Das dumpfe Dröhnen und Tosen drang jetzt nicht mehr nur von unten, sondern auch aus der Höhe herab. Was war da los? Plötzlich hatte sie das Gefühl, dass es wärmer wurde im Labor. Johanson erschien an ihrer Seite.
»Wer ist es?«
»Egal. Pack mit an.«
»Wir müssen hier raus«, keuchte MacMillan. »Schnell.«
»Ja, sofort, wir …«
»Schnell!«
Weavers Blick fiel auf eine Stelle weiter hinten im Wasser.
Schwaches, blaues Leuchten.
Ein Lichtblitz.
Sie packte den Fuß des Toten fester und kämpfte sich durch das Wasser in Richtung Tür. Johanson hatte den Arm des Mannes umfasst. Oder war es eine Frau? Hatten sie am Ende Oliviera erwischt? Weaver hoffte inständig, dass es nicht die arme Sue war, die sie da mit sich schleppten. Sie drängte vorwärts, trat auf etwas, das zur Seite wegrutschte, und geriet mit dem Kopf unter Wasser.
Mit offenen Augen starrte sie in die Schwärze.
Etwas schlängelte sich auf sie zu.
Es kam sehr schnell näher und sah aus wie ein langer, leuchtender Aal. Nein, kein Aal. Eher ein riesiger, kopfloser Wurm. Und da waren noch mehr von den Dingern.
Sie tauchte auf.
»Weg hier.«
Johanson zerrte an der anderen Seite. Unter der Wasseroberfläche waren die leuchtenden, ausschwärmenden Tentakel zu sehen, jetzt mindestens ein Dutzend. MacMillan hob das Gewehr. Weaver spürte, wie etwas ihren Knöchel entlang glitt und plötzlich daran zerrte.
Im nächsten Moment umschlangen sie mehrere der Dinger und krochen an ihr hoch. Sie versuchte das Zeug abzureißen. Johanson sprang hinzu und grub seine Finger zwischen die Tentakel und ihren Körper, aber es war, als stecke sie im Klammergriff einer Anaconda.
Das Wesen zog an ihr.
Das Wesen? Sie kämpfte gegen Milliarden von Wesen. Abermilliarden von Einzellern.
»Ich krieg’s nicht los«, keuchte Johanson.
Die Gallerte kroch über ihre Brust und ihren Hals entlang. Weaver geriet erneut unter Wasser, das jetzt immer stärker leuchtete. Hinter den Tentakeln schob sich etwas Größeres heran. Die Hauptmasse des Organismus.
Mit aller Kraft kämpfte sie sich an die Oberfläche.
»MacMillan«, gurgelte sie.
Der Soldat hob das Gewehr.
»Damit richten Sie nichts aus«, schrie Johanson.
MacMillan schien plötzlich ganz ruhig geworden zu sein. Er legte an und zielte auf die große, näher rückende Masse.
Ein trockenes Stakkato ertönte, als MacMillan feuerte.
»Explosivgeschosse richten
Die Salve drang in den Organismus. Wasser spritzte auf. MacMillan schickte eine zweite Garbe hinterher, und das Ding flog in Fetzen auseinander. Brocken von Gallerte klatschten ihnen um die Ohren. Weaver rang nach Luft. Mit einem Mal war sie frei. Johanson packte zu. Wie verrückt zogen sie an dem Leichnam. Der Wasserspiegel sank, und sie kamen schneller voran. Nachdem sich das Schiff weiter nach vorn geneigt hatte, sammelte sich der Hauptteil des Wassers jetzt im bugwärtigen Teil des Labors, und die Tür lag beinahe im Trockenen. Es war schwierig, auf dem abschüssigen Boden nicht auszurutschen, aber plötzlich wateten sie nur noch durch knöchelhohes Wasser.
Sie wuchteten den Toten hinaus auf die Rampe. Auch dort war das Wasser zurückgegangen. Plötzlich glaubte Weaver einen erstickten Schrei zu hören.
»MacMillan?«
Sie spähte ins Labor. »MacMillan, wo sind Sie?«
Der leuchtende Organismus strebte wieder zusammen. Die Fetzen verschmolzen miteinander. Von den Tentakeln war nichts zu sehen. Das Wesen hatte eine flache Form angenommen.
»Schließ die Tür«, rief Johanson. »Es kann immer noch raus. Da ist immer noch genügend Wasser.«
»MacMillan?«
Weaver klammerte sich am Türrahmen fest und starrte weiter in den rot erleuchteten Raum, aber der Soldat blieb verschwunden.
MacMillan hatte es nicht geschafft.
Ein dünner, leuchtender Faden näherte sich. Sie sprang zurück und ließ das Schott zufahren. Der Faden beschleunigte sein Tempo, aber diesmal reichte es nicht. Die Tür schloss sich.
Anawak war auf dem Niedergang von der Explosion überrascht und heftig durchgeschüttelt worden. Das Atmen fiel ihm schwer, und sein Knie schmerzte. Er fluchte. Ausgerechnet das Knie, das ihm seit dem Absturz der
Er fand verschiedene Niedergänge blockiert. Das Schiff lag jetzt sehr schräg. Der einzige Weg führte über die Rampe des Hangardecks, also lief er zurück und nahm eine andere Route nach oben, bis er hoch genug war, um auf die Rampe zu gelangen. Je höher er kam, desto heißer wurde es. Was war da oben los? Der Lärm verhieß nichts Gutes. Er stolperte aufs Hangardeck hinaus und sah dichten, schwarzen Rauch durch die offenen Tore ziehen.
Plötzlich glaubte er, jemanden um Hilfe rufen zu hören.
Er ging ein paar Schritte in den Hangar hinein.
»Ist da jemand?«, schrie er.
Die Sicht war schlecht. Gegen die schwarzen Schlieren konnte sich die fahlgelbe Deckenbeleuchtung kaum behaupten. Dafür war der Hilferuf jetzt deutlich zu hören.
Crowes Stimme!
»Sam?« Anawak rannte ein Stück in die Rußschwaden hinein.