubens mit mir einig war und der sich Mühe gab die christliche Lehre im Leben practisch durchzuführen, und ich habe mich bemüht ihm in dieser Hinsicht zu helfen; aber ich konnte in keinem Falle sein Jünger gewesen sein, wie es sich, ich weiss nicht wesshalb, die Franzosen gedeutet und ausgelegt haben. Die Franzosen, die beständig über religiöse Fragen wie Blinde über Farben urtheilen, haben sich vermuthlich diese Vorstellung gemacht, nachdem sie in meinem Buche die Phrase lasen, in welcher ich mich so ausgedrückt habe, dass ich vom illiteraten Sütaeff mehr Belehrung erhalten habe, als von der ganzen Weisheit der Gelehrten.Wissen Sie etwas von Bondareff,13
von einem anderen russischen Bauer, von welchem ich geschrieben habe, der bis jetzt in Verbannung in Siberien lebt und welchen ich viel höher schätze, als Sütaeff. Sein Werk mit einem Vorworte von mir war ins französische übersetzt.14 Ich werde trachten Ihnen dasselbe zukommen zu lassen, oder Ihnen den exacten Titel, das Jahr der Veröffentlichung und den Ort der Ausgabe schicken.