»Wenn Sie wüßten, wie sehr mir 1974 schon jetzt zum Hals raushängt«, jammerte Magliore. »Das wird das Jahr, in dem die Ölbarone die Macht ergreifen werden, Dawes. Sie werden es sehen. Wenn Sie mir nicht glauben, sollten Sie sich mal meine Einnahmen vom Dezember ansehen. Ich hab’ neulich einen Chevy Impala verkauft. Der Wagen war blitz-sauber. Und wissen Sie, was ich dafür gekriegt habe?
»Sie sind sehr klein?« fragte er vorsichtig.
»Das sind verdammte Maxwell-House-Kaffeekannen!« rief Magliore aufgeregt. »Keksschachteln auf Rädern! Man braucht sie bloß mit schiefen Augen anzusehen und kurz zu husten, schon fällt der Motor raus oder der Auspuff runter oder das Lenkrad bricht ab. Pintos, Vegas, Gremlins, es ist alles dasselbe. Kleine Selbstmordkisten. Die kann ich so schnell verkaufen, wie ich sie reinkriege, aber so ein gutes, sauberes Auto wie einen Chevy Impala, den muß ich verschenken, um nicht darauf sitzenzubleiben. Und Sie wünschen mir ein gutes, neues Jahr! Jesus, Maria und Joseph, der Zimmermann!«
»Das paßt gut zur Jahreszeit«, kicherte er.
»Es ist sowieso nicht der Grund, warum ich angerufen habe«, fuhr Magliore fort. »Ich wollte ihnen gratulieren.«
»Gratuwas?« Er war ehrlich verdutzt.
»Sie wissen schon. Krach-Krach-Bumm-Bumm.«
»Oh, Sie meinen …«
»Psst, nicht am Telefon. Bleiben Sie cool, Dawes.«
»Klar. Krach-Krach-Bumm-Bumm. Das ist gut.« Er lachte.
»Das waren doch Sie, oder?«
»Ihnen würde ich nicht mal meinen zweiten Vornamen sagen.«
Magliore brüllte vor Lachen. »Das ist gut. Sie sind sehr gut, Mr. Dawes. Sie sind zwar ein Spinner, aber wenigstens ein intelligenter. Ich bewundere das.«
»Danke«, sagte er und schluckte ganz intelligent den Rest seines Drinks herunter.
»Ich wollte Ihnen auch noch mitteilen, daß da unten alles nach Plan weiterläuft. Froh und munter.«
»Was?«
Das Glas schlüpfte ihm aus den Fingern und rollte über den Teppich.
»Sie haben natürlich für alles Ersatzmaschinen, Dawes.
Für manche Maschinen sogar doppelten Ersatz. Sie müssen ihre Leute bar ausbezahlen, bis die Bücher wieder in Ordnung sind, aber die Arbeit geht auch so weiter.«
»Sie spinnen.«
»Nein. Ich finde nur, Sie sollten es wissen. Ich hab’s Ihnen ja gesagt, Dawes, manche Dinge können Sie einfach nicht beseitigen.«
»Sie Mistkerl, Sie lügen. Warum rufen Sie einen so armen Mann zu Weihnachten an und erzählen ihm Lügen?«
»Ich lüge nicht. Jetzt sind Sie wieder dran, Dawes. In diesem Spiel werden immer
»Ich glaube Ihnen nicht.«
»Sie armer Spinner.« Magliore schien wirklich Mitleid mit ihm zu haben, und das war das Schlimmste. »Ich glaube, das wird auch für Sie kein gutes Jahr werden«, sagte er und legte auf.
Das war Weihnachten.
26. Dezember 1973
ER fand einen Brief von IHNEN im Briefkasten (er hatte sich angewöhnt, an die Leute von der Stadtverwaltung nur noch in Personalpronomen zu denken, die er sich in Großbuchstaben, in riesigen, zerlaufenden Lettern gedruckt vorstellte, wie sie auf Plakaten von Horrorfilmen zu sehen waren), als wollten SIE ihm bestätigen, was Magliore ihm erzählt hatte.
Er nahm ihn in die Hand, betrachtete den steifen weißen Geschäftsumschlag und empfand dabei so ziemlich alle negativen Gefühle, zu denen der menschliche Geist fähig ist: Verzweiflung, Haß, Angst, Wut, Verlorenheit. Am liebsten hätte er ihn in tausend Stücke zerrissen und in den Schnee geworfen, aber ihm war klar, daß er das nicht tun konnte. Er öffnete ihn, wobei er den Umschlag beinahe in der Mitte durchriß, und stellte fest, daß er sich vor allem betrogen fühlte. Sie hatten ihn angeschmiert. Reingelegt. Er hatte ihre Maschinen und Geschäftsbücher zerstört, und sie waren einfach mit ihrem Ersatzzeug dahergekommen und hatten weitergearbeitet. Ebensogut könnte er versuchen, alleine gegen die chinesische Armee anzukämpfen.
Die anderen Briefe waren alles vorgedruckte Formulare gewesen:
Aber dieser Brief war nicht von der Baubehörde, sondern vom Stadtrat, und er war ›persönlich‹:
20th Dezember 1973
Mr. Barton G. Dawes
1241 Crestallen Street West
M-——-, W-——