Mit der Stoßstange stieß er die schwarzweiße Straßensperre zur Seite. Sie fiel in eine Schneewehe und wirbelte eine verträumte, kleine Schneewolke auf. Als er den Randstein runter sich hatte, war er fast erschrocken, sich wieder auf einer normalen Straße zu befinden. Als ob gar nichts geschehen wäre. Er schaltete den normalen Fahrgang ein und fuhr mit ruhigen vierzig Stundenkilometern die Straße entlang.
Er wollte schon auf den Heimweg abbiegen, als ihm einfiel, daß er ja Spuren hinterließ, die der Schnee oder die Räumfahrzeuge frühestens in zwei Stunden beseitigen würden.
Also folgte er, anstatt in die Crestallen Street einzubiegen, der Heron bis zur River Street und fuhr auf dieser weiter bis zur Route 7. Seit es zu schneien angefangen hatte, war nur wenig Verkehr auf den Straßen gewesen, aber es war noch genug, um die Schneedecke auf der Straße in eine rutschige Masse zu verwandeln.
Er reihte sich in die Spur der anderen Wagen ein, dielxach Osten fuhren, und beschleunigte langsam auf sechzig.
Er fuhr gut zehn Meilen auf der Route 7, bevor er in die Stadt zurückkehrte und in die Crestallen einbog. Unterwegs traf er ein paar Schheepflüge, die sich wie gigantische orangefarbene Doggen mit glühenden gelben Augen durch die Nacht schaufelten. Ab und zu warf er einen Blick zur Baustelle hinüber, aber im wirbelnden Schneesturm konnte er dort nichts erkennen.
Auf halbem Weg nach Hause stellte er plötzlich fest, daß es im Wagen, obwohl die Heizung lief und alle Fenster hochgedreht waren, kalt war. Er sah sich um und entdeckte das Loch in der hinteren rechten Scheibe. Auf dem Rücksitz lagen Schnee und Glassplitter.
Er kam von Norden in die Crestallen Street und fuhr direkt zu seinem Haus. Es stand noch genauso da, wie er es verlassen hatte. Das Küchenlicht, das er angelassen hatte, war das einzige Licht an der gesamten Straßenfront. Es standen keine Polizeiwagen vor dem Haus, aber die Garagentür war offen.
So eine Dummheit. Man machte die Garagentür immer zu, wenn es schneite. Deshalb hatte man ja ein Tor, um seinen Besitz vor den Elementen zu schützen. Das hatte sein Vater immer zu ihm gesagt. Sein Vater war auch in der Garage gestorben, wie Johnnys Bruder, aber Ralph Dawes hatte sich nicht umgebracht. Es war ein Schlaganfall gewesen. Ein Nachbar hatte ihn gefunden. Er hatte noch seine Gartenschere in den steifen Fingern, und neben ihm auf dem Boden hatte ein Schleifstein gelegen. Ein gewöhnlicher Vorstadttod. O Lord, schicke seine weiße Seele in den Himmel, wo kein Unkraut wächst und die Nigger einen gebührenden Abstand wahren.
Er stellte den Wagen ab, zog das Garagentor herunter und ging ins Haus. Er zitterte vor Erschöpfung und Aufregung.
Es war Viertel nach drei. Er hängte seinen Mantel in die Garderobe, und als er schon die Tür schließen wollte, bekam er einen regelrechten Schock. Wie ein Schluck Whisky auf nüchternen Magen. Er fummelte wie wild in seinen Manteltaschen und stieß einen erleichterten Pfiff aus, als er seine Handschuhe fand. Sie waren immer noch mit Benzin durchtränkt und zu kleinen, zerknitterten Bällen gefroren.
Er überlegte, ob er sich einen Kaffee machen sollte, entschied sich dann aber dagegen. Er hatte leicht pochende Kopfschmerzen, die vermutlich vom Benzindunst herrührten und durch die angsterfüllte Nachtfahrt durch den Schnee noch verstärkt worden waren. Im Schlafzimmer zog er sich aus und warf die Kleider achtlos auf einen Stuhl, ohne sie erst zusammenzulegen. Er dachte, daß er sofort einschlafen würde, kaum daß er den Kopf aufs Kissen gelegt hätte, aber dem war nicht so. Jetzt, da er sich zu Hause in Sicherheit befand, überfiel ihn eine erbarmungslose Wachheit. Und mit ihr die Angst. Sie würden ihn schnappen und ins Gefängnis stecken. Sein Bild würde in allen Zeitungen erscheinen. Die Leute, die ihn kannten, würden mit dem Kopf schütteln und in den Kneipen und Kantinen über ihn tuscheln. Vinnie Mason würde zu seiner Frau sagen, er hätte schon immer gewußt, daß Dawes wahnsinnig sei. Marys Eltern würden Mary nach Reno schicken, wo sie sich zuerst eine Wohnung suchen und dann die Scheidung einreichen würde. Vielleicht fand sie auch jemanden, der sie fickte. Es würde ihn nicht überraschen.
Er lag hellwach im Bett und redete sich ein, daß sie ihn nicht finden würden. Er hatte seine Handschuhe angehabt.