»O ja, das hätte ich«, sagte er und schnappte nach Luft, als er sie losließ. Er wischte sich über den Mund und trat zitternd zurück. An seiner Hand war Blut; sie hatte ihn gebissen, und er hatte nichts davon gemerkt.
Sie zitterte ebenfalls. Ihr Gesicht war weiß, die Lippen so fest zusammengepresst, dass in ihrem Gesicht nur die dunklen, flammenden Augen zu sehen waren.
»Habe ich aber nicht«, sagte er und atmete langsamer. »Das war es nicht, was ich wollte, und ich will es auch jetzt nicht.« Er wischte sich die blutige Hand an seinem Hemd ab. »Aber wenn dir nicht genug an mir liegt, um mich zu heiraten, dann liegt mir auch nicht genug an dir, um mit dir ins Bett zu gehen!«
»Aber mir liegt etwas an dir.«
»Quatsch.«
»Mir liegt zu viel an dir, um dich zu heiraten, du verdammter Mistkerl.«
»Denn wenn ich dich heirate – wenn ich irgendjemanden heirate –, ist es für immer, verstehst du mich? Wenn ich so etwas verspreche, dann werde ich es auch halten, egal, was es mich kostet!«
Tränen liefen ihr über das Gesicht. Er kramte in seiner Jacke nach einem Taschentuch und gab es ihr.
»Putz dir die Nase, wisch dir das Gesicht ab und dann sag mir, wovon in Teufels Namen du eigentlich redest, aye?«
Sie tat, was er ihr sagte, und strich sich schluchzend das feuchte Haar aus dem Gesicht. Ihr alberner kleiner Schleier war heruntergerutscht; er hing nur noch an der Haarnadel. Er nahm ihn ab und zerknüllte ihn.
»Dein schottischer Akzent kommt durch, wenn du dich aufregst«, sagte sie und versuchte zaghaft zu lächeln, als sie ihm das zerknitterte Taschentuch zurückgab.
»Kein Wunder«, sagte Roger entnervt. »Jetzt sag mir, was du meinst, und sag es deutlich, sonst bringst du mich noch dazu, dass ich mit Gälisch anfange.«
»Du kannst Gälisch?« Allmählich erlangte sie ihre Selbstkontrolle wieder.
»Ja«, sagte er, »und wenn du nicht in kürzester Zeit einen ganzen Haufen Kraftausdrücke lernen willst … rede. Was denkst du dir dabei, mir ein solches Angebot zu machen – noch dazu, wo du ein gesittetes, katholisches Mädchen bist und gerade aus der Messe kommst! Ich habe gedacht, du bist eine Jungfrau.«
»Das bin ich auch! Was hat das denn damit zu tun?«
Bevor er diese empörende Bemerkung beantworten konnte, ließ sie ihr eine weitere folgen.
»Erzähl mir bloß nicht, dass du noch nichts mit anderen Mädchen gehabt hast, ich weiß es doch.«
»Aye, das stimmt! Die wollte ich aber nicht heiraten, und sie wollten mich nicht heiraten. Ich habe sie nicht geliebt, und sie haben mich nicht geliebt. Dich liebe ich aber, verdammt noch mal!«
Sie lehnte sich an den Laternenpfahl und verschränkte die Hände hinter dem Rücken. »Ich glaube, ich liebe dich auch.«
Ihm war nicht klar gewesen, dass er den Atem anhielt, bis er ausatmete.
»Ach.« Das Wasser war in seinem Haar kondensiert, und eisige Rinnsale liefen ihm den Hals hinunter. »Mmpf. Aye, und ist ›glaube‹ hier das Wort, auf das es ankommt, oder ist es ›liebe‹?«
Sie entspannte sich etwas und schluckte.
»Beides.«
Sie hielt die Hand hoch, als er ansetzte zu sprechen.
»Ich liebe dich – glaube ich. Aber – aber ich muss immer daran denken, was meiner Mutter passiert ist. Ich will nicht, dass mir das Gleiche passiert.«
»Deiner Mutter?« Auf schlichtes Erstaunen folgte ein erneuter Ausbruch der Empörung. »Was? Du denkst an diesen verfluchten Jamie Fraser? Du meinst, du kannst dich nicht mit einem langweiligen Historiker zufriedengeben – du musst eine – eine große Leidenschaft finden, wie sie sie für ihn empfunden hat, und du meinst, dass ich dir da vielleicht nicht genüge?«
»Nein! Ich denke nicht an Jamie Fraser! Ich denke an meinen Vater!« Sie schob die Hände tief in ihre Jackentaschen und schluckte heftig. Sie hatte aufgehört zu weinen, doch an ihren Wimpern hingen Tränen und klebten sie zu kleinen Stacheln zusammen.
»Es war ihr ernst, als sie ihn geheiratet hat – ich konnte es sehen auf den Bildern, die du mir gegeben hast. Sie hat gesagt: ›In guten wie in schlechten Zeiten‹ – und sie hat es auch so
Ihr Mund zuckte, während sie um Worte rang.
»Ich – ich mache ihr eigentlich keine Vorwürfe, nicht, nachdem ich darüber nachgedacht habe. Sie konnte nichts dafür, und ich – wenn sie von ihm gesprochen hat, dann konnte ich sehen, wie sehr sie ihn geliebt hat – aber verstehst du nicht, Roger? Sie hat meinen Vater auch geliebt, und es war nicht ihre Schuld – aber es hat sie dazu gebracht, ihr Wort zu brechen. Ich werde das nicht tun, um nichts in der Welt.«
Sie fuhr sich mit der Hand unter der Nase entlang, und er gab ihr schweigend das Taschentuch zurück. Sie blinzelte die Tränen zurück und sah ihn direkt an.
»Es dauert noch über ein Jahr, bis wir zusammen sein können. Du kannst nicht aus Oxford weg, und ich kann nicht aus Boston weg, solange ich meinen Abschluss nicht habe.«
Er wollte sagen, dass er kündigen könnte, dass sie ihre Ausbildung abbrechen könnte – doch er schwieg. Sie hatte recht, keiner von ihnen wäre mit einer solchen Lösung glücklich.