Читаем Outlander - Der Ruf der Trommel: Roman (Die Outlander-Saga 4) (German Edition) полностью

Es lief ihm kein Blut aus dem Mund, also waren die Lungen nicht verletzt. Sein Atem ging flach, aber rhythmisch; das Zwerchfell war nicht durchstochen. Meine Hände bewegten sich sanft über ihn hinweg, während mein inneres Auge versuchte, den Pfad der Zerstörung zu verfolgen. Aus beiden Wunden sickerte Blut, es floss schwarz über die Bauch- und Rückenmuskeln und leuchtete rubinrot auf dem polierten Stahl. Es spritzte nicht hervor; irgendwie hatten seine Henker sowohl die Bauch- als auch die Nierenschlagader verfehlt.

Hinter mir war ein hitziger Streit ausgebrochen, und ich registrierte ganz am Rande, dass Byrnes’ Kameraden, die Aufseher zweier Nachbarplantagen, gegenwärtig von Farquard Campbell kräftig zurechtgewiesen wurden.

»… offene Missachtung des Gesetzes. Dafür werdet Ihr Euch vor Gericht verantworten, meine Herren, dessen könnt Ihr Euch sicher sein!«

»Was macht das schon?«, brummte einer von ihnen schmollend. »Hier geht’s doch um Blutvergießen – und Verstümmelung. Byrnes hat seine Rechte!«

»Rechte, über die Leute wie Ihr nichts zu sagen haben«, fiel MacNeill tief grollend ein. »Abschaum seid Ihr, nicht besser als die –«

»Und was habt Ihr zu melden, Alter? Steckt Eure lange, schottische Nase nicht in Sachen, die Euch nichts angehen!«

»Was brauchst du, Sassenach?«

Ich hatte ihn nicht kommen hören, doch er war da. Jamie hockte an meiner Seite, und meine Kiste stand geöffnet auf den Planken neben ihm. Er hielt immer noch eine geladene Pistole in der Hand und konzentrierte sich vorwiegend auf die Gruppe hinter mir.

»Ich weiß es nicht«, sagte ich. Ich hörte, wie der Streit im Hintergrund weiterging, doch die Worte verschwammen zur Bedeutungslosigkeit. Wirklichkeit existierte nur unter meinen Händen.

Es dämmerte mir langsam, dass der Mann vor mir trotz seiner verheerenden Wunde möglicherweise nicht tödlich verletzt war. Nach allem, was ich sehen und fühlen konnte, war der gekrümmte Haken aufwärts durch die Leber gedrungen. Wahrscheinlich war die rechte Niere beschädigt und das Jejunum oder die Gallenblase verletzt – aber nichts davon würde ihn unmittelbar umbringen.

Falls er schnell starb, dann höchstens durch den Schock. Doch ich sah den Puls in seinem schweißglatten Abdomen schlagen, genau über der Eintrittsstelle des Hakens. Er ging schnell, aber so regelmäßig wie der Schlag einer Trommel; ich konnte das Echo in den Fingerspitzen spüren, wenn ich die Hand darauflegte. Er hatte Blut verloren – der Geruch war stark und überlagerte die Gerüche nach Schweiß und Angst –, doch nicht so viel, dass er nicht zu retten war.

Mir kam ein beunruhigender Gedanke – möglicherweise war ich in der Lage, diesen Mann am Leben zu erhalten. Wahrscheinlich ja; mit dem Gedanken fiel mir eine Flut möglicher Komplikationen ein, angefangen mit heftigen Blutungen beim Entfernen des Hakens. Innere Blutungen, verzögerter Schock, ein perforierter Darm, Peritonitis – und dennoch.

Bei der Schlacht von Prestonpans hatte ich einen Mann gesehen, der ungefähr an derselben Stelle von einem Schwert durchbohrt worden war. Seine einzige Behandlung war ein Verband um den Körper gewesen – und doch war er gesund geworden.

»Gesetzlosigkeit!«, hörte ich Campbell sagen, als seine Stimme einmal die Auseinandersetzung übertönte. »So etwas kann nicht geduldet werden, egal, wodurch es provoziert wurde. Ich werde Euch alle zur Verantwortung ziehen, darauf könnt Ihr Gift nehmen!«

Niemand schenkte dem eigentlichen Gegenstand der Diskussion auch nur die geringste Beachtung. Es waren nur Sekunden vergangen, doch mir blieben auch nur noch Sekunden. Ich legte meine Hand auf Jamies Arm, um ihn von der Debatte abzulenken.

»Wenn ich ihn rette, werden sie ihn leben lassen?«

Abschätzend betrachtete er die Männer in meinem Rücken.

»Nein«, sagte er leise. Sein Blick traf den meinen, dunkel und voller Verständnis. Er straffte die Schultern und legte sich die Pistole über den Oberschenkel. Ich konnte ihm bei seiner Entscheidung nicht helfen und er mir nicht bei der meinen, aber er würde mich in Schutz nehmen, egal, welche Wahl ich traf.

»Gib mir die dritte Flasche von links in der oberen Reihe«, sagte ich und deutete mit einem Nicken auf den Deckel der Kiste, in dem sich drei Reihen durchsichtiger, fest verkorkter Glasflaschen mit Arzneimitteln befanden.

Ich hatte zwei Flaschen mit reinem Alkohol und eine mit Brandy. Ich schüttete eine kräftige Dosis der bräunlichen, zu Pulver zerstoßenen Wurzel in den Brandy und schüttelte das Ganze kräftig. Dann kroch ich zum Kopf des Mannes und setzte ihm die Mischung an die Lippen.

Seine Augen waren glasig; ich versuchte, hineinzusehen, ihn dazu zu bringen, dass er mich wahrnahm. Warum?, fragte ich mich, während ich mich noch über ihn beugte und ihn beim Namen rief. Ich konnte ihn nicht fragen, ob er diese Wahl treffen würde – ich hatte es für ihn getan. Und ich konnte ihn weder um seine Zustimmung noch um Vergebung dafür bitten.

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