»Eine Geburt war das Gefährlichste, auf das eine Frau sich einlassen konnte«, hatte Claire gesagt und bei den Erinnerungen an die Dinge, die sie gesehen hatte, die Stirn gerunzelt. »Infektionen, Plazentarisse, abnorme Lagen, Fehlgeburten, Blutungen, Kindbettfieber – in den meisten Gegenden waren die Aussichten, eine Geburt zu überleben, ungefähr fifty-fifty.«
Briannas Finger fühlten sich kalt an trotz der zischenden Kiefernscheite im Ofen, und ihr Heißhunger schien plötzlich verschwunden zu sein. Sie legte den Rest ihres Brötchens ins Stroh, schluckte und fühlte sich, als sei ihr ein Bissen im Hals stecken geblieben.
Die breite Hand ihres Vaters berührte ihr Knie. Sie spürte seine Wärme noch durch den Wollstoff ihres Rockes.
»Deine Mutter wird nicht zulassen, dass dir etwas zustößt«, sagte er barsch. »Sie hat schon öfter mit diesen Keimen gekämpft; ich habe es gesehen. Sie hat nicht zugelassen, dass sie mich kriegten, und sie wird auch nicht dulden, dass sie dir Schwierigkeiten machen. Sie ist ziemlich stur, weißt du?«
Sie lachte, und das Erstickungsgefühl ließ nach.
»Sie würde sagen, nur ein Sturkopf weiß, was ein Sturkopf ist.«
»Da hat sie wohl recht.« Er erhob sich und ging um die gescheckte Kuh herum, hockte sich hin und betrachtete blinzelnd ihren Schwanz. Er stand kopfschüttelnd auf, kam zurück und setzte sich wieder. Er lehnte sich bequem zurück und nahm den Rest des Brötchens, den Brianna verschmäht hatte.
»Geht es ihr gut?« Brianna bückte sich und griff nach einem Strohbüschel, das sie der Färse einladend unter die Nase hielt. Die Kuh atmete schwer auf ihre Handgelenke, ignorierte die Zuwendung aber ansonsten.
Ihre braunen Augen bewegten sich unter den langen Wimpern hin und her. Ab und zu kräuselten sich ihre vorstehenden Flanken. Ihr dickes Winterfell war struppig, glänzte aber trotzdem im Licht der Hängelaterne.
Jamie runzelte leicht die Stirn.
»Aye, vielleicht wird sie es schaffen. Aber es ist ihr erstes Kalb, und es ist zu groß für sie. Sie ist selbst noch ein Jährling; sie hätte nicht so früh trächtig werden dürfen, aber …« Er zuckte mit den Schultern und biss wieder in sein Brötchen.
Brianna wischte sich mit ihrem Rock die klebrige Feuchtigkeit von der Stirn. In plötzlicher Unruhe stand sie auf und ging zum Schweineverschlag hinüber.
Der lange, gewölbte Schweinebauch ragte wie ein aufgeblasener Ballon aus dem Heu. Unter den schütteren weißen Haaren war rosafarbene Haut zu sehen. Die Sau lag in benommener Würde da. Sie atmete langsam und tief und ignorierte das Winden und Quieken der hungrigen Brut, die an ihrer Unterseite herumwühlte. Eines der Ferkel steckte einen harten Stoß von seinem Nachbarn ein und verlor kurz seinen Halt; ein schriller Protestschrei ertönte, und ein Milchstrahl schoss aus der unvermittelt losgelassenen Zitze und zischte leise ins Heu.
Brianna spürte selbst ein leichtes Prickeln in den Brüsten; auf ihre Unterarme gestützt, kamen sie ihr auf einmal schwerer vor als sonst, während sie am Gatter lehnte.
Es war kein sonderlich ästhetisches Bild der Mutterschaft – nicht gerade die Madonna mit dem Kinde –, doch die lässige, mütterliche Trägheit der Sau hatte trotzdem etwas Beruhigendes an sich – eine Art sorgloser Zuversicht, ein blindes Vertrauen in natürliche Vorgänge.
Jamie warf noch einen Blick auf die gescheckte Kuh und stellte sich dann neben Brianna an den Schweinestall.
»Braves Mädchen«, sagte er und nickte der Sau anerkennend zu. Wie zur Antwort ließ die Sau einen langen, geräuschvollen Furz fahren, rutschte ein Stück herum und streckte sich dann mit einem wollüstigen Seufzer im Stroh aus.
»Na ja, auf jeden Fall macht sie den Eindruck, als wüsste sie, was sie tut«, stimmte Brianna zu und biss sich auf die Lippen.
»Das stimmt. Sie ist ein launisches Biest, aber eine fähige Mutter. Das ist ihr vierter Wurf, und bis jetzt hat sie noch keins verloren oder im Stich gelassen.« Er warf der gescheckten Färse einen Blick zu. »Ich hoffe, die hier macht’s nur halb so gut.«
Sie holte tief Atem.
»Und wenn nicht?«
Er antwortete nicht sofort, sondern stand über das Gatter gebeugt und sah dem Gewimmel der Ferkel zu. Dann hoben sich seine Schultern sacht.
»Wenn sie das Kalb nicht allein gebären kann und ich es nicht für sie herausziehen kann, dann werde ich sie schlachten müssen«, sagte er nüchtern. »Wenn ich das Kalb retten kann, kann ich Magdalen vielleicht dazu bringen, dass sie es annimmt.«
Ihr Inneres verkrampfte sich, und das Brot, das sie gegessen hatte, verwandelte sich in Klumpen und Knoten. Natürlich war ihr der Dolch an seinem Gürtel aufgefallen, doch er war so sehr Teil seiner Kleidung, dass sie nicht auf die Idee gekommen war, zu fragen, wozu er in dieser ländlichen Idylle diente. Das kleine runde Wesen in ihrem Bauch war ruhig und schwer wie eine tickende Zeitbombe.
Er kauerte sich neben die Färse und fuhr leicht mit der Hand über ihre gewölbte Flanke. Offensichtlich war er fürs Erste zufrieden. Er kraulte die Kuh zwischen den Ohren und brummte auf Gälisch vor sich hin.