»Der Schrecken sitzt tief«, hatte Li in einer kurzen, improvisierten Ansprache gesagt. »Wir alle sind zutiefst betroffen. Man hat versucht, uns zu demoralisieren, zu vernichten. Aber davon dürfen wir uns nicht lähmen lassen. Sie werden sich fragen, ob dieses Schiff noch sicher ist, und ich kann Ihnen antworten: Ja, es ist sicher! Solange wir dem Gegner keine Gelegenheit mehr geben einzudringen, haben wir an Bord der
Johanson ging hinauf aufs Flugdeck, wo der Bordservice damit befasst war, die Überreste der abgebrochenen Party beiseite zu schaffen. Die Sonne stand wieder am Himmel, das Meer sah aus wie gewohnt. Kein blaues Leuchten, keine Blitze. Kein Traum aus Licht, der sich zum Alptraum wandelte.
Er kehrte zurück zum Ausgangspunkt seiner Gedanken, bevor Li ihm den Rotwein gebracht und versucht hatte, ihn über sein nächtliches Abenteuer auszuquetschen. Zweierlei hatte er sehr schnell begriffen. Erstens, Li wusste, was wirklich geschehen war. Zweitens, sie war nicht sicher, woran er sich erinnerte und ob er die Wahrheit sagte, und das bereitete ihr Sorgen.
Sie hatten ihn belogen. Er war nicht gestürzt.
Dabei hatte er kurz davor gestanden, es zu akzeptieren. Hätte Oliviera nicht auf der Rampe zu ihm gesagt, er habe in der vorangegangenen Nacht Rubin zu sehen geglaubt, wie er durch eine geheime Tür im Hangardeck ging, hätte er sich auch daran nicht mehr erinnert und sich folgsam mit der Erklärung zufrieden gegeben, die Angeli und die anderen ihm verordnet hatten. Aber Olivieras Bemerkung hatte etwas in Gang gesetzt. Sein Gehirn begann sich zu reprogrammieren. Rätselhafte Bilder entstanden und vergingen. Während er die gleichförmig bewegte See anstarrte, richtete er seinen Blick nach innen. Plötzlich saß er wieder mit Oliviera auf der Kiste, sie tranken Wein, und er sah Rubin durch die Tür in der Hangarwand treten. Sie war ein Stück weit weg gewesen, diese Tür, aber ein anderes Bild suggerierte ihm, dicht davor zu stehen — für Johanson Beweis genug, dass es diesen rätselhaften Durchgang gab.
Aber was war danach geschehen?
Sie waren runter ins Labor gegangen. Dann war er zurückgekehrt ins Hangardeck. Wozu? Hatte es etwas mit dieser Tür zu tun gehabt?
Oder bildete er sich alles nur ein?
Du könntest alt und wunderlich geworden sein, ohne es zu merken, dachte er. Das wäre natürlich peinlich. Zu Li zu gehen und sie zur Rede zu stellen, um einsehen zu müssen, dass man sie nicht alle beieinander hatte. Keine erhebende Vorstellung.
Während er noch darüber nachgrübelte, hatte das Schicksal ein Einsehen. Es schickte ihm Weaver. Johanson freute sich, als er ihre kleine, kompakte Silhouette über das Deck zu sich herüberkommen sah. Sie hatten in letzter Zeit wenig Kontakt gehabt. War sie ihm zu Anfang als Verschworene erschienen, hatte er schnell einsehen müssen, dass sie keinen Ersatz für Lund darstellte. Sie verstanden sich gut, aber eine tiefere Bindung war nicht aufgekommen, weder im Chateau noch auf der
Vertrautheit würde es also nicht geben.
Aber Vertrauen. Etwas ganz anderes. Weaver Vertrauen zu schenken, konnte nur belohnt werden. Sie war viel zu nüchtern, um romantische Erfüllung in geheimnisvollen Begebenheiten zu finden. Sie würde ihn anhören und ihm klar zu verstehen geben, ob sie ihm glaubte oder ihn für verrückt hielt.
Er schilderte ihr in knappen Sätzen, woran er sich erinnern konnte, was ihn verwirrte, in welchen Punkten er sich selber misstraute und was er bei Lis Versuch, ihn auszuquetschen, empfunden hatte.
Nach einer Weile des Nachdenkens fragte Weaver: »Warst du schon mal nachsehen?«
Johanson schüttelte den Kopf. »Ich hatte noch keine Gelegenheit.«
»Du hättest reichlich Gelegenheit gehabt. Du hast Angst nachzusehen, weil du fürchtest, nichts zu finden.«
»Wahrscheinlich hast du Recht.«
Sie nickte. »Gut. Dann gehen wir jetzt zusammen runter.«