Читаем 1919 Сельский врач (сборник) полностью

Der Kaiser – so heisst es – hat Dir, dem Einzelnen, dem j"ammerlichen Untertanen, dem winzig vor der kaiserlichen Sonne in die fernste Ferne gefl"uchteten Schatten, gerade Dir hat der Kaiser von seinem Sterbebett aus eine Botschaft gesendet. Den Boten hat er beim Bett niederknieen lassen und ihm die Botschaft ins Ohr zugefl"ustert; so sehr war ihm an ihr gelegen, dass er sich sie noch ins Ohr wiedersagen liess. Durch Kopfnicken hat er die Richtigkeit des Gesagten best"atigt. Und vor der ganzen Zuschauerschaft seines Todes – alle hindernden W"ande werden niedergebrochen und auf den weit und hoch sich schwingenden Freitreppen stehen im Ring die Grossen des Reichs – vor allen diesen hat er den Boten abgefertigt. Der Bote hat sich gleich auf den Weg gemacht; ein kr"aftiger, ein unerm"udlicher Mann; einmal diesen, einmal den andern Arm vorstreckend schafft er sich Bahn durch die Menge; findet er Widerstand, zeigt er auf die Brust, wo das Zeichen der Sonne ist; er kommt auch leicht vorw"arts, wie kein anderer. Aber die Menge ist so gross; ihre Wohnst"atten nehmen kein Ende. "Offnete sich freies Feld, wie w"urde er fliegen und bald wohl h"ortest Du das herrliche Schlagen seiner F"auste an Deiner T"ur. Aber statt dessen, wie nutzlos m"uht er sich ab; immer noch zw"angt er sich durch die Gem"acher des innersten Palastes; niemals wird er sie "uberwinden; und gel"ange ihm dies, nichts w"are gewonnen; die Treppen hinab m"usste er sich k"ampfen; und gel"ange ihm dies, nichts w"are gewonnen; die H"ofe w"aren zu durchmessen; und nach den H"ofen der zweite umschliessende Palast; und wieder Treppen und H"ofe; und wieder ein Palast; und so weiter durch Jahrtausende; und st"urzte er endlich aus dem "aussersten Tor – aber niemals, niemals kann es geschehen – liegt erst die Residenzstadt vor ihm, die Mitte der Welt, hochgesch"uttet voll ihres Bodensatzes. Niemand dringt hier durch und gar mit der Botschaft eines Toten. – Du aber sitzt an Deinem Fenster und ertr"aumst sie Dir, wenn der Abend kommt.

10. DIE SORGE DES HAUSVATERS

Die einen sagen, das Wort Odradek stamme aus dem Slawischen und sie suchen auf Grund dessen die Bildung des Wortes nachzuweisen. Andere wieder meinen, es stamme aus dem Deutschen, vom Slawischen sei es nur beeinflusst. Die Unsicherheit beider Deutungen aber l"asst wohl mit Recht darauf schliessen, dass keine zutrifft, zumal man auch mit keiner von ihnen einen Sinn des Wortes finden kann.

Nat"urlich w"urde sich niemand mit solchen Studien besch"aftigen, wenn es nicht wirklich ein Wesen g"abe, das Odradek heisst. Es sieht zun"achst aus wie eine flache sternartige Zwirnspule, und tats"achlich scheint es auch mit Zwirn bezogen; allerdings d"urften es nur abgerissene, alte, aneinander geknotete, aber auch ineinander verfitzte Zwirnst"ucke von verschiedenster Art und Farbe sein. Es ist aber nicht nur eine Spule, sondern aus der Mitte des Sternes kommt ein kleines Querst"abchen hervor und an dieses St"abchen f"ugt sich dann im rechten Winkel noch eines. Mit Hilfe dieses letzteren St"abchens auf der einen Seite, und einer der Ausstrahlungen des Sternes auf der anderen Seite, kann das Ganze wie auf zwei Beinen aufrecht stehen.

Man w"are versucht zu glauben, dieses Gebilde h"atte fr"uher irgendeine zweckm"assige Form gehabt und jetzt sei es nur zerbrochen. Dies scheint aber nicht der Fall zu sein; wenigstens findet sich kein Anzeichen daf"ur; nirgends sind Ans"atze oder Bruchstellen zu sehen, die auf etwas Derartiges hinweisen w"urden; das Ganze erscheint zwar sinnlos, aber in seiner Art abgeschlossen. N"aheres l"asst sich "ubrigens nicht dar"uber sagen, da Odradek ausserordentlich beweglich und nicht zu fangen ist.

Er h"alt sich abwechselnd auf dem Dachboden, im Treppenhaus, auf den G"angen, im Flur auf. Manchmal ist er monatelang nicht zu sehen; da ist er wohl in andere H"auser "ubersiedelt; doch kehrt er dann unweigerlich wieder in unser Haus zur"uck. Manchmal, wenn man aus der T"ur tritt und er lehnt gerade unten am Treppengel"ander, hat man Lust, ihn anzusprechen. Nat"urlich stellt man an ihn keine schwierigen Fragen, sondern behandelt ihn – schon seine Winzigkeit verf"uhrt dazu – wie ein Kind. »Wie heisst du denn?« fragt man ihn. »Odradek,« sagt er. »Und wo wohnst du?« »Unbestimmter Wohnsitz,« sagt er und lacht; es ist aber nur ein Lachen, wie man es ohne Lungen hervorbringen kann. Es klingt etwa so, wie das Rascheln in gefallenen Bl"attern. Damit ist die Unterhaltung meist zu Ende. "Ubrigens sind selbst diese Antworten nicht immer zu erhalten; oft ist er lange stumm, wie das Holz, das er zu sein scheint.

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