»Schon richtig, Hermine!«, sagte er.»Aber das Ministerium wußte nie, daß es drei nicht verzeichnete Animagi in Hogwarts gab. Keiner davon hat seinen Namen im Ministerium eintragen lassen, weil sie insgeheim Animagi wurden, und aus einem sehr guten Grund – weil ich ein Werwolf bin.«
Harry und Ron schauten sich in die Augen und ohne ein Wort zu wechseln waren sie sich einig. Lupin redete blanken Unsinn. Er war wirklich verrückt -
»Das verstehe ich nicht, Professor«, sagte Hermine mit zittriger Stimme, als ob sie es kaum ertragen könnte, daß ein Lehrer vor ihren Augen überschnappte.
Lupin wollte gerade etwas antworten, als es hinter ihm laut knarrte. Die Schlafzimmertür war von allein aufgegangen. Alle fünf starrten sie an. Dann ging Lupin hinüber und sah auf den Korridor hinaus.
»Keiner da…«
»Hier spukt es!«, sagte Ron.
»Keineswegs«, sagte Lupin und sah immer noch ratlos zur Tür.»In der Heulenden Hütte hat es nie gespukt… das Schreien und Heulen, das die Leute im Dorf hörten, das stammte von mir.«
Er wischte sich das angegraute Haar aus den Augen, dachte einen Moment lang nach und sagte dann:
»Ich will euch alles erzählen. Ihr habt ein Recht, es zu erfahren – besonders du, Harry. Nichts davon hätte geschehen können, wenn ich nicht ein Werwolf wäre. Aber wo soll ich anfangen?«
Er lachte nicht mehr. Er sah ernst und müde aus.
»Also, ich denke, alles fing damit an, daß ich gebissen wurde. Ich war noch ein ganz kleiner Junge, als es geschah. Meine Eltern haben alles versucht, aber damals gab es noch keine Heilung. Der Trank, den Professor Snape für mich gebraut hat, ist eine ganz neue Entdeckung. Er schützt mich, müßt ihr wissen. Wenn ich ihn in der Woche vor Vollmond einnehme, behalte ich den Verstand, während ich mich verwandle… ich kann mich dann in meinem Büro einrollen, als harmloser Wolf und warten, bis der Mond wieder abnimmt.
Bevor jedoch der Wolfsbann-Trank entdeckt wurde, verwandelte ich mich einmal im Monat in ein ausgewachsenes Ungeheuer. Es schien unmöglich, mich nach Hogwarts zu schicken. Die anderen Eltern würden ihre Kinder sicher nicht dieser Gefahr aussetzen wollen.
Doch dann wurde Dumbledore Schulleiter, und er hatte Verständnis. Solange wir bestimmte Vorkehrungen träfen, sagte er, gebe es keinen Grund, warum ich nicht zur Schule kommen sollte…«Lupin seufzte und sah Harry in die Augen.»Ich hab dir schon vor Monaten erzählt, daß die Peitschende Weide in dem Jahr gepflanzt wurde, als ich nach Hogwarts kam. Die Wahrheit ist, daß sie gepflanzt wurde weil ich nach Hogwarts kam. Dieses Haus -«, Lupin sah sich traurig im Zimmer um,»- der Tunnel, der hierher führt – sie wurden für mich gebaut. Einmal im Monat hat man mich aus dem Schloß geschmuggelt, in dieses Haus, wo ich mich verwandeln konnte. Den Baum pflanzten sie am Eingang des Tunnels, damit niemand mir folgen konnte, wenn ich gefährlich war.«
Harry hatte keine Ahnung, wo diese Geschichte hinführen sollte, und dennoch lauschte er hingerissen. Auch Ron und Hermine schienen wie gebannt von Lupin. Selbst Sirius Black folgte gespannt Lupins Worten, als ob er diese Geschichte noch nie gehört hätte. Außer Lupins Stimme war nur noch Krätzes ängstliches Quieken zu hören.
»Meine Verwandlungen in jener Zeit waren… waren fürchterlich. Es ist sehr schmerzhaft, sich in einen Werwolf zu verwandeln. Ich war fernab von Menschen, die ich beißen konnte, also biß und kratzte ich mich selbst. Die Dorfbewohner hörten den Lärm und die Schreie und glaubten, es seien besonders wüste Gespenster. Dumbledore schürte diese Gerüchte… selbst heute, da im Haus seit Jahren Ruhe herrscht, wagen sich die Leute nicht in seine Nähe…
Doch abgesehen von meinen Verwandlungen war ich so glücklich wie nie im Leben. Zum ersten Mal hatte ich Freunde, drei großartige Freunde. Sirius Black… Peter Pettigrew… und natürlich deinen Vater, Harry. James Potter.
Meinen drei Freunden konnte natürlich nicht entgehen, daß ich einmal im Monat verschwand. Ich ließ mir alle möglichen Geschichten einfallen. Meine Mutter sei krank und ich müsse sie zu Hause besuchen… Ich hatte fürchterliche Angst, sie würden mich verlassen, wenn sie herausfänden, was in mir steckte. Doch wie du, Hermine, fanden sie natürlich die Wahrheit heraus…
Und sie ließen mich nicht im Stich. Im Gegenteil, sie taten etwas für mich, das meine Verwandlungen nicht nur erträglich machte, sondern zur schönsten Zeit meines Lebens. Sie wurden Animagi.«
»Mein Dad auch?«, sagte Harry erstaunt.