650 Im weissen Linnenhemde gieng sie ins Bett hinein.Der edle Ritter dachte: "Nun ist das alles mein,Wes mich je verlangte in allen meinen Tagen."Sie must ob ihrer Sch"one mit grossem Recht ihm behagen.651 Das Licht begann zu bergen des edeln K"onigs Hand.Hin gieng der k"uhne Degen, wo er die Jungfrau fand.Er legte sich ihr nahe: seine Freude die war gross,Als die Minnigliche der Held mit Armen umschloss.652 Minnigliches Kosen m"ocht er da viel begehn,Liesse das willig die edle Frau geschehn.Doch z"urnte sie gewaltig: den Herrn betr"ubte das.Er w"ahnt, er f"ande Freude, da fand er feindlichen Hass.653 Sie sprach: "Edler Ritter, lasst euch das vergehn:Was ihr da habt im Sinne, das kann nicht geschehn.Ich will noch Jungfrau bleiben, Herr K"onig,merkt euch das,Bis ich die M"ar erfahre." Da fasste Gunther ihr Hass.654 Er rang nach ihrer Minne und zerrauft’ ihr Kleid.Da griff nach einem G"urtel die herrliche Maid,Einer starken Borte, die sie um sich trug:Da that sie dem K"onig grossen Leides genug.655 Die F"uss und die H"ande sie ihm zusammenband,Zu einem Nagel trug sie ihn und hieng ihn an die Wand.Als er im Schlaf sie st"orte, sein Minnen sie verbot.Von ihrer St"arke h"att er beinah gewonnen den Tod.656 Da begann zu flehen, der Meister sollte sein:"Nun l"ost mir die Bande, viel edle Fraue mein.Ich getrau euch, sch"one Herrin, doch nimmer obzusiegenUnd will auch wahrlich selten mehr so nahe bei euchliegen."657 Sie frug nicht, wie ihm w"are, da sie in Ruhe lag.Dort must er hangen bleiben die Nacht bis an den Tag,Bis der lichte Morgen durchs Fenster warf den Schein:Hatt er je Kraft besessen, die ward an seinem Leibe klein.658 "Nun sagt mir, Herr Gunther, ist euch das etwa leid,Wenn euch gebunden finden," sprach die sch"one Maid,"Eure K"ammerlinge von einer Frauen Hand?"Da sprach der edle Ritter: "Das w"urd euch "ubel gewandt.659 "Auch w"ar mirs wenig Ehre," sprach der edle Mann:"Bei eurer Zucht und G"ute nehmt mich nun bei euch an.Und ist euch meine Minne denn so m"achtig leid,So will ich nie ber"uhren mit meiner Hand euer Kleid."660 Da l"oste sie den K"onig, dass er nicht l"anger hieng;Wieder an das Bette er zu der Frauen gieng.Er legte sich so ferne, dass er ihr Hemde feinNicht oft darnach ber"uhrte: auch wollte sie des ledig sein.661 Da kam auch ihr Gesinde, das brachte neu Gewand:Des war heute Morgen genug f"ur sie zur Hand.Wie froh man da gebahrte, traurig war genugDer edle Wirth des Landes, wie er des Tagsdie Krone trug.662 Nach des Landes Sitte, die zu begehen Pflicht,Unterliess es Gunther mit Brunhild l"anger nicht:Sie giengen nach dem M"unster, wo man die Messe sang.Dahin auch kam Herr Siegfried; da hob sich m"achtigerDrang.663 Nach k"oniglichen Ehren war da f"ur sie bereit,Was sie haben sollten, die Krone wie das Kleid.Da liessen sie sich weihen: als das war geschehn,Da sah man unter Krone alle Viere herrlich stehn.664 Das Schwert empfiengen Knappen, sechshundertoder mehr,Den K"onigen zu Ehren auf meines Worts Gew"ahr.Da hob sich grosse Freude in Burgundenland:Man h"orte Sch"afte brechen an der Schwertdegen Hand.665 Da sassen in den Fenstern die sch"onen M"agdelein.Sie sahen vor sich leuchten manches Schildes Schein.Nun hatte sich der K"onig getrennt von seinem Lehn:Was man beginnen mochte, er liess es trauernd geschehn.666 Ihm und Siegfrieden ungleich stand der Muth:Wohl wuste, was ihm fehlte, der edle Ritter gut.Da gieng er zu dem K"onig, zu fragen er begann:"Wie ists euch gelungen die Nacht, das saget mir an."667 Da sprach der Wirth zum Gaste: "Den Schimpfund den SchadenHab ich an meiner Frauen in mein Haus geladen.Ich w"ahnte sie zu minnen, wie schnell sie mich da band!Zu einem Nagel trug sie mich und hieng mich hochan