Am nächsten Tag gab es für mich keinen Ernteausflug. Nicht weil man mir befohlen hatte, in der Burg zu bleiben, sondern weil unter deren Bewohnern eine plötzliche Häufung von Lebensmittelvergiftungen ausbrach, die meiner Aufmerksamkeit als Heilerin bedurfte. Nachdem ich für die Betroffenen getan hatte, was ich konnte, machte ich mich daran, das Übel zur Wurzel zu verfolgen.
Es stellte sich heraus, dass es ein verdorbenes Rind aus dem Räucherhaus war. Dort stand ich am nächsten Tag und war gerade dabei, dem Aufseher meine Meinung darüber zu sagen, wie man Fleisch konserviert, als hinter mir die Tür zur Räucherkammer aufschwang und ich in eine dichte Wolke aus erstickendem Rauch gehüllt wurde.
Als ich mich mit tränenden Augen umdrehte, sah ich Dougal MacKenzie in den Eichenholzrauchschwaden stehen.
»Jetzt habt Ihr wohl schon die Aufsicht über das Krankenzimmer und über die Metzgerei, wie, Mistress?«, fragte er spottend. »Bald habt Ihr die ganze Burg unter Eurer Fuchtel, und Mrs. Fitz kann sich ein anderes Auskommen suchen.«
»Ich habe keinerlei Bedürfnis, nur das Geringste mit Eurer stinkenden Burg zu tun zu haben«, fuhr ich ihn an. Ich wischte mir mit dem Taschentuch das Wasser aus den Augen, und als ich das Tuch betrachtete, hatte es schwarze Streifen. »Alles, was ich will, ist hier fortzukommen – und zwar so schnell wie möglich.«
Immer noch grinsend neigte er höflich den Kopf. »Nun, vielleicht bin ich in der Lage, Euch diesen Wunsch zu gewähren, Mistress«, sagte er. »Zumindest vorübergehend.«
Ich ließ das Taschentuch sinken und starrte ihn an. »Wie meint Ihr das?«
Er hustete und wedelte sich den Rauch aus dem Gesicht, der jetzt in seine Richtung strömte. Wortlos zog er mich aus dem Räucherhaus und wandte sich dem Stall zu.
»Ihr habt gestern zu Colum gesagt, dass Ihr Ziest und ein paar andere Kräuter braucht?«
»Ja, für die Leute mit den Magenschmerzen. Warum?«, fragte ich immer noch argwöhnisch.
Er zuckte gelassen mit den Achseln. »Nun, ich bin auf dem Weg zum Schmied ins Dorf und nehme drei Pferde zum Beschlagen mit. Die Frau des Fiskalprokurators ist eine Kräuterfrau, und sie hat immer Vorräte. Sie hat gewiss, was Ihr braucht. Wenn Ihr also möchtet, könnt Ihr gern eins der Pferde reiten und mich ins Dorf begleiten.«
»Die Frau des Fiskalprokurators? Mrs. Duncan?« Meine Laune besserte sich schlagartig. Die Aussicht, der Burg zu entrinnen, wenn auch nur für kurze Zeit, war unwiderstehlich.
Ich wischte mir hastig das Gesicht sauber und steckte das schmutzige Taschentuch ein.
»Gehen wir«, sagte ich.
Ich genoss den kurzen Ritt den Hügel hinunter nach Cranesmuir, obwohl der Tag finster und verhangen war. Dougal selbst war bester Laune und plauderte und scherzte auf dem ganzen Weg.
Wir hielten zuerst bei der Schmiede, wo er die drei Pferde zum Beschlagen zurückließ. Ich nahm hinter ihm im Sattel Platz, um über die High Street zum Haus der Duncans zu reiten. Dieses war ein eindrucksvolles, dreistöckiges Fachwerkhaus mit eleganten, bleiverglasten Fenstern in den unteren beiden Stockwerken, deren rautenförmige Scheiben in blassem Rot und Grün eingefärbt waren.
Geillis begrüßte uns, hocherfreut, an solch einem trostlosen Tag Gesellschaft zu bekommen.
»Wie großartig!«, rief sie aus. »Ich suche schon lange nach einer Ausrede, um die Kräuterkammer aufzuräumen. Anne!«
Eine kurz gewachsene Frau in den mittleren Jahren, deren Gesicht wie ein verschrumpelter Apfel aussah, kam aus einer Tür, die ich gar nicht bemerkt hatte, da sie in der Rundung des Schornsteins verborgen war.
»Bring Mistress Claire hinauf in die Kräuterkammer«, befahl Geilie, »und dann hol uns einen Eimer Quellwasser. Aber aus der Quelle, nicht aus dem Dorfbrunnen!« Sie wandte sich Dougal zu. »Ich habe das Tonikum, das ich Eurem Bruder versprochen habe. Wenn Ihr kurz mit mir in die Küche kommen würdet?«
Ich folgte dem kürbisförmigen Hinterteil der Dienstmagd eine schmale, steile Holztreppe hinauf, die unerwartet auf einen länglichen, luftigen Dachboden führte. Anders als der Rest des Hauses hatte dieses Zimmer Flügelfenster, die zwar jetzt zum Schutz gegen die Nässe geschlossen waren, aber immer noch viel mehr Licht spendeten, als es unten im Salon mit seinem modischen Zwielicht herrschte.
Man konnte sehen, dass Geillis wusste, wie man mit Kräutern umging. Das Zimmer war mit langen, gazebespannten Trockenrahmen ausgestattet. Über der kleinen Feuerstelle hingen Haken zur Hitzetrocknung, und an den Wänden waren Regale angebracht, in deren Borde Löcher zur Belüftung gebohrt waren. Es roch wunderbar würzig nach trocknendem Basilikum, nach Rosmarin und Lavendel. An einer Seite des Zimmers lief eine überraschend moderne, lange Arbeitsfläche entlang, darauf eine Ansammlung von Mörsern, Stößeln, Schüsseln und Löffeln, die alle makellos sauber waren.
Es dauerte eine Weile, bis Geillis auftauchte, rot vom Treppensteigen, aber mit einem Lächeln der Vorfreude auf einen langen Nachmittag bei Kräutern und Tratsch.