Читаем Outlander – Feuer und Stein: 1 (German Edition) полностью

Es begann leicht zu regnen, und Tropfen besprenkelten die hohen Fenster, doch im Kamin brannte ein kleines Feuer, und es war sehr gemütlich. Ich genoss Geilies Gesellschaft sehr; sie hatte eine ironische, zynische Lebenseinstellung, die in erfrischendem Kontrast zu den freundlichen, schüchternen Frauen in der Burg stand, und für eine Frau aus einem kleinen Dorf war sie sehr gebildet.

Außerdem kannte sie jeden Skandal, der sich in den letzten zehn Jahren entweder im Dorf oder in der Burg zugetragen hatte, und sie erzählte mir endlose, amüsante Geschichten. Merkwürdigerweise stellte sie mir kaum Fragen über mich selbst. Das war vermutlich nicht ihre Art; aber sie würde sowieso über andere herausfinden, was sie wissen wollte.

Mir war schon seit einiger Zeit bewusst, dass draußen von der Straße Geräusche kamen, doch ich hatte gedacht, es wären vielleicht Dorfbewohner, die aus der Messe kamen. Die kleine Kirche stand am Ende der Straße neben dem Brunnen, und die High Street lief von der Kirche zum Dorfplatz und breitete sich von dort in einen Fächer aus kleinen Sträßchen und Gassen aus.

Ich hatte mich auf dem Weg zum Schmied damit amüsiert, dass ich mir das Dorf von oben wie eine Skizze des Unterarmskeletts und der Hand vorstellte; die High Street, an der die Geschäfte und die Wohnhäuser der besseren Gesellschaft lagen, war die Speiche. St. Margaret’s Lane war die Elle, eine schmalere Straße, die parallel zur High Street verlief und die Schmiede, die Gerberei und die weniger feinen Handwerke beherbergte. Der Dorfplatz bildete die Handwurzel- und die Mittelhandknochen, und die Gassen mit den kleinen Häusern waren die Fingerglieder.

Das Haus der Duncans stand am Dorfplatz, wie es sich für das Haus des Fiskalprokurators gehörte. Dies war nicht nur angemessen, sondern auch praktisch; der Platz konnte für Rechtsangelegenheiten benutzt werden, die aus öffentlichem Interesse oder aus juristischer Notwendigkeit zu bedeutend für Arthur Duncans kleine Amtsstube waren. Und er beherbergte, wie Dougal mir erklärt hatte, den Pranger, ein simples Holzkonstrukt, das mitten auf dem Platz auf einem kleinen Steinpodest stand, gleich neben dem hölzernen Pfosten, den man – sparsam und zweckdienlich – zum Auspeitschen, als Maibaum, als Fahnenmast und zum Anbinden von Pferden benutzen konnte, je nachdem, was gerade anstand.

Der Lärm draußen war jetzt lauter geworden und um einiges turbulenter, als es für Menschen angemessen schien, die sittsam auf dem Heimweg von der Kirche waren. Geillis schob mit einem ungeduldigen Ausruf ihre Glasgefäße beiseite und riss das Fenster auf, um zu sehen, was die Ursache für den Aufruhr war.

Ich trat zu ihr ans Fenster und sah eine Menschenmenge im Sonntagsstaat, die von der untersetzten Gestalt Vater Bains angeführt wurde, des Priesters, der sowohl für das Dorf als auch für die Burg zuständig war. Dieser hatte einen Jungen von etwa zwölf Jahren im Schlepptau, der anhand seiner zerlumpten Hose und seines fleckigen Hemds als Gerberbursche zu erkennen war. Der Priester hielt den Jungen im Nacken gepackt, was ihm durch die Tatsache erschwert wurde, dass der Junge ein Stück größer war als sein zwergenhafter Häscher. Die Menge folgte den beiden in geringem Abstand, und ihr missbilligendes Grollen dröhnte wie Donner im Gefolge eines Blitzes.

Wir sahen von oben zu, wie Vater Bain und der Junge unter uns im Haus verschwanden. Die Menge blieb draußen und trat murmelnd von einem Bein auf das andere. Einige mutigere Seelen stützten sich mit dem Kinn auf die Fensterbänke und versuchten, ins Haus zu schauen.

Geilie schlug das Fenster zu, und das erwartungsvolle Gemurmel verstummte einen Moment.

»Hat vermutlich gestohlen«, sagte sie lakonisch und kehrte an den Tisch mit den Kräutern zurück. »Das ist es bei den Gerberjungen meistens.«

»Was geschieht denn jetzt mit ihm?«, fragte ich neugierig. Sie zuckte mit den Achseln und streute getrockneten Rosmarin in ihren Mörser.

»Das hängt wohl davon ab, ob Arthur heute Verdauungsbeschwerden hat. Wenn er gut gegessen hat, kann es sein, dass der Junge mit ein paar Schlägen davonkommt. Aber wenn er Verstopfung oder Blähungen hat …«, ihr Gesicht verzog sich angewidert, »dann verliert der Junge wahrscheinlich ein Ohr oder eine Hand.«

Ich war entsetzt, hatte aber Hemmungen, mich einzumischen. Schließlich war ich eine Fremde, noch dazu Engländerin. Zwar vermutete ich, dass man mich als Bewohnerin der Burg mit einigem Respekt behandeln würde, doch ich hatte auch schon Dorfbewohner beobachtet, die unauffällig das Zeichen gegen das Böse machten, wenn ich vorbeikam. Es war also gut möglich, dass meine Einmischung alles nur schlimmer für den Jungen machen würde.

»Könnt Ihr denn nichts tun?«, fragte ich Geilie. »Mit Eurem Mann sprechen, meine ich; ihn um, äh, Milde bitten?«

Geilie blickte überrascht von ihrer Arbeit auf. Der Gedanke, sich in die Angelegenheiten ihres Mannes einzumischen, war ihr eindeutig noch nie in den Sinn gekommen.

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