die Wand.668 "Da hieng ich sehr in Aengsten die Nacht bis an den Tag.Eh sie mich wieder l"oste, wie sanft sie da lag!Das sei dir in der Stille geklagt in Freundlichkeit."Da sprach der starke Siegfried: "Das ist in Wahrheitmir leid.669 "Das will ich euch beweisen, verschmerzt ihrden Verdruss.Ich schaffe, dass sie heute Nacht so nah euch liegen muss,Dass sie euch ihre Minne nicht l"anger vorenth"alt."Die Rede h"orte gerne nach seinem Leide der Held.670 "Nun schau meine H"ande, wie die geschwollen sind:Die dr"uckte sie so m"achtig, als w"ar ich ein Kind,Dass Blut mir allenthalben aus den N"ageln drang.Ich hegte keinen Zweifel, mein Leben w"ahre nicht lang."671 Da sprach der starke Siegfried: "Es wird noch Alles gut.Uns Beiden war wohl ungleich heute Nacht zu Muth.Mir ist deine Schwester wie Leben lieb und Leib!So muss nun auch Frau Brunhild noch heute werdendein Weib.672 "Ich komme heut Abend zu deinem K"ammerleinAlso wohl verborgen in der Tarnkappe mein,Dass sich meiner K"unste Niemand mag versehn.Lass dann die K"ammerlinge zu ihren Herbergen gehn:673 "So lesch ich den Knappen die Lichter an der Hand:Bei diesem Wahrzeichen sei dir bekannt,Dass ich hereingetreten. Wohl zwing ich dir dein Weib,Dass du sie heute minnest, ich verl"or’ denn Lebenund Leib."674 "Wenn du sie nicht minnest," der K"onig sprach da so,"Meine liebe Fraue: des Andern bin ich froh;Was du auch thust und n"ahmst du Leben ihr und Leib,Das wollt ich wohl verschmerzen: sie ist ein schrecklichesWeib."675 "Das nehm ich," sprach da Siegfried,"auf die Treue mein,Dass ich sie nicht ber"uhre; die liebe Schwester deinGeht mir "uber alle, die ich jemals sah."Wohl glaubte K"onig Gunther der Rede Siegfriedens da.676 Da gabs von Ritterspielen Freude so wie Noth.Den Buhurd und das L"armen man allzumal verbot.Als die Frauen sollten nach dem Saale gehn,Geboten K"ammerlinge den Leuten, nicht im Wegzu stehn.677 Von Rossen und von Leuten r"aumte man den Hof.Der Frauen Jedwede f"uhrt’ ein Bischof,Als sie vor den K"onigen zu Tische sollten gehn.Ihnen folgten zu den St"uhlen viel der Degen ausersehn.678 Bei seinem Weib der K"onig in froher Hoffnung sass:Was Siegfried ihm verheissen, im Sinne lag ihm das.Der eine Tag ihn dauchte wohl dreissig Tage lang:Nach Brunhildens Minne all sein Denken ihm rang.679 Er konnt es kaum erwarten, bis vorbei das Mahl.Brunhild die sch"one rief man aus dem SaalUnd auch Kriemhilden: sie sollten schlafen gehn:Hei! was man k"uhner Degen sah vor den K"oniginnenstehn!680 Siegfried der Herre gar minniglich sassBei seinem sch"onen Weibe mit Freuden ohne Hass.Sie kos’te seine H"ande mit ihrer weissen Hand,Bis er ihr vor den Augen, sie wuste nicht wie, verschwand.681 Da sie mit ihm spielte und sie ihn nicht mehr sah,Zu seinem Ingesinde sprach die K"onigin da:"Mich wundert sehr, wo ist doch der K"onighingekommen?Wer hat seine H"ande mir aus den meinen genommen?"682 Sie liess die Rede bleiben. Da eilt’ er hinzugehn,Wo er die K"ammerlinge fand mit Lichtern stehn:Die lescht’ er unversehens den Knappen an der Hand:Dass es Siegfried w"are, das war da Gunthern bekannt.683 Wohl wust er, was er wolle: er liess von dannen gehnM"agdelein und Frauen. Als das war geschehn,Der edle K"onig selber verschloss der Kammer Th"ur:Starker Riegel zweie die warf er eilends daf"ur.684 Hinterm Bettvorhange barg er der Kerzen Licht.Ein Spiel sogleich begannen, vermeiden liess sichs nicht,Siegfried der starke und die sch"one Maid:Das war dem K"onig Gunther beides lieb und auch leid.685 Da legte sich Siegfried der K"onigin bei.Sie sprach: "Nun lasst es, Gunther, wie lieb es euch auch sei,Dass ihr nicht Noth erleidet heute so wie eh:Oder euch geschieht hier von meinen H"andenwieder Weh."686 Er