Der Bäcker hob überrascht den Kopf. Es sah einen Augenblick so aus, als wollte er darauf eingehen. Aber dann sagte er mit einem Entschluß:»Ach nein, das lassen Sie nur – Sie haben es doch malen müssen…«»Das ist auch wieder wahr…«Wir gingen. Auf der Treppe, als ich den gebeugten Rücken vor mir sah, war ich etwas gerührt über den Bäcker und die Tatsache, daß ihm bei dem Schwindel mit der Brosche das Gewissen geschlagen hatte. Es paßte mir nicht recht, ihm in dieser Stimmung mit dem Cadillac zu Leibe gehen zu müssen. Doch dann dachte ich daran, daß ein Teil seiner gewiß ehrlichen Trauer um die tote Frau sicher nur daher kam, weil die schwarze Person zu Hause ein solches Luder war, und ich wurde wieder ganz frisch.
»Wir können ja bei mir zu Hause die Sache besprechen«, sagte der Bäcker draußen.
Ich nickte. Es paßte mir sehr gut so. Der Bäcker glaubte zwar, er wäre in seinen vier Wänden stärker – ich aber rechnete mit der Schwarzen als Unterstützung.
Sie erwartete uns bereits an der Tür.»Gratuliere herzlichst«, sagte ich, bevor der Bäcker den Mund auftun konnte.
»Wozu?«fragte sie rasch, mit flinken Augen.
»Zu Ihrem Cadillac -«, erwiderte ich unverfroren.
»Schatzi!«Mit einem Satz hing sie dem Bäcker am Hals.
»Aber das ist ja noch gar nicht…«Er versuchte sich loszumachen und Erklärungen abzugeben. Sie aber hielt ihn fest und drehte sich zappelnd mit ihm im Kreise, damit er nicht zu Worte kam. Abwechselnd sah ich über seiner Schulter ihre schlaue, blinzelnde Fratze und über ihrer Schulter seinen vorwurfsvollen, vergeblich protestierenden Mehlwurmkopf.
Endlich gelang es ihm, sich frei zu machen.»Wir sind ja noch gar nicht soweit«, prustete er.
»Doch«, sagte ich mit großer Herzlichkeit,»wir sind so weit! Ich nehme es auf meine Kappe, die letzten fünfhundert Mark herunterzuhandeln. Sie zahlen keinen Pfennig mehr als siebentausend Mark für den Cadillac! Einverstanden?«
»Natürlich!«sagte die Schwarze rasch.»Das ist doch wirklich billig, Schatzi…«
»Halt!«Der Bäcker hob die Hand.
»Aber was hast du denn jetzt wieder?«fuhr sie auf ihn los,»erst heißt es, du kriegst den Wagen, und jetzt stehst du wieder da und willst nicht!«
»Er will ja«, warf ich ein,»wir haben ja schon alles besprochen…«
»Na, was… Schatzi… wozu denn…«Sie lehnte sich dicht an ihn. Er versuchte, sich wieder loszumachen, aber sie preßte ihre vollen Brüste gegen seinen Arm. Er machte ein ärgerliches Gesicht, aber sein Widerstand wurde schwächer.
»Der Ford…«, sagte er.
»Wird selbstverständlich in Zahlung genommen…«
»Viertausend Mark…«
»Hat er mal gekostet, wie?«fragte ich freundlich.
»Mit viertausend Mark muß er in Zahlung genommen werden«, erklärte der Bäcker fest. Er hatte jetzt den Punkt gefunden zum Gegenangriff nach der Überrumpelung.»Der Wagen ist ja so gut wie neu…«
»Neu«, sagte ich,»nach der Riesenreparatur…«
»Heute vormittag haben Sie es selbst zugegeben…«
»Heute vormittag war das auch was anderes. Neu und neu ist ein Unterschied, je nachdem, ob man kauft oder verkauft. Für viertausend Mark müßte Ihr Ford schon Stoßstangen aus Gold haben.«
»Viertausend Mark, oder es wird nichts«, sagte der Bäcker halsstarrig. Er war jetzt wieder ganz der alte und schien alle Sentimentalitäten von vorher wiedergutmachen zu wollen.
»Dann auf Wiedersehen!«erwiderte ich und wandte mich an die Schwarze.»Tut mir leid, gnädige Frau – aber Verlustgeschäfte kann ich nicht machen. An dem Cadillac verdienen wir ohnehin nichts – da können wir nicht noch einen alten Ford zu einem Riesenpreis in Zahlung nehmen.
Leben Sie wohl…«
Sie hielt mich zurück. Ihre Augen funkelten, und sie fiel jetzt über den Bäcker her, daß ihm Hören und Sehen verging.»Du hast ja selbst hundertmal gesagt, daß der Ford nichts mehr wert ist«, zischte sie zum Schluß mit Tränen in den Augen.
»Zweitausend Mark«, sagte ich,»zweitausend Mark, obschon auch das noch Selbstmord ist.«
Der Bäcker schwieg.
»Na los, sag doch was! Warum stehst du denn da herum und tust den Mund nicht auf?«fauchte die Schwarze.
»Meine Herrschaften«, sagte ich,»ich werde jetzt mal den Cadillac holen. Vielleicht besprechen Sie die Sache inzwischen noch untereinander.«
Ich hatte das Gefühl, daß ich gar nichts Besseres tun konnte, als zu verschwinden. Die Schwarze würde meine Sache schon weiterführen.
Eine Stunde später war ich mit dem Cadillac wieder da. Ich sah sofort, daß der Streit auf die einfachste Weise entschieden worden war. Der Bäcker machte einen zerknitterten Eindruck und hatte eine Bertfeder am Anzug hängen – die Schwarze dagegen funkelte, wippte mit den Brüsten und lächelte satt und verräterisch. Sie hatte sich umgezogen und trug ein dünnes, seidenes, eng anliegendes Kleid. In einem unbeobachteten Moment kniff sie mir ein Auge und nickte, alles sei in Ordnung. Wir machten eine Probefahrt. Die Schwarze kuschelte sich behaglich in den breiten Sitz und schwatzte fortwährend. Ich hätte sie am liebsten aus dem Fenster geworfen, aber ich brauchte sie noch. Der Bäcker hockte ziemlich melancholisch neben mir.