497 Von dannen gieng da Siegfried zum Hafenan den StrandIn seiner Tarnkappe, wo er ein Schifflein fand.Darin stand verborgen König Siegmunds Kind:Er führt’ es bald von dannen, als ob es wehte der Wind.498 Den Steuermann sah Niemand, wie schnelldas Schifflein floßVon Siegfriedens Kräften, die waren also groß.Da wähnten sie, es trieb es ein eigner starker Wind:Nein, es führt’ es Siegfried, der schönen Sieglinde Kind.499 Nach des Tags Verlaufe und in der einen NachtKam er zu einem Lande von gewaltger Macht:Es war wohl hundert Rasten und noch darüber lang,Das Land der Nibelungen, wo er den großen Schatzerrang.500 Der Held fuhr alleine nach einem Werder breit:Sein Schiff band er feste, der Ritter allbereit.Er fand auf einem Berge eine Burg gelegenUnd suchte Herberge, wie die Wegemüden pflegen.501 Da kam er vor die Pforte, die ihm verschloßen stand:Sie bewachten ihre Ehre, wie Sitte noch im Land.Ans Thor begann zu klopfen der unbekannte Mann:Das wurde wohl behütet; da traf er innerhalben an502 Einen Ungefügen, der da der Wache pflag,Bei dem zu allen Zeiten sein Gewaffen lag.Der sprach: "Wer pocht so heftig da draußenan das Thor?"Da wandelte die Stimme der kühne Siegfried davor503 Und sprach: "Ich bin ein Recke: thut mir auf alsbald,Sonst erzürn ich Etlichen hier außen mit Gewalt,Der gern in Ruhe läge und hätte sein Gemach."Das verdroß den Pförtner, als da Siegfried also sprach.504 Der kühne Riese hatte die Rüstung angethan,Den Helm aufs Haupt gehoben, der gewaltge Mann:Den Schild alsbald ergriffen und schwang nunauf das Thor.Wie lief er Siegfrieden da so grimmig an davor!505 Wie er zu wecken wage so manchen kühnen Mann?Da wurden schnelle Schläge von seiner Hand gethan.Der edle Fremdling schirmte sich vor manchem Schlag;Da hieb ihm der Pförtner in Stücke seines SchildsBeschlag506 Mit einer Eisenstange: so litt der Degen Noth.Schier begann zu fürchten der Held den grimmen Tod,Als der Thürhüter so mächtig auf ihn schlug.Dafür war ihm gewogen sein Herre Siegfried genug.507 Sie stritten so gewaltig, die Burg gab Widerhall:Man hörte fern das Tosen in König Niblungs Saal.Doch zwang er den Pförtner zuletzt, daß er ihn band;Kund ward diese Märe in allem Nibelungenland.508 Das Streiten hatte ferne gehört durch den BergAlberich der kühne, ein wildes Gezwerg.Er waffnete sich balde und lief hin, wo er fandDiesen edeln Fremdling, als er den Riesen eben band.509 Alberich war muthig, dazu auch stark genug.Helm und Panzerringe er am Leibe trugUnd eine schwere Geisel von Gold an seiner Hand.Da lief er hin geschwinde, wo er Siegfrieden fand.510 Sieben schwere Knöpfe hiengen vorn daran,Womit er vor der Linken den Schild dem kühnen MannSo bitterlich zergerbte, in Splitter gieng er fast.In Sorgen um sein Leben gerieth der herrliche Gast.511 Den Schild er ganz zerbrochen seiner Hand entschwang:Da stieß er in die Scheide eine Waffe, die war lang.Seinen Kammerwärter wollt er nicht schlagen todt:Er schonte seiner Leute, wie ihm die Treue gebot.