Читаем 1919 Сельский врач (сборник) полностью

Ich war in grosser Verlegenheit: eine dringende Reise stand mir bevor; ein Schwerkranker wartete auf mich in einem zehn Meilen entfernten Dorfe; starkes Schneegest"ober f"ullte den weiten Raum zwischen mir und ihm; einen Wagen hatte ich, leicht, grossr"aderig, ganz wie er f"ur unsere Landstrassen taugt; in den Pelz gepackt, die Instrumententasche in der Hand, stand ich reisefertig schon auf dem Hofe; aber das Pferd fehlte, das Pferd. Mein eigenes Pferd war in der letzten Nacht, infolge der "Uberanstrengung in diesem eisigen Winter, verendet; mein Dienstm"adchen lief jetzt im Dorf umher, um ein Pferd geliehen zu bekommen; aber es war aussichtslos, ich wusste es, und immer mehr vom Schnee "uberh"auft, immer unbeweglicher werdend, stand ich zwecklos da. Am Tor erschien das M"adchen, allein, schwenkte die Laterne; nat"urlich, wer leiht jetzt sein Pferd her zu solcher Fahrt? Ich durchmass noch einmal den Hof; ich fand keine M"oglichkeit; zerstreut, gequ"alt stiess ich mit dem Fuss an die br"uchige T"ur des schon seit Jahren unben"utzten Schweinestalles. Sie "offnete sich und klappte in den Angeln auf und zu. W"arme und Geruch wie von Pferden kam hervor. Eine tr"ube Stallaterne schwankte drin an einem Seil. Ein Mann, zusammengekauert in dem niedrigen Verschlag, zeigte sein offenes blau"augiges Gesicht. »Soll ich anspannen?« fragte er, auf allen Vieren hervorkriechend. Ich wusste nichts zu sagen und beugte mich nur, um zu sehen, was es noch in dem Stalle gab. Das Dienstm"adchen stand neben mir. »Man weiss nicht, was f"ur Dinge man im eigenen Hause vorr"atig hat,« sagte es, und wir beide lachten. »Hollah, Bruder, hollah, Schwester!« rief der Pferdeknecht, und zwei Pferde, m"achtige flankenstarke Tiere schoben sich hintereinander, die Beine eng am Leib, die wohlgeformten K"opfe wie Kamele senkend, nur durch die Kraft der Wendungen ihres Rumpfes aus dem T"urloch, das sie restlos ausf"ullten. Aber gleich standen sie aufrecht, hochbeinig, mit dicht ausdampfendem K"orper. »Hilf ihm,« sagte ich, und das willige M"adchen eilte, dem Knecht das Geschirr des Wagens zu reichen. Doch kaum war es bei ihm, umfasst es der Knecht und schl"agt sein Gesicht an ihres. Es schreit auf und fl"uchtet sich zu mir; rot eingedr"uckt sind zwei Zahnreihen in des M"adchens Wange. »Du Vieh,« schreie ich w"utend, »willst du die Peitsche?«, besinne mich aber gleich, dass es ein Fremder ist; dass ich nicht weiss, woher er kommt, und dass er mir freiwillig aushilft, wo alle andern versagen. Als wisse er von meinen Gedanken, nimmt er meine Drohung nicht "ubel, sondern wendet sich nur einmal, immer mit den Pferden besch"aftigt, nach mir um. »Steigt ein,« sagt er dann, und tats"achlich: alles ist bereit. Mit so sch"onem Gespann, das merke ich, bin ich noch nie gefahren und ich steige fr"ohlich ein. »Kutschieren werde aber ich, du kennst nicht den Weg,« sage ich. »Gewiss,« sagt er, »ich fahre gar nicht mit, ich bleibe bei Rosa.« »Nein,« schreit Rosa und l"auft im richtigen Vorgef"uhl der Unabwendbarkeit ihres Schicksals ins Haus; ich h"ore die T"urkette klirren, die sie vorlegt; ich h"ore das Schloss einspringen; ich sehe, wie sie "uberdies im Flur und weiterjagend durch die Zimmer alle Lichter verl"oscht, um sich unauffindbar zu machen. »Du f"ahrst mit,« sage ich zu dem Knecht, »oder ich verzichte auf die Fahrt, so dringend sie auch ist. Es f"allt mir nicht ein, dir f"ur die Fahrt das M"adchen als Kaufpreis hinzugeben.