Sein Beamtenblut empörte sich. Er verstand nicht, daß so viele Umstände mit Leuten gemacht wurden, die zum Tode verurteilt waren. Wütend starrte er aus dem Fenster. »Wie die Zigeuner liegen sie da vor den Toren, mit Sack und Pack! Sind wir auf dem Balkan oder in Deutschland?
Verstehen Sie, was los ist, Weber?«
Weber blieb gleichgültig. »Irgendeine Stelle muß es angeordnet haben«, sagte er.
»Sonst wären sie nicht heraufgekommen.«
»Das ist es ja gerade! Irgendeine Stelle da unten am Bahnhof. Ohne daß ich gefragt worden bin.
Nicht einmal vorher verständigt. Von ordnungsgemäßer Abwicklung ganz zu schweigen. Das gibt es scheinbar überhaupt nicht mehr! Jeden Tag tauchen neue Ämter auf. Die am Bahnhof behaupten, die Leute hätten zuviel geschrieen. Es hätte einen schlechten Eindruck auf die Zivilbevölkerung gemacht. Was haben wir damit zu tun? Unsere Leute schreien nicht!«
Er sah Weber an. Weber lehnte nachlässig an der Tür. »Haben Sie schon mit Dietz darüber gesprochen?« fragte er.
»Nein, noch nicht. Sie haben recht, ich werde das gleich mal tun!« Neubauer ließ sich verbinden und sprach eine Zeitlang. Dann legte er den Hörer nieder. Er war ruhiger geworden. »Dietz sagt, wir brauchen sie nur die Nacht über hierzubehalten.
Geschlossen in einem Block. Nicht auf die Baracken verteilen. Nicht aufnehmen.
Einfach dalassen und bewachen. Morgen werden sie weitergeschickt. Bis dahin ist die Eisenbahnlinie wieder repariert.« Er blickte wieder aus dem Fenster. »Aber wo sollen wir sie nur lassen? Wir haben doch alles überfüllt.«
»Wir können sie auf dem Appellplatz lassen.«
»Den Appellplatz brauchen wir für die Kommandos morgen früh. Das gibt nur Konfusion.
Außerdem werden die Balkanesen ihn völlig verdrecken. Das geht nicht.«
»Wir können sie auf den Appellplatz vom Kleinen Lager stecken. Da sind sie nicht im Wege.«
»Ist da genug Platz?«
»Ja. Wir müssen alle unsere eigenen Leute dann in die Baracken packen. Sie haben bis jetzt zum Teil draußen gelegen.« »Warum? Sind die Baracken so überfüllt?«
»Das kommt darauf an, wie man es ansieht. Man kann Leute packen wie Sardinen.