»Jedenfalls«, fuhr Jamie fort und ließ das Thema Lizzie erst einmal links liegen, »bricht das Regiment morgen nach Portsmouth auf; sie haben weder Zeit noch Interesse, sich mit dieser Geschichte in Hillsborough zu befassen – das ist Tryons Sorge.«
»Aber Hayes hat doch gesagt –«
»Oh, wenn ihm jemand etwas erzählt, wird er die Aussage auch bestimmt nach New Bern weiterleiten – aber was ihn persönlich angeht, so glaube ich nicht, dass es ihn stören würde, wenn die Regulatoren den Gouverneurspalast in Brand setzen würden, solange es nur seine Abreise nicht verzögert.«
Ich seufzte tief, denn das beruhigte mich. Wenn Jamie Recht hatte, so waren Festnahmen das Letzte, wonach Hayes der Sinn stand, ganz gleich, wie die Beweislage sein mochte. MacLennan drohte also keine Gefahr.
»Was glaubst du denn dann, was Hayes von dir und den anderen will?«, fragte ich und bückte mich, um in einem der Weidenkörbe nach einem Brotlaib zu suchen. »Er ist immerhin persönlich hinter dir her.«
Jamie blickte hinter sich, als rechnete er jede Sekunde damit, dass der Leutnant zwischen den Stechpalmen auftauchen würde. Da sich das stachelige Grün jedoch nicht rührte, wandte er sich mit leicht gerunzelter Stirn wieder mir zu.
»Ich weiß es nicht«, sagte er kopfschüttelnd, »aber es hat jedenfalls nichts mit Tryon zu tun. Wenn es so wäre, hätte er mich gestern Abend darauf ansprechen können – und das hätte er auch
»Ein Astrolabium?«, sagte ich und schmeckte Honig. Ich erwiderte den Kuss. »Wozu denn das?«
»Und dann möchte ich nach Hause«, flüsterte er, ohne meine Frage zu beachten. Seine Stirn war an die meine gedrückt, und seine Augen waren blau.
»Ich möchte mit dir ins Bett gehen –
»Exzellente Idee«, flüsterte ich zurück. »Möchtest du ihm das gern persönlich sagen?«
Ich hatte am anderen Ende der Lichtung ein Stück grünschwarzen Tartanstoff aufblitzen sehen, doch als Jamie sich jetzt aufrichtete und herumfuhr, sah ich, dass der Besucher doch nicht Leutnant Hayes war, sondern John Quincy Myers, der sich ein Soldatenplaid um die Taille geschlungen hatte, dessen Enden fröhlich im Wind flatterten.
Dies verlieh Myers’ sowieso schon unübersehbarer, modischer Eleganz den letzten Schliff. Er war extrem groß, und ihn zierten (von oben nach unten) ein Schlapphut, in dem mehrere Nadeln und eine Truthahnfeder steckten, zwei zerzauste Fasanenfedern, die in sein langes, schwarzes Haar geknotet waren, eine Weste aus eingefärbten Stachelschweinstacheln, die er über einem Hemd mit Perlenstickereien trug, sein üblicher Lendenschurz und enge Hosen, die mit Bändern voller kleiner Glöckchen umwickelt waren, kurz: Der Waldläufer war schwer zu übersehen.
»James, mein Freund!« John Quincy lächelte breit, als er Jamie erblickte, und eilte mit ausgestreckter Hand und glöckchenklingelnd auf ihn zu. »Dachte ich mir doch, dass ich Euch beim Frühstück antreffe!«
Jamie kniff bei seinem Anblick kurz die Augen zusammen, erwiderte dann aber kameradschaftlich den festen Händedruck des Waldläufers.
»Aye John. Esst Ihr etwas mit?«
»Äh … ja«, fiel ich ein und warf einen verstohlenen Blick in den Vorratskorb. »Bitte doch.«
John Quincy verbeugte sich feierlich vor mir und zog dabei den Hut.
»Zu Diensten, Ma’am, und ich danke Euch sehr. Vielleicht später. Erst einmal bin ich allerdings hier, um Mr. Fraser zu entführen. Er wird dringend gebraucht.«
»Von wem?«, fragte Jamie argwöhnisch.
»Robbie McGillivray – zumindest sagt er, dass er so heißt. Kennt Ihr den Mann?«
»Aye, das tue ich.« Was auch immer Jamie über McGillivray wusste, bewog ihn, hastig in die kleine Truhe zu greifen, in der er seine Pistolen aufbewahrte. »Was gibt es denn?«