»Ich hätte mich ja nie für einen Menschen gehalten, der eine Leiche belästigen würde, Sassenach.« Jamies Stimme kitzelte murmelnd die empfindliche Haut unter meinem Ohr. »Aber ich muss sagen, dass mehr an dieser Vorstellung ist, als ich dachte.«
Ich konnte noch nicht zusammenhängend genug denken, um darauf zu antworten, drückte aber meine Hüften auf eine Weise gegen ihn, die für ihn eine ebenso deutliche Einladung darzustellen schien, als ob sie in kalligraphischen Buchstaben auf Pergament verfasst gewesen wäre. Er holte tief Luft, umfasste mein Gesäß und bescherte mir ein in jeder Hinsicht rauhes Erwachen.
Ich wand mich wie ein Wurm an einem Angelhaken und stieß leise, drängende Geräusche aus, die er korrekt deutete, denn er drehte mich auf den Bauch und machte sich dann daran, keinen Zweifel daran zu lassen, dass ich nicht nur lebte und wach war, sondern auch bestens funktionierte.
Schließlich tauchte ich aus einem Nest aus flachgedrückten Kissen auf – feucht, keuchend, an jedem geschwollenen, schlüpfrigen Nervenende bebend und hellwach.
»Woher kam
»Ich kann dich nicht schlafen sehen, ohne dass ich mir wünsche, dich zu wecken, Sassenach.« Seine Hand legte sich um meine Brust, sanft jetzt. »Ich fühle mich wohl einsam ohne dich.«
Seine Stimme hatte einen merkwürdigen Unterton, und ich drehte ihm den Kopf zu, konnte ihn aber in der Dunkelheit nicht sehen. Stattdessen hob ich die Hand und legte sie auf das Bein, das noch halb um mich geschlungen war. Selbst in entspanntem Zustand war es hart, der lange, gefurchte Muskel elegant geschwungen unter meinen Fingern.
»Ich bin doch hier«, sagte ich, und er legte den Arm plötzlich fester um mich.
Ich hörte, wie er die Luft anhielt, und drückte meine Hand fester auf sein Bein.
»Was ist denn?«, fragte ich.
Er holte Luft, antwortete aber nicht sofort. Ich spürte, wie er ein Stückchen zurückwich und unter dem Kissen nach etwas suchte. Dann tauchte seine Hand wieder auf, steuerte diesmal aber die meine an, die auf seinem Bein lag. Seine Finger verschränkten sich mit den meinen, und ich spürte, wie er mir einen kleinen, rundlichen Gegenstand in die Hand drückte.
Ich hörte ihn schlucken.
Der Stein, egal was es war, fühlte sich ganz schwach warm an. Ich fuhr langsam mit dem Daumen darüber; es war ein ungeschliffener Stein, aber groß, so groß wie eines meiner Fingerglieder.
»Jamie …«, sagte ich und spürte, wie es mir die Kehle zuschnürte.
Ich lag einen Moment still und spürte, wie der Stein in meiner Handfläche wärmer wurde. Es war doch wohl nur meine Einbildung, die ihn im Rhythmus meines Herzens zu pulsieren lassen schien? Woher in aller Welt hatte er ihn?
Dann bewegte ich mich – nicht plötzlich, aber gezielt, und löste mich langsam von ihm. Ich erhob mich mit einem leisen Schwindelgefühl und durchquerte das Zimmer. Öffnete das Fenster, um die scharfe Berührung des Herbstwindes auf meiner nackten, bettwarmen Haut zu spüren, holte mit dem Arm aus und schleuderte den kleinen Gegenstand in die Nacht hinaus.
Dann kehrte ich zum Bett zurück und sah sein Haar als dunkle Masse auf dem Kissen, während seine Augen im Mondschein glänzten.
»Ich liebe dich«, flüsterte ich und glitt neben ihm unter das Laken, legte die Arme um ihn und hielt ihn fest, wärmer als der Stein – so viel wärmer –, und sein Herz schlug gemeinsam mit dem meinen.
»Ich bin nicht mehr so mutig, wie ich es einmal war, weißt du?«, sagte er leise. »Nicht mehr mutig genug, um ohne dich zu leben.«
Aber mutig genug, um es zu versuchen.
Ich zog seinen Kopf an mich und streichelte sein wirres Haar, drahtig und glatt zugleich, lebendig unter meinen Fingern.
»Leg den Kopf an meine Schulter, Mann«, sagte ich leise. »Es ist noch lange hin bis zur Dämmerung.«
Kapitel 120
Ginge es nur um mich selbst …
Der Himmel war farblos und bleiern und drohte mit Regen, und der Wind rauschte durch die Palmen und ließ ihre Wedel klappern wie Säbel. In den Tiefen des Küstenwaldes ragten die vier Steine am Ufer des Baches auf.
»Ich bin die Frau des Herrn von Balnain«, flüsterte Brianna an meiner Seite. »Wurd wieder gestohlen von den Feen.« Ihre Lippen waren kreidebleich, und sie hielt Amanda fest an ihre Brust geklammert.
Wir hatten uns verabschiedet – eigentlich, so dachte ich, schon seit dem Tag, an dem ich Amanda das Stethoskop auf das Herz gelegt hatte. Dennoch machte Brianna kehrt und warf sich Jamie mitsamt dem Baby an den Hals, und er drückte sie so fest an sein Herz, dass ich glaubte, einer von ihnen müsste zerbrechen.
Dann lief sie auf mich zu, eine Wolke aus Umhang und losem Haar, und ihr Gesicht legte sich kalt an das meine, so dass sich ihre und meine Tränen auf meiner Haut vermischten.