Читаем Outlander - Der Ruf der Trommel: Roman (Die Outlander-Saga 4) (German Edition) полностью

Ich antwortete nicht. Ich ließ meine Hand ins Wasser hängen, und eine kleine Welle kräuselte sich um mein Handgelenk. Nein, ich hatte nicht über diese Möglichkeit nachgedacht. Nicht bewusst, denn ich hatte mich nicht mit der Entscheidung befassen wollen, die mir jetzt vorgelegt wurde.

»Es wäre sicher eine großartige Chance für dich«, sagte ich, und meine Stimme hörte sich angestrengt und unnatürlich an. »Du hättest alles in der Hand …«

»Meine Tante ist keine Närrin«, sagte er, und eine leichte Schärfe lag in seiner Stimme. »Sie würde mich zu ihrem Erben machen, aber nicht zum Eigentümer an ihrer statt. Sie würde mich benutzen, um Dinge zu regeln, die sie selbst nicht erledigen kann – aber ich wäre nicht mehr als ihr Handlanger. Sicher, sie würde mich nach meiner Meinung fragen und auf meinen Rat hören, aber sie würde nichts geschehen lassen, was sie nicht will.«

Er schüttelte den Kopf.

»Ihr Mann ist tot. Ob sie ihn nun geliebt hat oder nicht, sie ist jetzt die Herrin hier, und sie ist niemandem Rechenschaft schuldig. Und die Macht schmeckt ihr viel zu gut, als dass sie darauf verzichten würde.«

Er hatte völlig recht mit seiner Einschätzung von Jocasta Cameron, und darin lag der Schlüssel zu ihrem Plan. Sie brauchte einen Mann, jemanden, der die Orte aufsuchte, an die sie nicht gelangen konnte, der mit der Marine verhandeln konnte, der die auf dem großen Anwesen anfallenden Aufgaben erledigte, die jene wegen ihrer Blindheit nicht selbst übernehmen konnte.

Gleichzeitig konnte jeder sehen, dass sie nicht auf der Suche nach einem Ehemann war; jemandem, der ihre Macht für sich beanspruchen und ihr Vorschriften machen würde. Wäre er kein Sklave gewesen, hätte Ulysses in ihrem Auftrag handeln können – doch er konnte ihr zwar seine Augen und Ohren leihen, aber nicht ihre Hände ersetzen.

Nein, Jamie war die perfekte Wahl; ein starker, kompetenter Mann, der sich den Respekt Gleichgestellter und den Gehorsam seiner Untergebenen zu verschaffen wusste. Einer, der wusste, wie man Land und Menschen verwaltete. Ein Mann, der darüber hinaus durch Verwandtschaft und Verpflichtung an sie gebunden war, der täte, was sie befahl – und im Grunde machtlos war. Angewiesen auf ihre Großzügigkeit, bestochen von der Aussicht auf River Run, wäre Jamie wenig mehr als Jocastas Zwangsarbeiter, und der Preis dafür würde erst fällig, wenn Jocasta keine weltlichen Sorgen mehr hatte.

Ich hatte einen Kloß im Hals, als ich nach Worten suchte. Ich konnte es nicht, dachte ich. Ich brachte es nicht fertig. Doch der Alternative konnte ich ebenfalls nicht ins Auge sehen; ich konnte ihn nicht drängen, Jocastas Angebot abzulehnen, denn ich wusste, dass ich ihn damit nach Schottland schickte, wo ihn ein unbekannter Tod ereilen würde.

»Ich kann dir nicht sagen, was du tun sollst«, sagte ich schließlich. Meine Stimme war kaum lauter als das regelmäßige Plätschern der Ruder.

Ein hoher Baum war ins Wasser gefallen; in seinen Ästen verfing sich das Treibgut. Dort hatte sich ein kleines Becken gebildet, das Jamie nun ansteuerte. Zielsicher ließ er das Ruderboot in das ruhige Gewässer gleiten. Er zog die Ruder ein und wischte sich mit dem Ärmel über das Gesicht. Er atmete schwer vor Anstrengung.

Die Nacht um uns herum war still; es gab kaum Geräusche außer dem Plätschern des Wassers und dem gelegentlichen Kratzen versunkener Zweige an der Bootswand. Schließlich streckte er die Hand aus und berührte mein Kinn.

»Dein Gesicht ist mein Herz, Sassenach«, sagte er leise, »und meine Liebe zu dir ist meine Seele. Aber du hast recht, du kannst nicht mein Gewissen sein.«

Trotz allem wurde mir leichter ums Herz, als wäre eine unbeschreibliche Bürde von mir abgefallen.

»Ach, ich bin so froh«, sagte ich und fügte impulsiv hinzu: »Es wäre eine furchtbare Verantwortung.«

»Oh, aye?« Er machte ein etwas erschrockenes Gesicht. »Findest du mich denn so schlimm?«

»Du bist der wunderbarste Mann, dem ich je begegnet bin«, sagte ich. »Ich habe nur gemeint … es ist eine so schwere Verantwortung, wenn man versucht, für zwei Menschen zu leben. Zu versuchen, einen anderen Menschen den eigenen Vorstellungen von Gut und Böse anzupassen … natürlich tut man das für ein Kind, das muss man ja, aber selbst da ist es eine furchtbare Belastung. Ich könnte es nicht für dich tun … es wäre falsch, das auch nur zu versuchen.«

Das verblüffte ihn beträchtlich. Er saß einige Sekunden da, das Gesicht halb abgewandt.

»Glaubst du wirklich, dass ich ein guter Mensch bin?«, fragte er schließlich. Seine Stimme hatte einen seltsamen Unterton, den ich nicht einordnen konnte.

»Ja«, sagte ich ohne Zögern. Dann fügte ich halb im Scherz hinzu: »Du nicht?«

Nach einer langen Pause sagte er völlig ernst: »Nein, ich glaube nicht.«

Ich sah ihn sprachlos an, und mir stand zweifellos der Mund offen.

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