hehlte seine Stimme, kein W"ortlein sprach er da.Wohl h"orte K"onig Gunther, obgleich er sie nicht sah,Dass Heimliches von Beiden wenig geschehen sei;Nicht viel bequeme Ruhe im Bette fanden die Zwei.687 Er stellte sich, als w"ar er Gunther der K"onig reich;Er umschloss mit Armen das M"agdlein ohne Gleich.Sie warf ihn aus dem Bette dabei auf eine Bank,Dass laut an einem Schemel ihm das Haupt davon erklang.688 Wieder auf mit Kr"aften sprang der k"uhne Mann,Es besser zu versuchen: wie er das begann,Dass er sie zwingen wollte, da widerfuhr ihm Weh.Ich glaube nicht, dass solche Wehr von Frauenje wieder gescheh.689 Da ers nicht lassen wollte, das M"agdlein aufsprang:"Euch ziemt nicht zu zerraufen mein Hemd also blank.Ihr seid ungezogen: das wird euch noch leid.Des bring ich euch wohl inne," sprach die waidlicheMaid.690 Sie umschloss mit den Armen den theuerlichen DegenUnd wollt ihn auch in Bande wie den K"onig legen,Dass sie im Bette l"age mit Gem"achlichkeit.Wie grimmig sie das r"achte, dass er zerzerret ihr Kleid!691 Was half ihm da die St"arke, was seine grosse Kraft?Sie erwies dem Degen ihres Leibes Meisterschaft.Sie trug ihn "uberm"achtig, das muste nur so sein,Und dr"uckt ihn ungef"uge bei dem Bett an einen Schrein.692 "O weh," gedacht er, "soll ich Leben nun und LeibVon einer Maid verlieren, so mag jedes WeibIn allen k"unftgen Zeiten tragen FrevelmuthDem Mann gegen"uber, die es sonst wohl nimmer thut."693 Der K"onig h"orte Alles; er bangte f"ur den Mann.Da sch"amte sich Siegfried, zu z"urnen fieng er an.Mit ungef"ugen Kr"aften ihr widersetzt’ er sichUnd versuchte seine St"arke an Brunhilden "angstiglich.694 Wie sie ihn niederdr"uckte, sein Zorn erzwang es nochUnd seine starken Kr"afte, dass ihr zum Trotz er dochSich aufrichten konnte; seine Angst war gross.Sie gaben in der Kammer sich her und hin manchen Stoss.695 Auch litt K"onig Gunther Sorgen und Beschwer:Er muste manchmal fl"uchten vor ihnen hin und her.Sie rangen so gewaltig, dass es Wunder nahm,Wie Eins vor dem Andern mit dem Leben noch entkam.696 Den K"onig Gunther "angstigte beiderseits die Noth;Doch f"urchtet’ er am meisten Siegfriedens Tod.Wohl h"atte sie dem Degen das Leben schier benommen:D"urft er nur, er w"ar ihm gern zu H"ulfe gekommen.697 Gar lange zwischen Beiden dauerte der Streit;Da bracht er an das Bette zuletzt zur"uck die Maid:Wie sehr sie sich auch wehrte, die Wehr ward endlichschwach.Gunther in seinen Sorgen hieng mancherlei Gedankennach.698 Es w"ahrte lang dem K"onig, bis Siegfried sie bezwang.Sie dr"uckte seine H"ande, dass aus den N"ageln sprungDas Blut von ihren Kr"aften; das war dem Helden leid.Da zwang er zu verl"augnen diese herrliche Maid699 Den ungest"umen Willen, den sie erst dargethan.Alles vernahm der K"onig, doch h"ort ers schweigend an.Er dr"uckte sie ans Bette, dass sie aufschrie laut:Des starken Siegfrieds Kr"afte schmerzten "ubel die Braut.700 Da griff sie nach der H"ufte, wo sie die Borte fand,Und dacht’ ihn zu binden: doch wehrt’ es seine Hand,Dass ihr die Glieder krachten, dazu der ganze Leib.Da war der Streit zu Ende: da wurde sie Gunthers Weib.701 Sie sprach: "Edler K"onig, nimm mir das Leben nicht:Was ich dir that zu Leide, verg"ut ich dir nach Pflicht.Ich wehre mich nicht wieder der edeln Minne dein:Ich hab es wohl erfahren, dass du magst FrauenMeister sein."702 Aufstand da Siegfried, liegen blieb die Maid,Als d"acht er abzuwerfen eben nur das Kleid.Er zog ihr vom Finger ein Ringlein von Gold,Dass es nicht gewahrte die edle K"onigin hold,703 Auch nahm er ihren G"urtel, eine Borte gut.Ich weiss nicht, geschah es aus hohem Uebermuth.Er gab ihn seinem Weibe: das ward ihm sp"ater leid.Da lagen bei einander der K"onig und die sch"one Maid.