Der Hai verschwand in der Dunkelheit und kam ein Stück weiter entfernt wieder daraus hervor, ein blauer Schemen.
Bohrmann sah gehetzt zu Wand.
Da war der Höhlenspalt!
In einiger Entfernung glitt der gewaltige Leib des Hammerhais tiefer in die offene See. Bohrmann schob sich entlang der Wand auf den Spalt zu. Unterhalb der Lichtinsel sah er die beiden anderen Haie immer noch um Frosts Überreste kämpfen. Die Gruppe sank abwärts, aus der beleuchteten Zone hinaus. Er fragte sich, wann sie von dem zerfetzten Körper ablassen und herüberschwimmen würden, und dann fragte er sich gar nichts mehr. Im Zwielicht vollzog der große Hai eine unglaublich schnelle Kehrtwendung und kam zurück.
Bohrmann schob sich in den Spalt.
Es war eng darin. Der Anzug mit den im Rückenteil verankerten Flaschen behinderte ihn, sodass er kaum hineinkam. Schraubstockartig wurden seine Arme an die Seiten gedrückt. Er versuchte, sich tiefer in die Höhle zu quetschen, und da war der Hai auch schon heran.
Die Knochenplatte des Hammers krachte gegen die Felsränder. Das Tier prallte zurück. Sein Kopf war zu breit, um hineinzugelangen. Es schwamm einen Kreis, der so eng war, dass es aussah, als verfolge es seinen eigenen Schwanz, und stieß ein weiteres Mal vor.
Lavabröckchen lösten sich in Wolken vom Höhleneingang und trübten die Sicht. Bohrmann presste die Arme noch dichter an den Körper. Er hatte keine Ahnung, wie weit der Spalt ins Gestein reichte. Der Hai wütete draußen am Felsen und wirbelte Sediment und Splitter auf. Die Wolke umhüllte Bohrmann in seiner Höhle. Das blaue, hereinscheinende Licht der Insel verschwand fast völlig.
»Dr. Bohrmann?«
Van Maarten. Sehr schwach.
»Bohrmann, um Himmels willen, antworten Sie!«
»Ich bin hier.«
Van Maarten stieß ein Geräusch aus, vielleicht einen Seufzer der Erleichterung. Er war kaum zu verstehen im Getöse, das der Hai veranstaltete. Lärm unter Wasser war etwas völlig anderes als an der Luft, ein dumpfes, hohl polterndes Gebräu aus allen möglichen, einander überlagernden Schwingungen. Bohrmann begann zu zittern, und plötzlich hörte der Ansturm auf. Er klemmte in seiner Spalte, blind im schwarzen Partikelnebel. Das Licht der Insel war nur zu ahnen.
»Ich stecke in einer Felsritze«, sagte er.
»Wir schicken die Roboter nach unten«, sagte van Maarten. »Und zwei Männer. Wir haben noch zwei Anzüge.«
»Vergessen Sie’s. Das POD funktioniert nicht.«
»Ich weiß. Wir haben gesehen, was mit Frost …« Van Maartens Stimme versagte. »Die Männer kommen trotzdem, sie haben Harpunen mit Explosivgeschossen dabei und …«
»Explosivgeschosse? Was für eine glänzende Idee!«, sagte Bohrmann mit ätzender Stimme.
»Frost war überzeugt, dass ihr so was nicht braucht.«
»Nein. Schon klar.«
»Das POD hat immer einwandfrei …«
Etwas rammte Bohrmann frontal und stieß ihn mit Wucht tiefer ins Innere des Spalts. Er war dermaßen überrascht, dass er zu schreien vergaß. Im trüben Restlicht sah er den Hammer. Er war senkrecht gegen ihn geprallt. Der Hai versuchte, auf der Seite liegend in die Höhle zu schwimmen.
Cleveres Kerlchen, dachte er grimmig. Sein Herz schlug ihm bis zum Halse. Aber das wird dir schlecht bekommen.
Er drosch auf den Hammer ein, bemüht, den Hund nicht loszulassen. Undeutlich sah er die Kiefer darunter auf— und zuklappen. Haie konnten nicht rückwärts schwimmen. Der eckige Kopf schlug auf und nieder, aber die Kiefer erreichten ihn nicht. Das Auge im oberen Ende rollte wild hin und her. Bohrmann hob den Greifer mit der Konsole und ließ sie darauf niedersausen.
Der Hammer zuckte zurück.
Allein wird er hier nicht rauskommen, dachte Bohrmann. Er begann, den
Offenbar ja, denn der Hammer verschwand aus der Höhle.
Es war das große Tier gewesen.
Bohrmann wartete.
Wieder stieß etwas aus der Wolke. Dieser Hammer kam waagerecht herangesaust. Eines der kleineren Tiere. Sein Kopf donnerte gegen das gewölbte Sichtfenster des Helms. Die Kiefer klappten auseinander, Zahnreihen schrammten über das Plexiglas. Der Hai verdunkelte die Öffnung des Spalts so sehr, dass Bohrmann jetzt so gut wie gar nichts mehr sah, aber das bisschen reichte ihm. Er versuchte, sich noch weiter ins Innere des Spalts zu drücken, und plötzlich schienen die Wände nachzugeben. Er stürzte rückwärts ins Nichts.
Pechschwarze Finsternis.
Fahrig bewegte er den linken Greifer über die Konsole. Der Schalter für die Lampe des
Wo war die verdammte Taste?
Da!
Der Scheinwerfer flammte auf. Im wandernden Licht erkannte er, dass sich der Spalt zu einer geräumigen Höhle geöffnet hatte. Er richtete den Lichtkegel auf die Öffnung und sah den Kopf des Hais darin auftauchen. Der Hammer schwenkte hin und her, aber das Tier kam nicht weiter ins Innere.
Was ist los?, dachte Bohrmann.