Читаем Paganinis Fluch полностью

»Sie sind gejagt worden«, meint Saga. »Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie schrecklich das gewesen sein muss, aber wir müssen wissen, ob Sie den Verfolger erkannt haben. Sind Sie ihm früher schon einmal begegnet?«

Penelope schüttelt unmerklich den Kopf.

»Das haben wir auch nicht erwartet. Können Sie den Mann eventuell beschreiben, hatte er vielleicht ein Tattoo, besondere Kennzeichen?«

»Nein«, wispert Penelope.

»Aber vielleicht können Sie uns helfen, ein Phantombild zu erstellen, wir brauchen gar nicht viel, um über Interpol nach ihm fahnden zu lassen.«

Der Mann von der Landeskriminalpolizei nähert sich ihr, und seine eigentümlich hellgrauen Augen sind wie Steine, die in einem Bach abgeschliffen wurden.

»Es sah so aus, als hätten Sie eben den Kopf geschüttelt«, sagt er, »als Saga Bauer sie gefragt hat, ob Sie Ihrem Verfolger früher schon einmal begegnet sind – stimmt das?«

Penelope nickt.

»Dann müssen Sie ihn gesehen haben«, fährt Joona fort. »Sonst könnten Sie nicht wissen, dass Sie ihm vorher noch nie begegnet sind.«

Penelope starrt ins Leere und erinnert sich, dass sich der Mörder immer bewegte, als hätte er alle Zeit der Welt, trotzdem passierte alles schrecklich schnell. Sie sieht vor sich, wie er auf die Knie ging und zielte, als sie am Rettungsseil des Hubschraubers hing. Keine Eile, keine Nervosität. Sie sieht erneut sein Gesicht vor sich, als er vom Blitz beleuchtet wurde, als sie sich unverwandt ansahen.

»Uns ist bewusst, dass Sie Angst haben«, fährt Joona fort. »Aber wir …«

Er verstummt, als eine Krankenschwester den Raum betritt und erklärt, dass sie Penelopes Mutter nicht erreichen können.

»Sie ist nicht zu Hause und geht nicht an ihr …«

Penelope schluchzt, dreht sich fort und verbirgt das Gesicht im Kissen. Die Krankenschwester legt eine tröstende Hand auf ihre Schulter.

»Ich will nicht«, sagt Penelope weinend. »Ich will nicht …«

Eine andere Krankenschwester kommt dazu und sagt, dass sie über den Tropf ein angsthemmendes Mittel verabreichen wird.

»Ich muss Sie bitten zu gehen«, sagt die Krankenschwester zu Saga und Joona.

»Wir kommen später wieder«, erklärt Joona. »Ich glaube, ich weiß, wo Ihre Mutter ist. Ich kümmere mich darum.«

Penelope weint nicht mehr, atmet aber noch immer schnell. Sie hört die Krankenschwester die Infusion vorbereiten und denkt, dass der Raum an eine Gefängniszelle erinnert. Ihre Mutter wird niemals herkommen wollen. Sie beißt die Zähne zusammen und versucht für eine Weile, gegen ihre Tränen anzukämpfen.

Es gibt Momente, in denen sich Penelope an ihre ersten Lebensjahre zu erinnern glaubt. Der Geruch schmutziger verschwitzter Körper kann sie schlagartig in die Zelle zurückkatapultieren, in der sie geboren wurde, und zu dem Licht einer Taschenlampe, die über die Gesichter der Gefangenen huscht, woraufhin ihre Mutter sie an jemand anderen übergibt, der sofort weiter leise und beruhigend in ihr Ohr singt, während ihre Mutter zwischen den Wächtern verschwindet.

Spende Boerse

66

Ohne Penelope






Claudia Fernandez steigt vor dem Dalarö Strand Hotel aus dem Bus. Als sie am Hafen entlanggeht, hört sie in der Ferne das Geräusch von Hubschraubern und Sirenen. Die Suchaktion kann noch nicht vorbei sein. Sie müssen weitersuchen. Weit draußen fahren einige Polizeiboote. Sie schaut sich um. Es liegt keine Fähre am Kai, es stehen keine Autos am Hafen.

»Penelope«, ruft sie. »Penelope!«

Sie erkennt, wie das aussehen muss, wie seltsam sie sich benimmt, aber ohne Penelope bleibt ihr nichts mehr.

Sie geht am Wasser entlang. Das Gras ist trocken und braun, überall liegt Müll. Sturmmöwen schreien in der Ferne. Sie läuft los, hält aber nicht lange durch und muss wieder gehen. Verlassene Villen stehen dicht gedrängt am steil ansteigenden Ufer. Sie bleibt vor einem Schild mit dem Wort »Privatbesitz« in weißer Schrift stehen. Sie geht daran vorbei auf einen Betonpier hinaus und blickt zu den großen Felsen hinüber. Hier gibt es keine Menschen, denkt sie und will zum Hafen zurückkehren. Ein Mann kommt den Kiesweg herab und winkt ihr zu. Eine dunkle Gestalt mit einer flatternden Jacke. Claudia Fernandez blinzelt im Sonnenlicht. Der Mann ruft ihr etwas zu. Sie sieht ihn verwirrt an. Er wird schneller und geht mit großen Schritten auf sie zu. Nun kann sie sein freundliches Gesicht erkennen.

»Claudia Fernandez«, ruft er.

»Das bin ich«, sagt sie und wartet auf ihn.

»Ich heiße John Bengtsson«, sagt er, als er sie erreicht. »Joona Linna schickt mich. Er meinte, dass Sie wahrscheinlich hier hinausgefahren sind.«

»Warum?«, fragt sie mit schwacher Stimme.

»Ihre Tochter lebt.«

Claudia Fernandez sieht den Mann an, der seine Worte wiederholt.

»Penelope lebt«, sagt er und lächelt sie an.

Spende Boerse

67

Wohin das Geld fließt






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