« »Munter!« sagt er; klatscht in die H"ande; der Wagen wird fortgerissen, wie Holz in die Str"omung; noch h"ore ich, wie die T"ur meines Hauses unter dem Ansturm des Knechtes birst und splittert, dann sind mir Augen und Ohren von einem zu allen Sinnen gleichm"assig dringenden Sausen erf"ullt. Aber auch das nur einen Augenblick, denn, als "offne sich unmittelbar vor meinem Hoftor der Hof meines Kranken, bin ich schon dort; ruhig stehen die Pferde; der Schneefall hat aufgeh"ort; Mondlicht ringsum; die Eltern des Kranken eilen aus dem Haus; seine Schwester hinter ihnen; man hebt mich fast aus dem Wagen; den verwirrten Reden entnehme ich nichts; im Krankenzimmer ist die Luft kaum atembar; der vernachl"assigte Herdofen raucht; ich werde das Fenster aufstossen; zuerst aber will ich den Kranken sehen. Mager, ohne Fieber, nicht kalt, nicht warm, mit leeren Augen, ohne Hemd hebt sich der Junge unter dem Federbett, h"angt sich an meinen Hals, fl"ustert mir ins Ohr: »Doktor, lass mich sterben.« Ich sehe mich um; niemand hat es geh"ort; die Eltern stehen stumm vorgebeugt und erwarten mein Urteil; die Schwester hat einen Stuhl f"ur meine Handtasche gebracht. Ich "offne die Tasche und suche unter meinen Instrumenten; der Junge tastet immerfort aus dem Bett nach mir hin, um mich an seine Bitte zu erinnern; ich fasse eine Pinzette, pr"ufe sie im Kerzenlicht und lege sie wieder hin. »Ja,« denke ich l"asternd, »in solchen F"allen helfen die G"otter, schicken das fehlende Pferd, f"ugen der Eile wegen noch ein zweites hinzu, spenden zum "Ubermass noch den Pferdeknecht –« Jetzt erst f"allt mir wieder Rosa ein; was tue ich, wie rette ich sie, wie ziehe ich sie unter diesem Pferdeknecht hervor, zehn Meilen von ihr entfernt, unbeherrschbare Pferde vor meinem Wagen? Diese Pferde, die jetzt die Riemen irgendwie gelockert haben; die Fenster, ich weiss nicht wie, von aussen aufstossen; jedes durch ein Fenster den Kopf stecken und, unbeirrt durch den Aufschrei der Familie, den Kranken betrachten. »Ich fahre gleich wieder zur"uck,« denke ich, als forderten mich die Pferde zur Reise auf, aber ich dulde es, dass die Schwester, die mich durch die Hitze bet"aubt glaubt, den Pelz mir abnimmt. Ein Glas Rum wird mir bereitgestellt, der Alte klopft mir auf die Schulter, die Hingabe seines Schatzes rechtfertigt diese Vertraulichkeit. Ich sch"uttle den Kopf; in dem engen Denkkreis des Alten w"urde mir "ubel; nur aus diesem Grunde lehne ich es ab zu trinken. Die Mutter steht am Bett und lockt mich hin; ich folge und lege, w"ahrend ein Pferd laut zur Zimmerdecke wiehert, den Kopf an die Brust des Jungen, der unter meinem nassen Bart erschauert. Es best"atigt sich, was ich weiss: der Junge ist gesund, ein wenig schlecht durchblutet, von der sorgenden Mutter mit Kaffee durchtr"ankt, aber gesund und am besten mit einem Stoss aus dem Bett zu treiben. Ich bin kein Weltverbesserer und lasse ihn liegen. Ich bin vom Bezirk angestellt und tue meine Pflicht bis zum Rand, bis dorthin, wo es fast zu viel wird. Schlecht bezahlt, bin ich doch freigebig und hilfsbereit gegen"uber den Armen. Noch f"ur Rosa muss ich sorgen, dann mag der Junge recht haben und auch ich will sterben. Was tue ich hier in diesem endlosen Winter! Mein Pferd ist verendet, und da ist