»Na, dann hoffe ich nur, dass ich dich nicht zu ewiger Verdammnis verurteilt habe, indem ich dich zu der Messe mitgenommen habe. Glauben Presbyterianer überhaupt an die Hölle?«
»Oh, das tun wir«, versicherte er ihr. »So fest wie an den Himmel, wenn nicht fester.«
Hier am Fluss war es noch nebliger. Roger war froh, dass sie nicht gefahren waren, man konnte in der dichten, weißen Suppe kaum weiter als vielleicht anderthalb Meter sehen.
Sie gingen Arm in Arm am Ness entlang; ihre Schritte klangen gedämpft. In den Nebel gehüllt, hätte die unsichtbare Stadt, die sie umgab, genauso gut nicht vorhanden sein können. Sie hatten die anderen Kirchgänger hinter sich gelassen, sie waren allein.
Jetzt, wo die Wärme und Sicherheit, die er in der Kirche gespürt hatte, von ihm abgefallen waren, fühlte sich Roger seltsam bloßgestellt, unterkühlt und verwundbar. Nur die Nerven, dachte er und umfasste Briannas Arm fester.
Der Moment war gekommen. Er holte tief Luft, und kühler Nebel füllte ihm die Brust.
»Brianna.« Er zog sie am Arm, so dass sie ihn ansah, noch bevor sie stehen geblieben war, und ihr Haar schwang dabei langsam durch den gedämpften Lichtbogen der Straßenlaterne.
Ein feiner Nebel aus Wassertröpfchen glitzerte auf ihrer Haut, glühte wie Perlen und Diamanten in ihrem Haar, und durch das Futter ihrer Jacke spürte er in der Erinnerung ihre bloße Haut, nebelkühl unter seinen Fingern, körperheiß in seiner Hand.
Ihre Augen waren so groß und dunkel wie ein schottischer See, unter dessen Wellen sich Geheimnisse bewegten, halb gesehen, halb gespürt. Ein
Plötzlich hatte er Angst, nicht um sich selbst, sondern um sie; als könnte etwas aus dieser Wasserwelt auftauchen, um sie zurückzureißen, fort von ihm. Er nahm ihre Hand, als wollte er sie zurückhalten. Ihre Finger waren kalt und feucht.
»Ich will dich, Brianna«, sagte er leise. »Ich kann es nicht deutlicher ausdrücken. Ich liebe dich. Willst du mich heiraten?«
Sie sagte nichts, doch ihr Gesicht veränderte sich – wie Wasser, wenn man einen Stein hineinwirft. Er sah es so klar wie sein Spiegelbild in einem Bergsee.
»Du wolltest nicht, dass ich das sage.« Der Nebel hatte sich auf seine Brust gesenkt; er atmete Eis ein, und Kristallnadeln durchbohrten Herz und Lungen. »Du wolltest es nicht hören, oder?«
Wortlos schüttelte sie den Kopf.
»Aye. Gut.« Mühsam ließ er ihre Hand los. »Schon gut«, sagte er, überrascht über den ruhigen Klang seiner Stimme. »Mach dir nur keine Gedanken darüber, aye?«
Er wandte sich zum Gehen, als ihre Hand auf seinem Ärmel ihn aufhielt.
»Roger.«
Es kostete ihn große Mühe, sich umzudrehen und ihr ins Gesicht zu sehen; er verspürte keinen Wunsch nach leeren Tröstungen, kein Bedürfnis zu hören, wie sie ihm halbherzig anbot, »Freunde zu bleiben«. Er glaubte nicht einmal, dass er es ertragen konnte, sie anzusehen, so niederschmetternd war das Gefühl des Verlustes. Doch er drehte sich dennoch um, und dann war sie plötzlich bei ihm, ihre Hände kalt auf seinen Ohren, als sie seinen Kopf nahm und ihren Mund fest auf den seinen presste, weniger ein Kuss als blindes Wüten, ungeschickt und verzweifelt.
Er ergriff ihre Hände, zog sie herab und schob Brianna weg.
»Himmel, was ist das für ein Spiel?« Wut war besser als Leere, und er schrie sie auf der verlassenen Straße an.
»Es ist kein Spiel. Du hast gesagt, du willst mich.« Sie schluckte Luft. »Ich will dich auch, weißt du das nicht? Habe ich das heute Nachmittag im Flur nicht gesagt?«
»Ich glaube, es gehört zu haben.« Er starrte sie an. »Was zum Teufel meinst du?«
»Ich meine – ich meine, ich will mit dir schlafen«, platzte sie heraus.
»Aber du willst mich nicht heiraten?«
Sie schüttelte den Kopf, weiß wie ein Laken. Irgendetwas zwischen Übelkeit und Wut regte sich in seinem Inneren und brach dann hervor.
»Du willst mich also nicht heiraten, aber du willst mit mir bumsen? Wie kannst du so etwas sagen?«
»Sprich nicht so vulgär mit mir!«
»Vulgär? Du kannst so etwas vorschlagen, aber ich darf es nicht beim Namen nennen? Ich bin noch nie so beleidigt worden, nie!«
Sie zitterte, und die Nässe klebte ihr Haarsträhnen ins Gesicht.
»Ich wollte dich nicht beleidigen. Ich habe gedacht, du wolltest – wolltest –«
Er packte ihre Arme und riss sie an sich.
»Wenn ich dich nur hätte bumsen wollen, hätte ich dich letzten Sommer ein Dutzend Mal flachlegen können.«
»Den Teufel hättest du!« Sie riss ihren Arm los und schlug ihn fest auf das Kinn. Er war überrascht.
Er grabschte nach ihrer Hand, zog sie an sich und küsste sie, sehr viel heftiger und sehr viel länger als jemals zuvor. Sie war groß und kräftig und wütend – doch er war größer, kräftiger und noch viel wütender. Sie trat um sich und wehrte sich, und er küsste sie, bis er zufrieden war und zum Aufhören bereit.