Читаем Outlander - Der Ruf der Trommel: Roman (Die Outlander-Saga 4) (German Edition) полностью

Damit waren einige meiner Spekulationen über ihre Blindheit beantwortet, wenn auch nicht alle. Retinitis pigmentosa?, fragte ich mich mit Interesse, als ich ihr durch die großzügige Eingangshalle folgte. Oder vielleicht Netzhautdegeneration, obwohl ein Glaukom wohl am wahrscheinlichsten war. Nicht zum ersten Mal – und auch nicht zum letzten, da war ich mir sicher – umschlossen meine Finger den Griff eines imaginären Ophtalmoskops, begierig zu sehen, was für die Augen allein nicht zu sehen war.

Als wir zu den Ställen hinübergingen, stand zu meiner Überraschung eine Stute gesattelt für Jocasta bereit anstelle der Kutsche, die ich erwartet hatte. Das Talent zur Pferdebeschwörung zog sich dominant durch die Linie der MacKenzies; beim Anblick ihrer Herrin hob die Stute den Kopf und wieherte, und Jocasta, deren Gesicht vor Freude aufleuchtete, ging unverzüglich zu ihrem Pferd.

»Ciamar a tha thu?«, sagte sie und strich über die weiche, römische Nase. »Da ist ja meine Corinna. Ist sie nicht ein braves Mädchen?« Sie griff in ihre Tasche und zog einen kleinen, grünen Apfel hervor, den ihr das Pferd vorsichtig abnahm.

»Und haben sie sich um dein Knie gekümmert, mo chridhe?« Jocasta bückte sich und fuhr am Bein des Pferdes entlang bis zur Innenseite des Knies, wo sie mit sicherer Hand eine verheilende Narbe suchte und fand. »Was sagst du, Neffe? Ist sie gesund? Kann ich ihr einen Tagesritt zumuten?«

Jamie schnalzte mit der Zunge, und Corinna, die ihn unmissverständlich als jemanden erkannte, der ihre Sprache sprach, trat gehorsam einen Schritt auf ihn zu. Er warf einen Blick auf ihr Bein, nahm sie am Zügel und drängte sie mit ein paar leisen Worten auf Gälisch zum Gehen. Dann brachte er sie zum Stehen, schwang sich in den Sattel, trabte zweimal langsam um den Hof und blieb vor der wartenden Jocasta stehen.

»Aye«, sagte er beim Absteigen. »Sie ist ganz munter, Tante Jocasta. Wie hat sie sich verletzt?«

»Das war ’ne Schlange, Sir«, sagte der Stallknecht, ein junger Schwarzer, der im Hintergrund gestanden und Jamie aufmerksam beobachtet hatte.

»Doch wohl kein Schlangenbiss, oder?«, sagte ich überrascht. »Es sieht wie ein Riss aus, als wäre sie mit dem Bein irgendwo hängengeblieben.«

Er sah mich mit hochgezogenen Augenbrauen an, nickte aber respektvoll.

»Aye, Ma’am, so war’s. Vor einem Monat hab ich das Mädchen hier ein Riesengetöse machen hören, ein Getrete und Gestampfe war das, dass man hätte meinen können, der Stall breche zusammen. Als ich hingerannt bin, um nachzusehen, was los ist, hab ich eine große, tote Giftschlange blutig und zertrampelt im Stroh unter der Futterkrippe gefunden. Die Krippe in Trümmern, und unser Mädchen hat in der Ecke gestanden und gezittert, und ihr Bein hat geblutet von ’nem Splitter, an dem sie hängengeblieben war.« Er sah das Pferd mit unverhohlenem Stolz an. »Och, du bist mir mal ein tapferes Mädchen.«

»Die ›große Giftschlange‹ war keinen halben Meter lang«, sagte Jocasta mit ironischem Unterton zu mir. »Und außerdem war es nur eine einfache Grasnatter. Aber das dumme Ding hat fürchterliche Angst vor Schlangen. Kaum sieht sie eine, schon verliert sie den Kopf.« Sie nickte in Richtung des jungen Stallknechtes und lächelte. »Unser lieber Josh sieht sie auch nicht besonders gern, stimmt’s?«

Der Stallknecht grinste zurück.

»Nein, Ma’am«, sagte er. »Ich kann die Biester nicht ausstehen, nicht mehr als mein Mädchen hier.«

Ian, der dem Wortwechsel zugehört hatte, konnte seine Neugier nicht länger zügeln.

»Wo kommst du her, Mann?«, fragte er den Stallknecht und sah den jungen Mann fasziniert an.

Josh runzelte die Stirn.

»Wo ich herkomme? Wieso, nirge– oh, aye, jetzt komm ich mit. Ich bin flussaufwärts geboren, auf Mr. Burnetts Anwesen. Miss Jo hat mich vor zwei Jahren um die Osterzeit gekauft.«

»Und wir dürfen wohl annehmen, dass Mr. Burnett seinerseits höchstens einen Steinwurf von Aberdeen entfernt zur Welt gekommen ist«, sagte Jamie leise zu mir. »Aye?«

River Run war ziemlich groß und umfasste nicht nur das erstklassige Land am Fluss, sondern auch ein großes Stück des Sumpfkiefernwaldes, der ein Drittel der Kolonie bedeckte. Außerdem hatte Hector Cameron darauf geachtet, dass eins der vielen Flüsschen, die in den Cape Fear mündeten, sein Land durchfloss.

So war die Plantage also nicht nur mit den wertvollen Rohstoffen Holz, Pech und Terpentin gesegnet, sondern auch mit einem bequemen Weg, diese zum Markt zu befördern, daher war es kein Wunder, dass River Run floriert hatte, obwohl es Tabak und Indigo nur in bescheidenen Mengen produzierte – wenn mir auch die duftenden grünen Tabakfelder, durch die wir ritten, alles andere als bescheiden vorkamen.

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