Читаем Outlander - Der Ruf der Trommel: Roman (Die Outlander-Saga 4) (German Edition) полностью

»Hier fühlt sich alles so anders an«, sagte sie und strich sich eine Strähne des weichen, roten Haars zurück, dessen Flammen ihn mehr erwärmten als die Sonne. Sie erwiderte seinen Blick und lächelte. »Weißt du, was ich meine? Ich bin von Inverness durch den Great Glen nach Lallybroch geritten, und das war schon wild« – sie erschauerte leicht bei der Erinnerung –, »aber es war gar nichts im Vergleich hiermit.«

»Nein«, sagte er. Er wusste genau, was sie meinte; die Wildnis der Glens und der Moore war bewohnt auf eine Weise, wie es dieses Land der Wälder und rauschenden Wasser nicht war.

»Ich glaube –«, begann er, dann hielt er inne. Würde sie ihn für töricht halten? Doch sie sah zu ihm auf und erwartete, dass er es sagte. »Die Geister, die dort leben«, sagte er ein wenig befangen. »Sie sind alt, und sie sind den Anblick von Menschen seit Tausenden von Jahren gewohnt; sie kennen uns gut und scheuen sich nicht, sich zu zeigen. Was hier lebt« – er legte eine Hand auf den Stamm eines Kastanienbaums, der sich dreißig Meter über sie erhob und einen Umfang von mehr als zehn Metern hatte –, »hat so etwas wie uns noch nie gesehen.«

Sie nickte und schien nicht im mindesten überrascht zu sein.

»Aber sie sind neugierig, nicht wahr?«, sagte sie. »Manche von ihnen?« Und sie legte den Kopf zurück und blickte zu der schwindelerregenden Spirale der Äste über ihnen hoch. »Spürst du nicht dann und wann, wie sie dich beobachten?«

»Dann und wann.«

Er saß neben ihr auf dem Felsen und sah zu, wie sich das Licht ausbreitete, sich über den Rand des Berges ergoss, in der Ferne die Fälle entzündete wie Zunder, der sich an einem Funken entflammt, wie es den Nebel mit einem Perlmuttleuchten erfüllte und ihn dann wegbrannte. Gemeinsam sahen sie zu, wie sich das Tageslicht auf den Berghang senkte, und er richtete ein stilles Wort des Dankes an den Geist, der hier lebte. Selbst wenn er kein Gälisch verstand, würde er sicher trotzdem verstehen, was gemeint war.

Sie streckte ihre langen Beine aus und atmete den Morgenduft ein.

»Es hat dir eigentlich nichts ausgemacht, oder?« Ihre Stimme war leise, und sie blickte hinunter ins Tal und wich seinem Blick sorgfältig aus. »In der Höhle zu leben, bei Broch Mordha.«

»Nein«, sagte er. Die Sonne schien ihm warm auf Brust und Gesicht und erfüllte ihn mit einem Gefühl des Friedens. »Nein, es hat mir nichts ausgemacht.«

»Solange ich es nur vom Hörensagen wusste – dachte ich, es müsste furchtbar gewesen sein. Kalt und schmutzig und einsam, meine ich.« Dann sah sie ihn doch an, und der Morgenhimmel war in ihren Augen lebendig.

»Das war es auch«, sagte er mit einem kleinen Lächeln.

»Ian – Onkel Ian – hat mich hingeführt, um es mir zu zeigen.«

»Hat er das? Im Sommer sieht es gar nicht so trostlos aus, wenn der Ginster gelb ist.«

»Nein. Aber auch dann, wenn es trostlos war –« Sie zögerte.

»Nein, es hat mir nichts ausgemacht.« Er schloss die Augen und ließ sich von der Sonne die Augenlider wärmen.

Anfangs hatte er geglaubt, das Verlassensein würde ihn umbringen, doch als ihm klargeworden war, dass sie das nicht tun würde, war ihm die Einsamkeit auf dem Berg ans Herz gewachsen. Er konnte die Sonne deutlich sehen, obwohl seine Augen geschlossen waren; ein großer, roter Ball, der von Flammen umrandet war. Sah Jocasta sie so hinter ihren blinden Augen?

Sie schwiegen lange Zeit, zufrieden damit, einfach nur zu lauschen. In der Fichte neben ihnen waren ein paar kleine Vögel zugange, die kopfüber von den Zweigen hingen, die Insekten jagten, die ihre Nahrung waren, und über ihre Funde plauderten.

»Roger –«, sagte sie plötzlich, und sein Herz wurde von einem Pfeil der Eifersucht getroffen, die umso schmerzhafter war, weil sie so unerwartet kam. War es ihm nicht einmal vergönnt, sie so kurz für sich allein zu haben? Er öffnete die Augen und gab sich alle Mühe, interessiert auszusehen.

»Ich habe einmal versucht, ihm vom Alleinsein zu erzählen. Dass ich dachte, dass es vielleicht gar nicht so schlimm ist.« Sie seufzte und hatte die schweren Augenbrauen zusammengezogen. »Ich glaube nicht, dass er mich verstanden hat.«

Er machte ein unverbindliches Geräusch.

»Ich habe mir gedacht …« Sie zögerte, blickte ihn an und sah dann wieder fort. »Ich habe mir gedacht, vielleicht ist es das – warum du und Mama …« Ihre Haut war so klar, dass er das Blut darunter aufblühen sehen konnte. Sie holte tief Luft und stützte sich mit den Händen auf den Felsen.

»Sie ist auch so. Es macht ihr nichts aus, allein zu sein.«

Er sah sie an und hätte furchtbar gern gewusst, warum sie das sagte. Wie hatte Claires Leben in den Jahren ihrer Trennung ausgesehen, dass Brianna das wissen konnte? Es war wirklich so; Claire kannte den Geschmack des Alleinseins. Es war kalt wie Quellwasser, und nicht jeder konnte es trinken; manchem brachte es keine Erfrischung, sondern tödliche Kälte. Doch sie hatte tagein, tagaus mit einem Ehemann zusammengelebt; wie konnte sie da so viel Einsamkeit trinken, dass sie darüber Bescheid wusste?

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