»Solange wir dich nicht vom Spielfeld wischen müssen«, sagte Hermine.
Je näher jedoch das Spiel rückte, desto nervöser wurde Harry, und mochte er noch so aufschneiderisch vor Ron und Hermine getan haben. Die anderen Spieler waren auch nicht gerade gelassen. Die Vorstellung, sie könnten Slytherin in der Hausmeisterschaft überholen, war traumhaft, denn seit fast sieben Jahren hatte das keine Mannschaft mehr geschafft, doch würde ein so parteiischer Schiedsrichter das zulassen?
Harry wußte nicht, ob er es sich nur einbildete, doch ständig und überall lief er Snape über den Weg. Manchmal fragte er sich sogar, ob Snape ihm vielleicht folgte und versuchte, ihn irgendwo allein zu erwischen. Die Zaubertrankstunden wurden allmählich zu einer Art wöchentlicher Folter, so gemein war Snape zu Harry. Konnte Snape denn eigentlich wissen, daß sie die Geschichte mit dem Stein der Weisen herausgefunden hatten? Harry konnte sich das nicht vorstellen – doch manchmal hatte er das fürchterliche Gefühl, Snape könne Gedanken lesen.
Am folgenden Nachmittag wünschten ihm Ron und Hermine viel Glück für das Spiel und Harry wußte, daß sie sich fragten, ob sie ihn jemals lebend wieder sehen würden. Das war nicht gerade tröstlich. Während Harry seinen Quidditch-Umhang anzog und seinen Nimbus Zweitausend aufnahm, hörte er kaum etwas von den ermutigenden Worten Woods.
Ron und Hermine hatten inzwischen einen Platz auf den Rängen gefunden, neben Neville, der nicht verstand, warum sie so grimmig und besorgt aussahen und warum sie ihre Zauberstäbe zum Spiel mitgebracht hatten. Harry hatte keine Ahnung, daß Ron und Hermine insgeheim den Beinklammer-Fluch geübt hatten. Auf die Idee gebracht hatte sie Malfoy, der ihn an Neville ausprobiert hatte, und nun waren sie bereit, ihn Snape auf den Hals zu jagen, wenn er auch nur die geringsten Anstalten machte, Harry zu schaden.
»Also, nicht vergessen, es heißt Locomotor Mortis«, murmelte Hermine, während Ron seinen Zauberstab den Ärmel hochschob.
»Ich weiß«, fauchte Ron.»Nerv mich nicht.«
Unten in der Umkleidekabine hatte Wood Harry zur Seite genommen.
»Ich will dich j«a nicht unter Druck setzen, Potter, aber wenn wir je einen schnellen Schnatz-Fang gebraucht haben, dann jetzt. Bring das Spiel unter Dach und Fach, bevor Snape anfangen kann, die Hufflepuffs zu übervorteilen.«
»Dort draußen ist die ganze Schule!«, sagte Fred Weasley, der durch die Tür hinausspähte.»Sogar – mein Gott – Dumbledore ist gekommen!«
Harrys Herz überschlug sich.
»Dumbledore?«, sagte er und stürzte zur Tür, um ihn mit eigenen Augen zu sehen. Fred hatte Recht. Dieser silberne Bart konnte nur Dumbledore gehören.
Harry hätte vor Erleichterung laut auflachen können.
Nun war er sicher. Snape würde jetzt, da Dumbledore zusah, nicht einmal den Versuch wagen, ihm etwas anzutun.
Vielleicht sah Snape deshalb so wütend aus, als die Mannschaften auf das Spielfeld liefen. Auch Ron hatte das bemerkt.
»Ich hab Snape noch nie so böse gucken sehen«, erklärte er Hermine.»Schau – weg sind sie. Autsch!«
Jemand hatte Ron gegen den Hinterkopf gestoßen. Es war Malfoy.
»Oh, tut mir Leid, Weasley, hab dich gar nicht gesehen.«
Mit breitem Grinsen sah Malfoy Crabbe und Goyle an.
»Frag mich, wie lange Potter sich diesmal auf seinem hält? Will jemand wetten? Wie wär's mit dir, Weasley?«
Ron antwortete nicht; Snape hatte Hufflepuff gerade einen Strafwurf zugesprochen, weil George Weasley einen von ihnen mit einem Klatscher getroffen hatte. Hermine, die alle Finger im Schoß gekreuzt hatte, schaute mit zusammengezogenen Augenbrauen unablässig Harry nach, der wie ein Falke über dem Spiel kreiste und Ausschau nach dem Schnatz hielt.
»Weißt du eigentlich, wie sie die Leute für die Gryffindor Mannschaft aussuchen?«, sagte Malfoy ein paar Minuten später mit lauter Stimme, als Snape den Hufflepuffs schon wieder einen Strafwurf zusprach, diesmal ganz ohne Grund.»Sie nehmen Leute, die ihnen Leid tun. Seht mal, da ist Potter, der keine Eltern hat, dann die Weasleys, die kein Geld haben – du solltest auch in der Mannschaft sein, Longbottom, du hast kein Hirn.«
Neville wurde hellrot, drehte sich jedoch auf seinem Platz herum und sah Malfoy ins Gesicht.
»Ich bin ein Dutzend von deinesgleichen wert, Malfoy«, stammelte er.
Malfoy, Crabbe und Goyle heulten laut auf vor Lachen, doch Ron, der immer noch nicht die Augen vom Spiel abzuwenden wagte, sagte:»Gib's ihm, Neville.«
»Longbottom, wenn Hirn Gold wäre, dann wärst du ärmer als Weasley, und das will was heißen.«
Rons Nerven waren wegen der Angst um Harry ohnehin schon zum Zerreißen gespannt.
»Ich warne dich, Malfoy, noch ein Wort -«
»Ron!«, sagte Hermine plötzlich,»Harry -!«
»Was? wo?«
Harry war überraschend in einen atemberaubenden Sturzflug gegangen, und ein Stöhnen und jubeln drang aus der Menge. Hermine stand auf, die gekreuzten Finger im Mund, und Harry schoß wie eine Kugel in Richtung Boden.
»Du hast Glück, Weasley, Potter hat offenbar Geld auf dem Boden herumliegen sehen!«, sagte Malfoy.