niemand im Dorf, der mir seines leiht. Aus dem Schweinestall muss ich mein Gespann ziehen; w"aren es nicht zuf"allig Pferde, m"usste ich mit S"auen fahren. So ist es. Und ich nicke der Familie zu. Sie wissen nichts davon, und wenn sie es w"ussten, w"urden sie es nicht glauben. Rezepte schreiben ist leicht, aber im "ubrigen sich mit den Leuten verst"andigen, ist schwer. Nun, hier w"are also mein Besuch zu Ende, man hat mich wieder einmal unn"otig bem"uht, daran bin ich gew"ohnt, mit Hilfe meiner Nachtglocke martert mich der ganze Bezirk, aber dass ich diesmal auch noch Rosa hingeben musste, dieses sch"one M"adchen, das jahrelang, von mir kaum beachtet, in meinem Hause lebte – dieses Opfer ist zu gross, und ich muss es mir mit Spitzfindigkeiten aushilfsweise in meinem Kopf irgendwie zurechtlegen, um nicht auf diese Familie loszufahren, die mir ja beim besten Willen Rosa nicht zur"uckgeben kann. Als ich aber meine Handtasche schliesse und nach meinem Pelz winke, die Familie beisammensteht, der Vater schnuppernd "uber dem Rumglas in seiner Hand, die Mutter, von mir wahrscheinlich entt"auscht – ja, was erwartet denn das Volk? – tr"anenvoll in die Lippen beissend und die Schwester ein schwer blutiges Handtuch schwenkend, bin ich irgendwie bereit, unter Umst"anden zuzugeben, dass der Junge doch vielleicht krank ist. Ich gehe zu ihm, er l"achelt mir entgegen, als br"achte ich ihm etwa die allerst"arkste Suppe – ach, jetzt wiehern beide Pferde; der L"arm soll wohl, h"ohern Orts angeordnet, die Untersuchung erleichtern – und nun finde ich: ja, der Junge ist krank. In seiner rechten Seite, in der H"uftengegend hat sich eine handtellergrosse Wunde aufgetan. Rosa, in vielen Schattierungen, dunkel in der Tiefe, hellwerdend zu den R"andern, zartk"ornig, mit ungleichm"assig sich aufsammelndem Blut, offen wie ein Bergwerk obertags. So aus der Entfernung. In der N"ahe zeigt sich noch eine Erschwerung. Wer kann das ansehen ohne leise zu pfeifen? W"urmer, an St"arke und L"ange meinem kleinen Finger gleich, rosig aus eigenem und ausserdem blutbespritzt, winden sich, im Innern der Wunde festgehalten, mit weissen K"opfchen, mit vielen Beinchen ans Licht. Armer Junge, dir ist nicht zu helfen. Ich habe deine grosse Wunde aufgefunden; an dieser Blume in deiner Seite gehst du zugrunde. Die Familie ist gl"ucklich, sie sieht mich in T"atigkeit; die Schwester sagt’s der Mutter, die Mutter dem Vater, der Vater einigen G"asten, die auf den Fussspitzen, mit ausgestreckten Armen balancierend, durch den Mondschein der offenen T"ur hereinkommen. »Wirst du mich retten?« fl"ustert schluchzend der Junge, ganz geblendet durch das Leben in seiner Wunde. So sind die Leute in meiner Gegend. Immer das Unm"ogliche vom Arzt verlangen. Den alten Glauben haben sie verloren; der Pfarrer sitzt zu Hause und zerzupft die Messgew"ander, eines nach dem andern; aber der Arzt soll alles leisten mit seiner zarten chirurgischen Hand. Nun, wie es beliebt: ich habe mich nicht angeboten; verbraucht ihr mich zu heiligen Zwecken, lasse ich auch das mit mir geschehen; was will ich Besseres, alter Landarzt, meines Dienstm"adchens beraubt! Und sie kommen, die Familie und die Dorf"altesten, und entkleiden mich; ein Schulchor mit dem Lehrer an der Spitze steht vor dem Haus und singt eine "ausserst einfache Melodie auf den Text:

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