Ein Feuerstrahl fuhr aus der kleinen Waffe, und ein scharfer Schmerz drang durch seine Brust. »Lorena!« rief er. Er taumelte gegen die Wand.
Sie sah entsetzt zu ihm hin. »Pawel, Pawel…«
Unterdessen griff sich Marschall Schawirin das Messingteleskop von Bondarews Schreibtisch, schwang es und ließ es so kräftig auf ihren Kopf niedersausen, daß sich der Tubus verbog und eine Linse des Objektivs auf den Boden kollerte.
Sie brach zusammen. Schawirin ließ das Teleskop fallen und eilte zur Tür, um sie abzuschließen. Dann kümmerte er sich um Bondarew. »Genosse«, sagte er. »Pawel!«
Pawel hörte ihn von ferne. Er versuchte, tief durchzuatmen, aber der Schmerz hinderte ihn daran. Er hörte Blut in seiner Lunge gurgeln. Im Korridor fielen Schüsse.
»Ich… ich lebe«, sagte Bondarew. Jedes Wort kostete ihn große Mühe. Er sah auf die Uhr. »Es ist Zeit! Wir müssen wissen, ob die Amerikaner ihre Pershings abgefeuert haben.«
Schawirin nahm den Hörer auf. »Poliwanow, hier Schawirin. Oberst, haben die Amerikaner ihre Pershings abgefeuert?«
Eine lange Pause trat ein. »Aha«, sagte Schawirin. »Stehen wir in Verbindung mit den strategischen Streitkräften? Aha. Danke.« Er legte den Hörer auf. »Der KGB hat uns von allen Verbindungen mit dem Westen abgeschnitten«, sagte er nachdrücklich. »Ihre Leute waren so zahlreich, daß wir unser Hauptquartier nicht halten konnten. Meine Verteidigungskräfte haben sich entschlossen, zumindest die Befehlslinien zu schützen, was ihnen auch gelungen ist.« Er wies auf die blinkenden Leuchten. »Die Anlage ist bereit, Genosse Akademiemitglied. Was tun wir jetzt?«
Pawel schnappte in kurzen, keuchenden Stößen nach Luft. Es tat entsetzlich weh. Er sank in einen Sessel vor seiner Kommandokonsole. »Die Pershings…«
»Wir werden es nie erfahren«, sagte Schawirin, »und den Geräuschen im Gang nach bleibt uns nicht viel Zeit.« Während er sprach, knöpfte er die Brusttasche seines Uniformrocks auf und nahm einen Schlüssel heraus. Er sah ihn kurz an, führte ihn dann in seine Kommandokonsole ein und drehte ihn.
»Sie verstehen mehr von diesen Dingen als ich, Pawel. Ich habe mein Gerät jetzt scharfgemacht. Die Entscheidung liegt bei Ihnen.« Schawirin zog seine Pistole und wandte sich zur Tür. »Aber ich glaube, daß Sie sich rasch entschließen müssen.«
Bondarews Kopf fühlte sich an, als sei er mit Watte ausgepolstert. Jeder Atemzug quälte ihn. Schawirins Stimme schien schwächer zu werden und dann verstärkt wiederzukehren.
Lorena lag auf seinem wertvollen Perser, neben ihr das beschädigte Teleskop. Er konnte nicht sehen, ob sie noch atmete.
Die Schüsse vor der Tür klangen sehr nahe.
Eine nach der anderen wechselten die Leuchten der Anzeige von Grün auf Rot.
»Jetzt haben wir es getan«, sagte Bondarew.
»Ja«, bestätigte Schawirin. Es klickte scharf, als er den Sicherungshebel seiner Pistole umlegte.
Etwas lag in der Luft. Die ganze Fithp empfand es. Raumgeborene Weibchen verspürten eine Nervosität, ein merkwürdiges Unbehagen; sie keiften sofort zurück, wenn ihnen jemand in die Quere kam. Schläfer ließen sich leicht ablenken, sie mußten an ihre Pflichten gemahnt werden. Selbst raumgeborene Männchen waren von einem entschlossenen Optimismus erfüllt, als wollten ihre Leiber tanzen oder kämpfen.
Tantarentfid, der Herr der Verteidigung, hatte die Luftumwälzung auf hohen Durchsatz einstellen lassen, doch war lediglich ein schwacher Luftstrom spürbar. Etwas lag in der Luft; selbst ErdlingsFithp hätten den Unterschied aus all den fremdartigen Gerüchen herausgefunden. Die Paarungszeit der Schläfer hatte begonnen.
Seit fünfzehn Jahren kamen einmal jährlich die verschobenen Paarungszeiten. Der Herr der Herde kannte das Gefühl gut, er fühlte sich rundum wohl. Der Krieg verlief zufriedenstellend. Zwar hatte es auf Winterheim kleinere Verzögerungen gegeben, aber den Brückenkopf hielten sie nach wie vor.