Talianna blickte mit klopfendem Herzen zu den Reitern empor. Die Männer waren ausnahmslos groß und von kräftiger Statur, und sie zweifelte nun nicht mehr daran, daß es eine Armee war, der sie gegenüberstanden; denn Kleidung und Waffen der Reiter waren nicht die einfacher Reisender, sondern die von Kriegern. Die meisten trugen lange Schwerter aus Bronze oder messerscharf geschnittenem Obsidian im Gürtel, andere Äxte oder Keulen und so mancher eine Waffe, die sie nie zuvor gesehen hatte. Obwohl sie keine Uniformen trugen und ihre Kleider ein bunt zusammengewürfeltes Sammelsurium aus Fellen und Leder und Stoff darstellte, ähnelten sie sich auf schwer in Worte zu fassende Weise. Irgend etwas war in ihren Gesichtern – selbst in denen der drei nicht-Menschen, die bei dem Dutzend Reiter war – das sie verband.
Talianna fröstelte. Die Männer machten ihr Angst. Und sie war nicht allein mit diesem Gefühl, denn die acht Erwachsenen, die mit ihr hergekommen waren, um die Reiter zu begrüßen, schwiegen so verbissen wie sie. Niemand sprach ein Wort der Erleichterung, niemand begann zu weinen oder eilte den Männern entgegen, um sie zu umarmen – nichts von dem, was Talianna erwartet hatte, geschah. Der Anblick des Dutzends waffenstarrender Reiter allein reichte aus, ihnen allen zu sagen, daß sie
Schließlich war es einer der Fremden, der das Schweigen brach. »Was ist hier geschehen?« fragte er, mit einer Stimme, die in krassem Widerspruch zu seinem vernarbten Gesicht und seinen schwieligen Fäusten stand. Sie klang sehr sanft, trotz des fordernden Tones, den er in seine Worte gelegt hatte.
Niemand antwortete. Der Reiter runzelte die Stirn, schwang sich mit einer überraschend geschmeidigen Bewegung vom Rücken seines Pferdes und maß das kümmerliche Häufchen angstzitternder Überlebender mit einem langen Blick.
Talianna sah jetzt, daß er nicht so groß war, wie es im ersten Moment den Anschein gehabt hatte; was ihn so massig erscheinen ließ, war wohl eher der fellbesetzte Lederpanzer und der wuchtige Helm, den er trug. Aber er war sehr kräftig, und seine Bewegungen waren eindeutig die eines Mannes, der es gewohnt war, zu befehlen.
»Was hier geschehen ist, habe ich gefragt!« wiederholte er streng.
»Wir... sind überfallen worden«, antwortete einer der Männer. »Sie haben die Stadt niedergebrannt und alle getötet.«
»Sie?« Eine schmale Falte kroch unter dem Rand des Helmes hervor und grub sich zwischen die Augen des Kriegers. »Wer? Wie ist dein Name, Bursche, und wo sind die anderen?«
»Mein... mein Name ist Joffrey, Herr«, stammelte der Mann. Er war blaß vor Furcht.
Der Krieger machte eine wegwerfende Handbewegung. »Spar dir den
»Wir wissen es nicht, He... Hraban«, antwortete Joffrey stockend. »Sie kamen in der Nacht, und es... es ging alles so schnell. Wir hatten uns verborgen.« Der letzte Satz klang wie eine Entschuldigung.
Hraban starrte ihn an. »Was ist mit dir los, Kerl?« fragte er scharf. »Wir haben das Feuer gesehen und sind geritten wie die Teufel, um euch zu helfen, und ihr belügt uns?« Seine Hand klatschte auf den Gürtel herab. Er war der einzige unter den Männern, der
»Ich lüge nicht, Herr!« sagte Joffrey hastig, aber Hraban schnitt ihm mit einer zornigen Handbewegung das Wort ab.
»Du willst mir erzählen, irgend jemand hätte
»Und du?« schnappte er. »Hast du auch dein Gedächtnis verloren?«
»Nein, Herr«, antwortete die Frau flüsternd. »Es ist nur, daß...«
»Es waren die Drachen«, sagte Talianna ruhig.
Hraban blinzelte, legte den Kopf auf die Seite, lächelte flüchtig und wurde sofort wieder ernst. »Wie hast du gesagt, Kind?«
Eine Hand legte sich auf Taliannas Schulter, und eine Stimme sagte: »Hört nicht auf sie, Hraban. Sie ist ein dummes Kind. Der Schrecken hat ihr den Verstand verwirrt.«
»Mir scheint eher, sie ist die einzige von euch, die bei klarem Verstand geblieben ist«, grollte Hraban. »Laßt sie reden.«