Читаем Narziss und Goldmund / Нарцисс и Гольдмунд. Книга для чтения на немецком языке полностью

Aber außer diesem wohlbekannten Kloster fand er auch ein beinah unbekanntes wieder, schon in den ersten Tagen stach es ihm in die Augen, wurde ihm immer wichtiger und verband sich mit dem Wohlbekannten nur langsam. Denn war auch hier nichts Neues hinzugekommen, stand auch alles gleich, wie es in seiner Schülerzeit und vorher hundert und mehr Jahre gestanden war, so sah er es doch nicht mit den Augen des Schülers. Er sah und fühlte die Maße dieser Bauten, die Gewölbe der Kirche, die alten Malereien, die steinernen und hölzernen Figuren auf den Altären, in den Portalen, und obwohl er nichts sah, was nicht auch damals schon an seinem Ort gewesen wäre, sah er doch jetzt erst die Schönheit dieser Dinge und den Geist, der sie geschaffen hatte. Er sah die alte steinerne Mutter Gottes in der obern Kapelle, auch als Knabe schon hatte er sie gern gehabt und hatte sie abgezeichnet, aber erst jetzt sah er sie mit wachen Augen, und sah, dass sie ein Wunderwerk war, das er auch mit der besten und geglücktesten Arbeit niemals übertreffen konnte. Und solche wunderbare Dinge gab es viele, und jedes stand nicht für sich und war ein Zufall, sondern jedes stammte aus demselben Geist und stand zwischen den alten Mauern, Säulen und Gewölben als in seiner natürlichen Heimat. Was hier in ein paar hundert Jahren gebaut, gemeißelt, gemalt, gelebt, gedacht und gelehrt worden war, das war eines Stammes, eines Geistes, und passte zusammen wie die Äste eines Baumes zusammenpassen.

Inmitten dieser Welt nun, dieser stillen mächtigen Einheit, fühlte Goldmund sich sehr klein, und nie fühlte er sich kleiner, als wenn er den Abt Johannes, seinen Freund Narziss, in dieser gewaltigen und doch stillfreundlichen Ordnung walten und regieren sah. Mochte zwischen dem gelehrten, schmallippigen Abt Johannes und dem einfachen, gütig schlichten Abt Daniel ein noch so großer Unterschied der Personen bestehen, jeder von ihnen diente doch der gleichen Einheit, demselben Gedanken, derselben Ordnung, erhielt durch sie seine Würde, brachte ihr seine Person zum Opfer. Das machte sie einander ebenso ähnlich, wie die Klostertracht es tat.

Inmitten dieses seines Klosters wurde Narziss in Goldmunds Augen unheimlich groß, ohne dass er doch sich gegen ihn anders denn als freundlicher Kamerad und Wirt betragen hatte. Bald wagte er kaum mehr, ihn du und »Narziss« zu nennen.

»Höre, Abt Johannes«, sagte er einmal zu ihm,

»allmählich werde ich mich doch wohl an deinen neuen Namen gewohnen müssen. Ich muss dir sagen, dass es mir bei euch sehr wohl gefällt. Beinah hätte ich Lust, dir eine Generalbeichte abzulegen und nach getaner Buße um die Aufnahme als Laienbruder zu bitten. Aber sieh, dann würde unsere Freundschaft zu Ende sein, du wärest der Abt und ich der Laienbruder. Aber so neben dir hinzuleben und deine Arbeit zu sehen und selber nichts zu sein und zu leisten, das ertrage ich nicht länger. Auch ich möchte gern arbeiten und dir zeigen, was ich bin und kann, damit du sehen kannst, ob es sich gelohnt hat, mich vom Galgen loszubitten.«

