Читаем Outlander - Der Ruf der Trommel: Roman (Die Outlander-Saga 4) (German Edition) полностью

Ich sah, dass Jamie die Weinflasche geholt hatte; er trank im Wechsel mit Farquard Campbell, und beide unterhielten sich angeregt, wobei sie gelegentlich auf die Sägemühle, den Fluss oder in Richtung Stadt deuteten.

»Habt Ihr was, womit ich sie kämmen kann, Ma’am?«

Phaedres Frage lenkte meine Aufmerksamkeit wieder auf meine eigentliche Aufgabe. Sie hockte neben der Leiche und befühlte kritisch deren wirres Haar.

»Würde sie nur ungern so ins Grab legen, das arme Kind«, sagte sie und schüttelte den Kopf.

Phaedre kam mir kaum älter vor als die Tote – und es spielte sowieso kaum eine Rolle, ob die Leiche wohlfrisiert beerdigt wurde. Dennoch suchte ich in meiner Tasche und zog einen kleinen Elfenbeinkamm heraus, mit dem sich Phaedre leise summend ans Werk machte.

Mr. Campbell brach auf. Ich hörte das Zaumzeug seines Gespanns knarren, und die Pferde stampften erwartungsvoll, als der Kutscher aufsaß. Mr. Campbell erblickte mich und verbeugte sich tief, den Hut in der Hand. Ich deutete meinerseits einen Knicks an und sah erleichtert zu, wie er davonfuhr.

Phaedre hatte ebenfalls in ihrer Arbeit innegehalten und sah der abfahrenden Kutsche nach.

Sie murmelte etwas und spuckte in den Staub. Sie tat es ohne erkennbare Bösartigkeit – es war eine Geste, die das Böse fernhalten sollte und die ich schon öfter beobachtet hatte. Sie blickte zu mir auf.

»Mister Jamie sollte Pollyanne besser vor Sonnenuntergang finden. Im Kiefernwald sind wilde Tiere, und Mister Ulysses sagt, die Frau hat zweihundert Pfund gekostet, als Miss Jocasta sie gekauft hat. Sie kennt den Wald nicht, die Pollyanne; sie ist erst vor einem Jahr aus Afrika gekommen.«

Ohne weiteren Kommentar beugte sie sich wieder über ihre Arbeit, und ihre Finger wanderten dunkel und wieselflink über das feine Seidenhaar der Toten.

Ich machte mich ebenfalls ans Werk und stellte mit einigem Schrecken fest, dass das Netz der Umstände, das Jamie umgab, mich ebenfalls erfasst hatte. Ich blieb nicht unbeteiligt, wie ich gedacht hatte – das wäre nicht einmal dann möglich gewesen, wenn ich es gewollt hätte.

Phaedre hatte mir nicht deshalb geholfen, Pollyanne zu finden, weil sie mir vertraute oder mich mochte, sondern weil ich die Frau des Herrn war. Pollyanne musste gefunden und versteckt werden. Und Jamie, so dachte sie, würde Pollyanne selbstverständlich finden und verstecken, sie war schließlich sein Eigentum – oder Jocastas, aber das lief in Phaedres Augen sicher auf dasselbe hinaus.

Schließlich lag die Fremde sauber auf dem zerschlissenen Laken, das ich als Leichentuch mitgebracht hatte. Phaedre hatte ihr das Haar gekämmt und geflochten, und nun ergriff ich das große Steingutgefäß mit den Kräutern. Ich hatte sie aus Gewohnheit wie auch aus gutem Grund mitgebracht, und jetzt war ich froh darum – nicht so sehr, weil ich sie gegen den Verwesungsprozess brauchte, sondern weil sie den einzigen – und notwendigen – Hauch einer Zeremonie beisteuerten.

Es war schwer, diesen stinkenden Klumpen mit der kleinen Hand in Verbindung zu bringen, die sich an die meine geklammert hatte, mit dem furchtsamen Flüstern, das »sagt …« in die erdrückende Dunkelheit gehaucht hatte. Und dennoch war die Erinnerung an sie, an ihr letztes Lebensblut, das sich heiß über meine Hand ergoss, in meinen Gedanken lebendiger als dieser Anblick ihrer leeren Hülle, die nackt in den Händen von Fremden lag.

Der nächste Priester wohnte in Halifax, daher würde sie ohne Zeremonie beerdigt werden – doch was hätten ihr die Riten genützt? Beerdigungsrituale dienen den Hinterbliebenen zum Trost. Es war unwahrscheinlich, dass sie jemanden hinterlassen hatte, der um sie trauern würde, dachte ich, denn hätte ihr jemand nahegestanden – Familie, Ehemann, selbst ein Liebhaber –, dann wäre sie jetzt wahrscheinlich nicht tot.

Ich hatte sie nicht gekannt, sie würde mir nicht fehlen – doch ich trauerte um sie, um sie und ihr Kind. Und so kniete ich mich mehr um meinet- als um ihretwillen neben sie und verstreute meine Kräuter: duftend und bitter, Gartenraute und Ysopblüten, Rosmarin, Thymian und Lavendel. Ein Strauß der Lebenden für die Tote – ein kleines Zeichen der Erinnerung.

Phaedre sah kniend zu und schwieg. Dann streckte sie die Hand aus und legte dem toten Mädchen das Leichentuch sanft über das Gesicht. Jamie war ebenfalls gekommen, um zuzusehen. Wortlos bückte er sich, hob sie auf und trug sie zum Wagen.

Er sagte nichts, bis ich eingestiegen war und mich neben ihn gesetzt hatte. Er ließ die Zügel auf die Pferderücken klatschen und schnalzte mit der Zunge.

»Dann wollen wir mal den Sergeanten suchen«, sagte er.

Natürlich mussten wir uns zuerst um ein paar andere Dinge kümmern. Wir kehrten nach River Run zurück, um Phaedre zurückzubringen. Jamie verschwand, um Duncan zu suchen und seine schmutzige Kleidung zu wechseln, während ich nach meinem Patienten sah und Jocasta mit den Ereignissen des Morgens vertraut machte.

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