"Aber Herr Prokurist", rief Gregor ausser sich und vergass in der Aufregung alles andere, "ich mache ja sofort, augenblicklich auf. Ein leichtes Unwohlsein, ein Schwindelanfall, haben mich verhindert aufzustehen. Ich liege noch jetzt im Bett. Jetzt bin ich aber schon wieder ganz frisch. Eben steige ich aus dem Bett. Nur einen kleinen Augenblick Geduld! Es geht noch nicht so gut, wie ich dachte. Es ist mir aber schon wohl. Wie das nur einen Menschen so "uberfallen kann! Noch gestern abend war mir ganz gut, meine Eltern wissen es ja, oder besser, schon gestern Abend hatte ich eine kleine Vorahnung. Man h"atte es mir ansehen m"ussen. Warum habe ich es nur im Gesch"afte nicht gemeldet! Aber man denkt eben immer, dass man die Krankheit ohne Zuhausebleiben "uberstehen wird. Herr Prokurist! Schonen Sie meine Eltern! F"ur alle die Vorw"urfe, die Sie mir jetzt machen, ist ja kein Grund; man hat mir ja davon auch kein Wort gesagt. Sie haben vielleicht die letzten Auftr"age, die ich geschickt habe, nicht gelesen. "Ubrigens, noch mit dem Achtuhrzug fahre ich auf die Reise, die paar Stunden Ruhe haben mich gekr"aftigt. Halten Sie sich nur nicht auf, Herr Prokurist; ich bin gleich selbst im Gesch"aft, und haben Sie die G"ute, das zu sagen und mich dem Herrn Chef zu empfehlen! "
Und w"ahrend Gregor dies alles hastig ausstiess und kaum wusste, was er sprach, hatte er sich leicht, wohl infolge der im Bett bereits erlangten "Ubung, dem Kasten gen"ahert und versuchte nun, an ihm sich aufzurichten. Er wollte tats"achlich die T"ur aufmachen, tats"achlich sich sehen lassen und mit dem Prokuristen sprechen; er war begierig zu erfahren, was die anderen, die jetzt so nach ihm verlangten, bei seinem Anblick sagen w"urden. W"urden sie erschrecken, dann hatte Gregor keine Verantwortung mehr und konnte ruhig sein. W"urden sie aber alles ruhig hinnehmen, dann hatte auch er keinen Grund sich aufzuregen, und konnte, wenn er sich beeilte, um acht Uhr tats"achlich auf dem Bahnhof sein. Zuerst glitt er nun einigemale von dem glatten Kasten ab, aber endlich gab er sich einen letzten Schwung und stand aufrecht da; auf die Schmerzen im Unterleib achtete er gar nicht mehr, so sehr sie auch brannten. Nun liess er sich gegen die R"uckenlehne eines nahen Stuhles fallen, an deren R"andern er sich mit seinen Beinchen festhielt. Damit hatte er aber auch die Herrschaft "uber sich erlangt und verstummte, denn nun konnte er den Prokuristen anh"oren.
"Haben Sie auch nur ein Wort verstanden?" fragte der Prokurist die Eltern, "er macht sich doch wohl nicht einen Narren aus uns?" "Um Gottes willen", rief die Mutter schon unter Weinen, "er ist vielleicht schwer krank, und wir qu"alen ihn. Grete! Grete! " schrie sie dann. "Mutter?" rief die Schwester von der anderen Seite. Sie verst"andigten sich durch Gregors Zimmer. "Du musst augenblicklich zum Arzt. Gregor ist krank. Rasch um den Arzt. Hast du Gregor jetzt reden h"oren?" "Das war eine Tierstimme", sagte der Prokurist, auffallend leise gegen"uber dem Schreien der Mutter. "Anna! Anna! " rief der Vater durch das Vorzimmer in die K"uche und klatschte in die H"ande, "sofort einen Schlosser holen!" Und schon,liefen die zwei M"adchen mit rauschenden R"ocken durch das Vorzimmer – wie hatte sich die Schwester denn so schnell angezogen? – und rissen die Wohnungst"ure auf. Man h"orte gar nicht die T"ure zuschlagen; sie hatten sie wohl offen gelassen, wie es in Wohnungen zu sein pflegt, in denen ein grosses Ungl"uck geschehen ist.
Gregor war aber viel ruhiger geworden. Man verstand zwar also seine Worte nicht mehr, trotzdem sie ihm genug klar, klarer als fr"uher, vorgekommen waren, vielleicht infolge der Gew"ohnung des Ohres. Aber immerhin glaubte man nun schon daran, dass es mit ihm nicht ganz in Ordnung war, und war bereit, ihm zu helfen. Die Zuversicht und Sicherheit, mit welchen die ersten Anordnungen getroffen worden waren, taten ihm wohl. Er f"uhlte sich wieder einbezogen in den menschlichen Kreis und erhoffte von beiden, vom Arzt und vom Schlosser, ohne sie eigentlich genau zu scheiden, grossartige und "uberraschende Leistungen. Um f"ur die sich n"ahernden entscheidenden Besprechungen eine m"oglichst klare Stimme zu bekommen, hustete er ein wenig ab, allerdings bem"uht, dies ganz ged"ampft zu tun, da m"oglicherweise auch schon dieses Ger"ausch anders als menschlicher Husten klang, was er selbst zu entscheiden sich nicht mehr getraute. Im Nebenzimmer war es inzwischen ganz still geworden. Vielleicht sassen die Eltern mit dem Prokuristen beim Tisch und tuschelten, vielleicht lehnten alle an der T"ure und horchten.