Ich hätte mir bei beiden die Mühe sparen können: Farquard Campbell saß im Frühstückszimmer und schlürfte Tee mit Jocasta, John Myers lag der Länge nach auf der grünen Chaiselongue ausgestreckt, ein Cameronplaid um seine Lenden geschlungen, und kaute fröhlich ein Brötchen. Der ungewohnten Sauberkeit seiner nackten Beine und Füße nach zu urteilen, die aus der Tartandecke ragten, hatte sich jemand in der Nacht zuvor den Zustand seiner vorübergehenden Bewusstlosigkeit zunutze gemacht und ihm ein Bad verabreicht.
»Meine Liebe.« Beim Klang meiner Schritte wandte Jocasta den Kopf und lächelte, obwohl ich Sorgenfalten zwischen ihren Augenbrauen sah. »Setz dich, Kind, und nimm etwas zu dir; du hast sicher letzte Nacht nicht geschlafen – und wie es scheint, hattest du einen furchtbaren Morgen.«
Normalerweise hätte ich es entweder amüsant oder beleidigend gefunden, wenn mich jemand »Kind« nannte; unter den gegenwärtigen Umständen war es seltsam beruhigend. Ich sank dankbar in einen Armsessel, ließ mir von Ulysses eine Tasse Tee einschenken und fragte mich derweil, was genau Farquard Jocasta erzählt hatte – und wie viel er wusste.
»Wie geht es Euch heute Morgen?«, fragte ich meinen Patienten. Er schien sich in erstaunlich guter Verfassung zu befinden, wenn man bedachte, wie viel Alkohol er letzte Nacht konsumiert hatte. Er hatte eine gesunde Gesichtsfarbe, und wenn man nach der Menge der Krümel auf dem Teller neben ihm ging, war an seinem Appetit ebenfalls nichts auszusetzen.
Er nickte mir herzlich zu, während seine Kiefer geräuschvoll kauten, und schluckte dann etwas mühsam.
»Erstaunlich gut, Ma’am, besten Dank. Bisschen wund am Allerwertesten« – er klopfte sich sachte auf die betreffende Stelle –, »aber ich hab noch nie eine schönere Naht gesehen. Mr. Ulysses war so freundlich, mir einen Spiegel zu besorgen«, erklärte er. Er schüttelte den Kopf mit einiger Ehrfurcht.
»Hab noch nie meinen eigenen Hintern gesehen – bei all den Haaren, die ich da habe, könnte man meinen, dass mein Papa ein Bär war!«
Er lachte herzhaft, und Farquard Campbell verbarg ein Lächeln in seiner Teetasse. Ulysses wandte sich mit dem Tablett ab, doch ich sah seine Mundwinkel zucken.
Jocasta lachte laut auf, und die Belustigung umgab ihre blinden Augen mit Fältchen.
»Man sagt, das Kind, das seinen Vater kennt, muss schlau sein, John Quincy. Aber ich habe deine Mutter gut gekannt, und ich würde sagen, es ist ziemlich unwahrscheinlich.«
»Tja, meiner Mama haben die haarigen Männer gefallen. Hat gemeint, die wären so gemütlich in kalten Winternächten.« Er blinzelte in seinen offenen Hemdkragen und betrachtete das Gestrüpp, das dort zum Vorschein kam, mit einiger Genugtuung. »Könnte schon sein. Den Indianermädchen scheint es zu gefallen – obwohl es vielleicht nur der Reiz des Neuen ist, wenn man es recht bedenkt. Ihre eigenen Männer haben kaum Pelz an den Eiern, geschweige denn am Hintern.«
Mr. Campbell bekam einen Krümel in den falschen Hals und hustete heftig in seine Serviette. Ich lächelte vor mich hin und nahm einen großen Schluck Tee. Es war eine starke, duftende indische Mischung, und ich genoss ihn trotz der drückenden Vormittagshitze. Mir brach der Schweiß aus, als ich trank, doch die Wärme ließ sich beruhigend in meinem aufgewühlten Magen nieder, und der Duft des Tees vertrieb den Gestank von Blut und Exkret aus meiner Nase, wie auch die fröhliche Unterhaltung die morbiden Bilder des Morgens aus meinen Gedanken verbannte.
Ich warf einen sehnsüchtigen Blick auf den Teppich vor dem Kamin. Ich fühlte mich, als könnte ich mich friedlich dort hinlegen und eine Woche lang schlafen. Doch es gab keine Rast für die Mühseligen.
Jamie kam herein, frisch rasiert und gekämmt und mit einem nüchternen Rock und einem sauberen Hemd bekleidet. Er nickte Farquard ohne erkennbare Überraschung zu; er musste seine Stimme vom Flur aus gehört haben.
»Tante Jocasta.« Er bückte sich und küsste Jocasta zum Gruß die Wange, dann lächelte er Myers zu.
»Wie geht’s Euch denn,
»Alles bestens«, versicherte ihm Myers. Er legte abschätzend eine Hand zwischen seine Beine. »Aber ich warte lieber noch ein oder zwei Tage, bevor ich wieder auf ein Pferd steige.«
»Das würde ich auch«, versicherte Jamie ihm. Er wandte sich wieder an Jocasta. »Hast du Duncan heute Morgen schon gesehen, Tante Jocasta?«
»Oh, aye. Er macht für mich eine kleine Besorgung, er und der Junge.« Sie lächelte und streckte ihre Hand nach ihm aus; ich sah, wie sie ihre Finger fest um sein Handgelenk legte.
»So ein wunderbarer Mann, dieser Mr. Innes. So hilfsbereit. Und so verständig und intelligent; wirklich ein Vergnügen, sich mit ihm zu unterhalten. Findest du nicht auch, Neffe?«
Jamie warf ihr einen seltsamen Blick zu, dann sah er Farquard Campbell an. Der ältere Mann wich seinem Blick aus und schlürfte seinen Tee, während er vorgab, das große Gemälde über dem Kamin zu studieren.