Читаем Der Funke Leben полностью

»So? Ich bin vielleicht wohl noch schuld, was?« Lebenthal begann zu zittern. Er zitterte immer, wenn er sich aufregte, und er regte sich leicht auf; er war sehr empfindlich. Das bedeutete bei ihm nicht mehr, als hätte ein anderer mit den Fingern auf eine Tischplatte getrommelt. Es kam durch den ständigen Hunger. Er vergrößerte und verkleinerte alle Emotionen. Hysterie und Apathie waren Geschwister im Lager. »Ich habe getan, was ich konnte«, zeterte Lebenthal leise mit hoher, sich überschlagender Stimme. »Ich habe herangeschafft und riskiert und besorgt, und da kommst du und erklärst, wir brauchen -«

Seine Stimme versank plötzlich in ein mooriges, unverständliches Gurgeln. Es war, als sei einer der Lautsprecher des Lagerradios außer Kontakt geraten. Lebenthal fuhr mit den Händen auf dem Boden umher. Sein Gesicht sah jetzt nicht mehr aus wie ein beleidigter Totenkopf; es war nur noch eine Stirn mit einer Nase und Froschaugen und einem Haufen schlaffer Haut darunter, mit einem Loch darin. Endlich fand er sein falsches Gebiß auf dem Boden wieder, wischte es an seiner Jacke ab und schob es zurück in den Mund. Der Lautsprecher war aufs neue angestellt, und die Stimme war wieder da, hoch und zeternd.

509 ließ ihn jammern, ohne zuzuhören. Lebenthal merkte es und hörte auf. »Wir haben doch schon öfter Brotentzug gehabt«, sagte er schließlich lahm. »Und für länger als zwei Tage. Was ist los mit dir, daß du heute so viel Theater deswegen machst?« 509 sah ihn eine Weile an. Dann deutete er auf die Stadt und die brennende Kirche.

»Was los ist? Das da, Leo -«

»Was?«

»Das da unten. Wie war das doch damals im Alten Testament?«

»Was hast du mit dem Alten Testament zu schaffen?«

»Gab es da nicht so etwas unter Moses? Eine Feuersäule, die das Volk aus der Knechtschaft führte?«

Lebenthal blinkte mit den Augen. »Eine Rauchwolke bei Tag und eine Feuersäule bei Nacht«, sagte er, ohne zu jammern. »Meinst du das?«

»Ja. Und war nicht Gott darin?«

»Jehova.«

»Gut, Jehova. Und das da unten – weißt du, was das ist?« 509 wartete einen Augenblick. »Es ist etwas Ähnliches«, sagte er dann. »Es ist Hoffnung, Leo, Hoffnung für uns! Verdammt, will das denn keiner von euch sehen?«

Lebenthal antwortete nicht. Er saß in sich geduckt und blickte auf die Stadt hinunter.

509 ließ sich zurücksinken. Er hatte es endlich jetzt zum erstenmal ausgesprochen.


Man kann es kaum sagen, dachte er, es erschlägt einen fast, es ist ein so ungeheures Wort. Ich habe es vermieden durch all die Jahre, es hätte mich zerfressen, wenn ich es gedacht hätte; – aber jetzt ist es wiedergekommen, heute, man wagt noch nicht, es ganz auszudenken, aber es ist da, und entweder zerbricht es mich nun oder es wird wahr.

»Leo«, sagte er. »Das da unten bedeutet, daß auch dieses hier kaputtgehen wird.«

Lebenthal rührte sich nicht. »Wenn sie den Krieg verlieren,«, flüsterte er. »Nur dann! Aber wer weiß das?« Er sah sich unwillkürlich ängstlich um.

Das Lager war in den ersten Jahren ziemlich gut über den Verlauf des Krieges informiert gewesen.

Später jedoch, als die Siege ausblieben, hatte Neubauer verboten, Zeitungen hereinzubringen und Nachrichten über den Rückzug im Lagerradio bekanntzugeben. Die wildesten Gerüchte hatten seitdem die Baracken durchjagt; und schließlich hatte keiner mehr gewußt, was er wirklich glauben sollte.

Der Krieg ging schlecht, das wußte man; aber die Revolution, auf die viele seit Jahren gewartet hatten, war nie gekommen.

»Leo«, sagte 509. »Sie verlieren ihn. Es ist das Ende. Wenn das da unten im ersten Jahre des Krieges passiert wäre, würde es nichts bedeuten. Daß es jetzt nach fünf Jahren geschieht, heißt, daß die anderen gewinnen.«

Lebenthal sah sich wiederum um. »Wozu redest du darüber?« 509 kannte den Aberglauben der Baracken. Was man aussprach, verlor an Sicherheit und Kraft – und eine getäuschte Hoffnung war immer ein schwerer Verlust an Energie. Das war auch der Grund für die Vorsicht der anderen.

»Ich rede darüber, weil wir jetzt darüber reden müssen«, sagte er. »Es ist Zeit dafür. Jetzt wird es uns helfen, durchzustehen. Diesmal ist es keine Latrinenparole. Es kann nicht mehr lange dauern.

Wir müssen -« Er stockte.

»Was?« fragte Lebenthal.

509 wußte es selbst nicht genau. Durchkommen, dachte er. Durchkommen und noch mehr. »Es ist ein Rennen«, sagte er schließlich. »Ein Wettrennen, Leo – mit -« Mit dem Tode, dachte er; aber er sprach es nicht aus. Er zeigte in die Richtung der SS-Kasernen.

»Mit denen da! Wir dürfen jetzt nicht noch verlieren. Das Ende ist in Sicht, Leo!« Er packte Lebenthal am Arm. »Wir müssen jetzt alles tun -«

»Was können wir schon tun?« 509 fühlte, daß sein Kopf schwamm, als hätte er getrunken. Er war nicht mehr gewöhnt, viel zu denken und zu sprechen. Und er hatte lange nicht so viel gedacht wie heute. »Hier ist etwas«, sagte er und holte den Goldzahn aus der Tasche. »Von Lohmann.

Wahrscheinlich nicht eingetragen. Können wir ihn verkaufen?«

Lebenthal wog den Klumpen in der Hand. Er zeigte keine Überraschung.

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