»Ich freue mich darüber«, sagte Narziss und sprach seine Worte noch präziser und formulierter als sonst »Du kannst zu jeder Stunde beginnen, dir deine Werkstatt einzurichten, sofort werde ich den Schmied und den Zimmermann anweisen, zu deiner Verfügung zu sein. Was an Arbeitsmaterial hier am Ort aufzutreiben ist, darüber verfüge! Was von auswärts bestellt werden muss, durch Fuhrleute, darüber fertige eine Liste an. Und nun höre, wie ich über dich denke und über deine Absichten! Du musst mir etwas Zeit lassen, mich auszudrücken: ich bin Gelehrter und möchte versuchen, dir die Sache aus meiner Denkwelt heraus darzustellen, ich habe keine andere Sprache als diese. Also folge mir noch einmal, wie du es in früheren Jahren oft so geduldig getan hast.«

»Ich versuche dir zu folgen Sprich nur.«

»Erinnere dich daran, wie ich dir schon in unsern Schülerzeiten manchmal sagte, dass ich dich für einen Künstler halte. Damals schien mir, es könnte ein Dichter aus dir werden, du hattest beim Lesen und Schreiben eine gewisse Abneigung gegen das Begrifliche und Abstrakte und liebtest in der Sprache die Worte und Klänge besonders, denen sinnlich-dichterische Qualitäten eigen waren, also die Worte, bei welchen man sich etwas vorstellen kann.«

Goldmund unterbrach: »Verzeih, aber sind Begriffe und Abstraktionen, die du bevorzugst, nicht doch auch Vorstellungen, Bilder? Oder brauchst und liebst du wirklich zum Denken die Worte, bei welchen man sich nichts vorstellen kann? Kann man denn denken, ohne sich etwas dabei vorzustellen?«

Перейти на страницу:

Все книги серии Чтение в оригинале (Каро)

Похожие книги

Соглядатай
Соглядатай

Написанный в Берлине «Соглядатай» (1930) – одно из самых загадочных и остроумных русских произведений Владимира Набокова, в котором проявились все основные оригинальные черты зрелого стиля писателя. По одной из возможных трактовок, болезненно-самолюбивый герой этого метафизического детектива, оказавшись вне привычного круга вещей и обстоятельств, начинает воспринимать действительность и собственное «я» сквозь призму потустороннего опыта. Реальность больше не кажется незыблемой, возможно потому, что «все, что за смертью, есть в лучшем случае фальсификация, – как говорит герой набоковского рассказа "Terra Incognita", – наспех склеенное подобие жизни, меблированные комнаты небытия».Отобранные Набоковым двенадцать рассказов были написаны в 1930–1935 гг., они расположены в том порядке, который определил автор, исходя из соображений их внутренних связей и тематической или стилистической близости к «Соглядатаю».Настоящее издание воспроизводит состав авторского сборника, изданного в Париже в 1938 г.В формате PDF A4 сохранён издательский дизайн.

Владимир Владимирович Набоков

Классическая проза ХX века
Аполлон
Аполлон

Лучше сто раз разбиться, чем никогда не летать. Я всегда придерживался этого девиза. Я привык гореть не только в кадре, но и в жизни. Экстрим, гонки без правил, сложные трюки, безумные девчонки. Я думал так будет всегда, пока однажды не очутился в центре совершенно нереальной истории: стал главным героем сценария Каролин Симон, о существовании которой не подозревал, в то время, как она знала обо мне всё! Возможно объяснение скрывается в дружбе сценариста и Ари Миллер – единственной девушки-каскадёра, работающей в моем клубе. Точный ответ может дать только Каролин, но она исчезла при весьма загадочных обстоятельствах…КАРОЛИН: Мы разделили территорию. Она владеет его телом, я – сердцем.   Главный герой Марк Красавин присутствовал в романе «По ту сторону от тебя». Действия разворачиваются спустя два года после описанных в вышеуказанном романе событий.

Алекс Д , Алекс Джиллиан , Аркадий Тимофеевич Аверченко , Владимир Наумович Михановский

Любовные романы / Классическая проза ХX века / Научная Фантастика / Романы