Читаем Die Vermessung der Welt полностью

Und kam wieder in Gang. Das Licht kehrte zurück: Der Sonnenball strahlte auf, der Schatten löste sich von Hügeln, Erde, Horizont. Vögel schrien, irgendwo feu-erte jemand einen Schuß ab. Bonpland ließ den Schirm sinken.

Humboldt fragte, wie es gewesen sei.

Bonpland sah ihn ungläubig an.

Er habe es nicht gesehen, sagte Humboldt. Nur die Projektion. Er habe das Gestirn im Sextanten fixieren und auch noch die Uhr überwachen müssen. Zum Aufblicken sei keine Zeit gewesen.

Es werde kein zweites Mal geben, sagte Bonpland heiser. Ob er wirklich nicht hinaufgesehen habe?

Der Ort sei jetzt für immer auf den Weltkarten festgesteckt. Nur wenige Augenblicke erlaubten es einem, die Gangfehler der Uhren mit Hilfe des Himmels zu korrigieren. Manche nähmen ihre Arbeit eben ernster als andere!

Das möge ja sein, aber … Bonpland seufzte.

Ja? Humboldt blätterte im Ephemeridenkatalog, zückte den Bleistift und begann zu rechnen. Aber was?

Müsse man immer so deutsch sein?

Die Zahlen

An dem Tag, der alles änderte, tat ein Backenzahn so weh, daß er glaubte, wahnsinnig zu werden. Nachts hatte er auf dem Rücken gelegen und dem Schnarchen der Zimmerwirtin nebenan zugehört. Gegen halb sieben, als er müde ins Morgenlicht blinzelte, fand er die Lösung zu einem der ältesten Probleme der Welt.

Er taumelte durch den Raum wie ein Betrunkener. Es mußte sofort aufgeschrieben werden, er durfte es nicht vergessen. Die Schubladen wollten sich nicht öffnen lassen, plötzlich hatte sich das Papier vor ihm versteckt, die Feder brach ab und machte Flecken, und dann kam ihm noch der volle Nachttopf in den Weg. Doch nach einer halben Stunde des Kritzelns stand alles auf einigen zerknüllten Blättern, den Rändern eines Griechischlehrbuchs und der Tischplatte. Er legte die Feder weg. Er atmete schwer. Er bemerkte, daß er nackt war, wunderte sich über den Dreck auf dem Boden, den Gestank. Er fror. Die Zahnschmerzen waren kaum zu ertragen.

Er las. Durchdachte es Zeile für Zeile, folgte der Beweisführung, suchte nach Fehlern und fand keine. Er strich über das letzte Blatt und sah sein schiefes, verwischtes Siebzehneck an. Über zweitausend Jahre lang hatte man mit Lineal und Zirkel regelmäßige Dreiund Fünfecke konstruiert. Das Quadrat zu konstruieren oder von einem Vieleck die Ecken zu verdoppeln, war kinderleicht. Und wenn man ein Dreieck und ein Fünfeck kombinierte, bekam man ein Fünfzehneck. Mehr war nicht möglich gewesen.

Und jetzt: siebzehn. Und er ahnte eine Methode, mit der man würde weitergehen können. Aber die mußte er noch finden.

Er ging zum Barbier. Dieser band ihm die Hände fest, versprach, es werde gewiß nicht schlimm sein, und schob ihm mit schneller Bewegung die Zange in den Mund. Schon die Berührung, ein strahlendes Aufleuchten des Schmerzes, ließ ihn fast ohnmächtig werden. Er versuchte noch seine Gedanken zu sammeln, aber dann faßte die Zange zu, etwas klickte in seinem Kopf, und erst der warme Geschmack des Blutes und das Pochen in seinen Ohren brachten ihn wieder in das Zimmer und zu dem Mann mit der Schürze zurück, der sagte, schlimm sei das ja nicht gewesen, oder?

Beim Heimgehen mußte er sich an Hauswände leh-nen, seine Knie waren weich, seine Füße gehorchten ihm nicht, ihm war schwindlig. Schon in ein paar Jahren würde es Ärzte für das Gebiß geben, dann würde man diese Schmerzen heilen können und brauchte nicht jeden entzündeten Zahn herauszureißen. Bald würde die Welt nicht mehr voll Zahnloser sein. Auch würde nicht mehr jedermann Pockennarben haben, und keiner würde mehr seine Haare verlieren. Es wunderte ihn, daß außer ihm niemand an diese Dinge dachte. Für die Leute war alles so, wie es gerade war, selbstverständlich. Mit glasi-gen Augen machte er sich auf den Weg zu Zimmermanns Wohnung.

Er trat ein, ohne zu klopfen, und legte ihm die Blätter auf den Eßtisch.

Oh, sagte der Professor mitleidig, die Zähne, schlimm? Er selbst habe ja Glück gehabt, ihm fehlten bloß fünf, Professor Lichtenberg habe überhaupt nur mehr zwei, und Kästner sei schon lange zahnlos. Mit spitzen Fingern, wegen eines Blutflecks, nahm er das erste Blatt. Er runzelte die Brauen. Seine Lippen bewegten sich. Es dauerte so lange, daß Gauß es kaum mehr glauben mochte. Niemand konnte so langsam denken!

Das sei ein großer Moment, sagte Zimmermann schließlich.

Gauß bat um ein Glas Wasser.

Ihm sei nach Beten zumute. Das müsse gedruckt werden, am besten unter dem Namen eines Professors. Es sei nicht üblich, daß Studenten schon publizierten.

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