Читаем Der wandernde Wald полностью

Sie erreichten den Waldrand und blieben im Schutz der letzten Büsche stehen. Ipcearn lag wie ein grauer, abweisender Koloß vor ihnen, ein Titan, der sich auf einem Dutzend ungeheuerlicher Spinnenbeine hoch über dem Wald erstreckte und sie allein durch seine Größe zu verspotten schien. Es gab keine Möglichkeit, unentdeckt über die Lichtung zu gelangen. Der Wald war in jeder Richtung auf hundert Meter oder mehr abgeholzt worden, und Skar zweifelte keine Sekunde daran, daß Hunderte von mißtrauischen Augenpaaren jede noch so kleine Bewegung auf der Lichtung verfolgen würden. Aber es gab keinen anderen Weg.

»Kommt«, murmelte er, »solange es noch nicht ganz hell ist. Vielleicht haben wir Glück, und sie sehen uns nicht.«

Er nickte Del aufmunternd zu und spurtete los, ohne auf eine Antwort zu warten. Es war jener Augenblick der Dämmerung, in der das Licht grau und unsicher ist und man fast weniger als in der Nacht sieht, und vielleicht hatten sie wirklich Glück und schafften es. Sie rannten in einer weit auseinandergezogenen Kette los und erreichten den schwarzen Schatten Ipcearns in weniger als einer halben Minute. Skar blieb keuchend stehen, lehnte sich gegen einen der mächtigen Baumstämme und lauschte angespannt. Über ihnen blieb alles ruhig.

»Sieht aus, als hätten wir Glück gehabt«, flüsterte Del. »Jetzt brauchen wir nur noch hinaufzukommen. Hat jemand vielleicht eine gute Idee dazu?«

Statt einer Antwort griff Coar unter ihren Mantel und nahm ein zusammengerolltes Tau mit einer dreizackigen Metallklaue hervor. Sie wickelte es sorgfältig ab, hielt das Ende mit den Widerhaken in der Hand und suchte nach einer passenden Stelle. Das Seil verwandelte sich in einen flirrenden Kreis und zischte, von einem mächtigen Schwung getragen, nach oben. Die stählerne Klaue prallte mit einem scheppernden Geräusch gegen den Baumstamm, rutschte ein Stück daran herunter und verkantete sich. Coar zerrte ein paarmal mit aller Kraft am Seil und begann dann mit geschickten Bewegungen den Baum zu erklimmen. Nacheinander stiegen sie auf den Baum. Die unteren zwanzig Meter des gewaltigen Stammes waren. sorgfältig entastet und geglättet worden, aber hier, dicht unter der borkigen Unterseite Ipcearns, fanden ihre Hände und Füße genügend Halt, so daß sie ohne größere Schwierigkeiten weiterklettern konnten. Coar deutete schweigend auf das westliche Ende der gigantischen Plattform Ipcearns und hangelte sich rasch und sicher an den Bäumen entlang. Skar folgte ihr, wenn auch weit weniger elegant und leichtfüßig. Er vermied es, in die Tiefe zu sehen. Er hatte keine Angst vor großen Höhen, aber es war eine Sache, auf einen Baum zu steigen, und eine ganz andere, sich wie ein Affe von Ast zu Ast zu schwingen und darauf zu hoffen, daß er nicht plötzlich den Halt verlor oder die dünnen Zweige unter seinem Körpergewicht brachen.

Er war schweißgebadet, als sie endlich das Ende der Plattform erreicht hatten und über ihnen wieder ein Stück des Himmels sichtbar wurde. Es war taghell, und er begriff erst jetzt, wie lange sie sich unter der Festung aufgehalten haben mußten. Coar deutete nach oben und machte mit den Händen zupackende, kletternde Bewegungen. Skar nickte. Es war besser, wenn sie jetzt nicht redeten. Sie stiegen weiter. Die hölzerne Plattform, die das ungeheure Gewicht Ipcearns trug, erwies sich als längst nicht so massiv, wie Skar bisher geglaubt hatte. Über der untersten, aus nur einer einzigen Lage miteinander verbundener Baumstämme bestehenden Schicht erstreckte sich ein wahres Labyrinth von Pfeilern und Waben, Stützen und Trägern, die in scheinbar sinnlosem Durcheinander verspannt waren, so daß sie leichter und rascher weiterklettern konnten, als er gehofft hatte. Sie stiegen höher und erreichten eine zweite, fünf Meter über der ersten Ebene liegende Schicht massiver Stämme. Darüber erhob sich das eigentliche Ipcearn. Bernec deutete mit einer Kopfbewegung auf das überhängende Ende der Wand.

»Darüber liegt ein Fenster«, sagte er im Flüsterton. »Wenn wir gleich dort einsteigen, gelangen wir in die Aufzugshalle.«

Skar überlegte. Seshars Gemächer lagen auf einer höhergelegenen Ebene, und die Aussicht, ungesehen durch die halbe Festung zu kommen, erschien ihm nicht sehr groß.

»Wie ist es weiter oben?« gab er ebenso leise zurück.

Bernec schüttelte den Kopf. »Unmöglich«, sagte er. »Zu viele Leute. Auf den Wehrgängen patrouillieren ununterbrochen Wachen, und jeder, der aus dem Wald kommt, muß uns sehen. Keine Chance«, fügte er überzeugt hinzu.

Skar zuckte resignierend die Achseln. »Na, dann los«, murmelte er ergeben. »Je länger wir hier warten, desto größer ist die Gefahr einer zufälligen Entdeckung. Wieviel Wachen sind dort oben?«

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