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Was wollte man einem solchen Manne schreiben, der sich offenbar verrannt hatte, den man bedauern, dem man aber nicht helfen konnte. Sollte man ihm vielleicht raten, wieder nach Hause zu kommen, seine Existenz hierher zu verlegen, alle die alten freundschaftlichen Beziehungen wieder aufzunehmen – wof"ur ja kein Hindernis bestand – und im "ubrigen auf die Hilfe der Freunde zu vertrauen? Das bedeutete aber nichts anderes, als dass man ihm gleichzeitig, je schonender, desto kr"ankender, sagte, dass seine bisherigen Versuche misslungen seien, dass er endlich von ihnen ablassen solle, dass er zur"uckkehren und sich als ein f"ur immer Zur"uckgekehrter von allen mit grossen Augen anstaunen lassen m"usse, dass nur seine Freunde etwas verst"unden und dass er ein altes Kind sei und den erfolgreichen, zu Hause gebliebenen Freunden einfach zu folgen habe. Und war es dann noch sicher, dass alle die Plage, die man ihm antun m"usste, einen Zweck h"atte? Vielleicht gelang es nicht einmal, ihn "uberhaupt nach Hause zu bringen – er sagte ja selbst, dass er die Verh"altnisse in der Heimat nicht mehr verst"unde –, und so bliebe er dann trotz allem in seiner Fremde, verbittert durch die Ratschl"age und den Freunden noch ein St"uck mehr entfremdet. Folgte er aber wirklich dem Rat und w"urde hier – nat"urlich nicht mit Absicht, aber durch die Tatsachen – niedergedr"uckt, f"ande sich nicht in seinen Freunden und nicht ohne sie zurecht, litte an Besch"amung, h"atte jetzt wirklich keine Heimat und keine Freunde mehr; war es da nicht viel besser f"ur ihn, er blieb in der Fremde, so wie er war? Konnte man denn bei solchen Umst"anden daran denken, dass er es hier tats"achlich vorw"arts bringen w"urde?

Aus diesen Gr"unden konnte man ihm, wenn man "uberhaupt noch die briefliche Verbindung aufrecht erhalten wollte, keine eigentlichen Mitteilungen machen, wie man sie ohne Scheu auch den entferntesten Bekannten geben w"urde. Der Freund war nun schon "uber drei Jahre nicht in der Heimat gewesen und erkl"arte dies sehr notd"urftig mit der Unsicherheit der politischen Verh"altnisse in Russland, die demnach also auch die k"urzeste Abwesenheit eines kleinen Gesch"aftsmannes nicht zuliessen, w"ahrend hunderttausende Russen ruhig in der Welt herumfuhren. Im Laufe dieser drei Jahre hatte sich aber gerade f"ur Georg vieles ver"andert. Von dem Todesfall von Georgs Mutter, der vor etwa zwei Jahren erfolgt war und seit welchem Georg mit seinem alten Vater in gemeinsamer Wirtschaft lebte, hatte der Freund wohl noch erfahren und sein Beileid in einem Brief mit einer Trockenheit ausgedr"uckt, die ihren Grund nur darin haben konnte, dass die Trauer "uber ein solches Ereignis in der Fremde ganz unvorstellbar wird. Nun hatte aber Georg seit jener Zeit, so wie alles andere, auch sein Gesch"aft mit gr"osserer Entschlossenheit angepackt. Vielleicht hatte ihn der Vater bei Lebzeiten der Mutter dadurch, dass er im Gesch"aft nur seine Ansicht gelten lassen wollte, an einer wirklichen eigenen T"atigkeit gehindert. Vielleicht war der Vater seit dem Tode der Mutter, trotzdem er noch immer im Gesch"aft arbeitete, zur"uckhaltender geworden, vielleicht spielten – was sogar sehr wahrscheinlich war – gl"uckliche Zuf"alle eine weit wichtigere Rolle, jedenfalls aber hatte sich das Gesch"aft in diesen zwei Jahren ganz unerwartet entwickelt. Das Personal hatte man verdoppeln m"ussen, der Umsatz sich verf"unffacht, ein weiterer Fortschritt stand zweifellos bevor.

Der Freund aber hatte keine Ahnung von dieser Ver"anderung. Fr"uher, zum letztenmal vielleicht in jenem Beileidsbrief, hatte er Georg zur Auswanderung nach Russland "uberreden wollen und sich "uber die Aussichten verbreitet, die gerade f"ur Georgs Gesch"aftszweig in Petersburg bestanden. Die Ziffern waren verschwindend gegen"uber dem Umfang, den Georgs Gesch"aft jetzt angenommen hatte. Georg aber hatte keine Lust gehabt, dem Freund von seinen gesch"aftlichen Erfolgen zu schreiben, und jetzt nachtr"aglich h"atte es wirklich einen merkw"urdigen Anschein gehabt.

So beschr"ankte sich Georg darauf, dem Freund immer nur "uber bedeutungslose Vorf"alle zu schreiben, wie sie sich, wenn man an einem ruhigen Sonntag nachdenkt, in der Erinnerung ungeordnet aufh"aufen. Er wollte nichts anderes, als die Vorstellung ungest"ort lassen, die sich der Freund von der Heimatstadt in der langen Zwischenzeit wohl gemacht und mit welcher er sich abgefunden hatte. So geschah es Georg, dass er dem Freund die Verlobung eines gleichg"ultigen Menschen mit einem ebenso gleichg"ultigen M"adchen dreimal in ziemlich weit auseinanderliegenden Briefen anzeigte, bis sich dann allerdings der Freund, ganz gegen Georgs Absicht, f"ur diese Merkw"urdigkeit zu interessieren begann.

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