Читаем Outlander – Feuer und Stein: 1 (German Edition) полностью

»Ihr hättet mich sehen sollen«, sagte sie kichernd. »Ich war schrecklich gut, wenn ich das sagen darf. Voll ehelicher Sorge und weiblicher Güte, dazu ein Hauch von mütterlichem Mitleid. ›Oh, Arthur‹«, sagte sie theatralisch, »›wäre unser Ehebund so gesegnet gewesen‹ – nicht sehr wahrscheinlich, solange ich dabei mitzureden habe«, sagte sie und ließ die seelenvolle Maske fallen, um kopfnickend auf die Kräuterregale zu zeigen, »›nun, wie würdest du dich fühlen, Liebster, würde man unseren Sohn so ergreifen? Gewiss war es doch nur Hunger, der den Jungen zum Diebstahl getrieben hat. Oh, Arthur, bringst du es denn nicht über dich, Gnade walten zu lassen – du, die Gerechtigkeit in Person?‹« Sie ließ sich lachend auf einen Hocker plumpsen und klopfte sich auf die Schenkel. »Wie schade, dass es hier keine Theaterbühne gibt!«

Der Ton der Menge im Freien hatte sich verändert, und ich ignorierte Geilies Eigenlob, um zum Fenster zu gehen und nachzusehen, was geschah.

Die Menschen traten beiseite, und der Gerberbursche kam langsam zwischen Priester und Richter heraus. Arthur Duncan verneigte sich mit wohlwollend geschwellter Brust vor den prominenteren Mitgliedern der Versammlung. Vater Bain dagegen erinnerte mit seinem verbitterten braunen Gesicht an eine mürrische Kartoffel.

Die kleine Prozession begab sich zur Mitte des Dorfplatzes, wo ihnen der Dorfschulze, ein gewisser John MacRae, aus der Menge entgegentrat. Dieser war seinem Amt entsprechend mit nüchterner Eleganz gekleidet und trug eine dunkle Hose, einen dunklen Rock und einen grauen Samthut (momentan abgesetzt und liebevoll unter seinem Rockschoß vor dem Regen geschützt). Er war nicht, wie ich zunächst angenommen hatte, der Gefängniswärter des Dorfes, obwohl er im Notfall auch dieses Amt bekleidete. Er versah vor allem die Dienstpflichten des Constablers, des Zöllners und nötigenfalls des Henkers; sein Lohn für diese Dienste bestand in einem Anteil an jedem Sack Getreide, der auf dem Donnerstagsmarkt verkauft wurde.

All dies hatte ich von ihm selbst erfahren. Er war vor ein paar Tagen in der Burg gewesen, um zu fragen, ob ich einen hartnäckigen Abszess an seinem Daumen behandeln könnte. Ich hatte diesen mit einer sterilen Nadel geöffnet und eine Kompresse mit Pappelknospensalbe aufgelegt. Dabei hatte ich MacRae als schüchternen, zurückhaltenden Mann mit einem freundlichen Lächeln kennengelernt.

Jetzt jedoch war von diesem Lächeln nichts festzustellen; MacRaes Miene war angemessen streng. Der Junge sah blass und verängstigt aus, bewegte sich aber nicht, als Arthur Duncan, Fiskalprokurator der Gemeinde Cranesmuir, seinen rundlichen Körper zu einer Art würdevoller Position aufrichtete und sich anschickte, das Strafmaß zu verkünden.

»Der Dummkopf hatte schon gestanden, als ich ins Zimmer gekommen bin«, sagte eine Stimme an meinem Ohr. Geilie blickte mir neugierig über die Schulter. »Ich konnte ihn nicht ganz frei bekommen. Aber er kommt davon, so gut es ging; nur eine Stunde am Pranger und ein festgenageltes Ohr.«

»Ein festgenageltes Ohr! Und woran?«

»Nun, am Pranger natürlich.« Sie warf mir einen seltsamen Blick zu, wandte sich dann aber wieder dem Fenster zu, um der Ausführung dieser ach so milden Strafe zuzusehen, die ihrer huldvollen Einmischung zu verdanken war.

Das Gedränge rings um den Pranger war so dicht, dass nur wenig von dem Missetäter zu sehen war, doch dann wich die Menge ein wenig zurück, damit der Dorfschulze Platz hatte, um das Ohr anzunageln. Der Junge, der kreidebleich und klein aus dem Pranger hervorlugte, hatte beide Augen fest geschlossen und schlotterte vor Angst. Er stieß einen schrillen Aufschrei aus, als der Nagel eingeschlagen wurde. Ich hörte ihn durch das Fenster, und mich schauderte.

Danach machten wir uns wieder an die Arbeit, genau wie die meisten der Zuschauer auf dem Platz, doch ich musste einfach hin und wieder aufstehen und einen Blick aus dem Fenster werfen. Einige Passanten blieben stehen, um das Opfer zu verspotten und es mit Erdklumpen zu bewerfen, und hin und wieder war ein ernsterer Bürger zu sehen, der eine kurze Pause in seinem Tagewerk einlegte, um sich der moralischen Besserung des Delinquenten zu widmen und ihn mit einigen wohlüberlegten Ratschlägen zurechtzuweisen.

Wir saßen unten im Salon und tranken Tee, als ein Klopfen an der Tür das Eintreffen eines Besuchers verkündete. Es war mittlerweile so dunkel vom Regen, dass man kaum sagen konnte, wo die Sonne stand. Doch im Haus der Duncans gab es eine Uhr, ein großartiges Konstrukt aus Walnussholz mit einem Messingpendel, auf deren Ziffernblatt die Stunden von Cherubinen gezählt wurden. Dieses Instrument zeigte auf halb sieben.

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