Читаем Outlander - Der Ruf der Trommel: Roman (Die Outlander-Saga 4) (German Edition) полностью

Ein Funke von einer uralten Flamme


Oxford


September 1970

O Gott.« Roger starrte auf das Blatt, das vor ihm lag, bis die Buchstaben ihre Bedeutung verloren und nur noch Schnörkel waren. Doch keine optische Täuschung der Welt konnte die Bedeutung der Worte selbst ausradieren, und diese waren ihm bereits ins Hirn eingraviert.

»O Gott, nein!«, sagte er laut. Verärgert über den Lärm, fuhr das Mädchen in der nächsten Lesenische auf, und die Beine ihres Stuhls schabten über den Boden.

Er beugte sich über das Buch, verdeckte es mit den Unterarmen und schloss die Augen. Ihm war übel, und seine Handflächen waren kalt und verschwitzt.

Einige Minuten lang saß er so da und kämpfte gegen die Wahrheit an. Doch sie würde nicht verschwinden. Himmel, es war bereits geschehen, oder? Vor langer Zeit. Und man konnte die Vergangenheit nicht ändern.

Schließlich schluckte er den Gallengeschmack in seiner Kehle hinunter und sah noch einmal hin. Sie war immer noch da. Eine kurze Zeitungsnotiz, erschienen am 13. Februar 1776 in der amerikanischen Kolonie North Carolina in der Stadt Wilmington.

Mit Trauer nehmen wir die Nachricht vom Tod James MacKenzie Frasers und seiner Gattin Claire Fraser bei einer Feuersbrunst zur Kenntnis, die in der Nacht des 21sten Januar ihr Haus in der Siedlung Fraser’s Ridge zerstörte. Mr. Fraser, ein Neffe des verstorbenen Hector Cameron, Besitzer der Plantage River Run, wurde in Broch Tuarach in Schottland geboren. Er war in der Kolonie gut bekannt und hoch angesehen; er hinterlässt keine Kinder.

Nur, dass er doch eins hinterließ.

Roger klammerte sich für einen Augenblick an die vage Hoffnung, dass sie es nicht waren; es gab schließlich jede Menge James Frasers, es war ein ziemlich gebräuchlicher Name. Aber nicht James MacKenzie Fraser, nicht mit einer Frau namens Claire. Nicht geboren in Broch Tuarach, Schottland.

Nein, sie waren es; die erdrückende Gewissheit erfüllte seine Brust und schnürte ihm vor Schmerz die Kehle zu. Seine Augen brannten, und das verschnörkelte Schriftbild aus dem achtzehnten Jahrhundert verschwamm erneut.

Also hatte Claire ihn gefunden. Sie hatte ihren tapferen Highlander gefunden und ein paar letzte Jahre mit ihm genossen. Er hoffte, dass es gute Jahre gewesen waren. Er hatte Claire Randall sehr gemocht – nein, das wurde ihr nicht gerecht. Wenn er ehrlich war, so hatte er sie geliebt, und zwar genauso um ihrer selbst wie um ihrer Tochter willen.

Mehr als das. Er hatte ihr von ganzem Herzen gewünscht, dass sie James Fraser fände, dass sie glücklich und zufrieden bis an ihr Ende mit ihm zusammenlebte. Das Wissen – oder genauer gesagt, die Hoffnung –, dass ihr das gelungen war, war für ihn ein kleiner Talisman gewesen, Zeugnis dafür, dass dauerhafte Liebe möglich war, eine Liebe, die stark genug war, um Trennung und Not zu überstehen, stark genug, die Zeit zu überdauern. Und doch waren alle Menschen sterblich; keine Liebe konnte diese Tatsache überdauern.

Er packte die Tischkante und versuchte, sich unter Kontrolle zu bekommen. Verrückt, sagte er sich. Durch und durch verrückt. Und doch fühlte er den gleichen Schmerz wie beim Tod des Reverends; als wäre er selber frisch verwaist.

Die Erkenntnis traf ihn wie ein weiterer Schlag. Das hier konnte er Brianna nicht zeigen, er konnte es nicht. Sie war sich natürlich über das Risiko im Klaren gewesen, aber – nein. Mit so etwas hatte sie sicher nicht gerechnet.

Es war purer Zufall gewesen, der ihn mit der Nase darauf gestoßen hatte. Er war auf der Suche nach Texten alter Balladen gewesen, die er seinem Repertoire hinzufügen konnte, und hatte ein Buch mit Country-Songs durchgeblättert. Eine Illustration hatte das Original der Zeitungsseite gezeigt, auf der eine der Balladen zuerst veröffentlicht worden war. Roger hatte einen Blick auf die antiken Bekanntmachungen auf derselben Seite geworfen, und dabei war ihm der Name »Fraser« ins Auge gefallen.

Der Schock ließ jetzt ein wenig nach, doch in seiner Magengrube hatte sich die Trauer niedergelassen und plagte ihn wie ein schmerzendes Geschwür.

Er war ein Wissenschaftler und der Sohn eines Wissenschaftlers; er war mit Büchern aufgewachsen, und seit frühester Kindheit hatte man ihm eingeimpft, dass das gedruckte Wort heilig war. Er kam sich wie ein Mörder vor, als er nach seinem Taschenmesser griff, sich umsah, um sicherzugehen, dass er unbeobachtet war, und das Messer verstohlen aufklappte.

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