1651 Als sie nun alle waren gekommen an den Strand,Da fragte K"onig Gunther: "Wer soll uns durch das LandDie rechten Wege weisen, dass wir nicht irre gehn?"Da sprach der k"uhne Volker: "Lasst mich das Amtnur versehn."1652 "Nun haltet an," sprach Hagen, "sei’s Ritter oderKnecht:Man soll Freunden folgen, das bed"unkt mich recht.Eine ungef"uge M"are mach ich euch bekannt:Wir kommen nimmer wieder heim in der BurgundenLand.1653 "Das sagten mir zwei Meerfraun heute morgen fruh,Wir k"amen nimmer wieder. Nun rat ich, was man thu:Waffnet euch, ihr Helden, ihr sollt euch wohl bewahren:Wir finden starke Feinde und m"ussen drum wehrhaftfahren.1654 "Ich w"ahnt auf Lug zu finden die weisen Meerfraun:Sie sagten mir, nicht Einer werde wiederschaunDie Heimat von uns Allen bis auf den Kapellan;Drum h"att ich ihm so gerne heut den Tod angethan."1655 Da flogen diese M"aren von Schar zu Schar einher.Bleich vor Schrecken wurden Degen k"uhn und hehr,Als sie die Sorge fasste vor dem herben TodAuf dieser Hofreise: das schuf ihnen wahrlich Noth.1656 Bei M"oringen waren sie "uber Flut gekommen,Wo dem F"ahrmann Elsen das Leben ward benommen.Da sprach Hagen wieder: "Da ich mir so gewannUnterwegs der Feinde, so greift man ehstens uns an.1657 "Ich erschlug den F"ahrmann heute morgen fruh;Sie wissen nun die Kunde. Drum eilt und greifet zu,Wenn Gelfrat und Elsen heute hier bestehtUnser Ingesinde, dass es ihnen "ubel ergeht.1658 "Sie sind gar k"uhn, ich weiss es, es wird gewiss geschehn.Drum lasst nur die Rosse in sanftem Schritte gehn,Dass nicht Jemand w"ahne, wir fl"ohn vor ihrem Heer.""Dem Rathe will ich folgen," sprach der jungeGeiselher.1659 "Wer zeigt nun dem Gesinde die Wege durchdas Land?"Sie sprachen: "Das soll Volker: dem sindhie wohlbekanntDie Strassen und die Steige, dem stolzen Fiedelmann."Eh mans von ihm verlangte, kam er gewaffnet heran.1660 Der schnelle Fiedelspieler: den Helm er "uberband;Von herrlicher Farbe war all sein Streitgewand.Am Schaft liess er flattern ein Zeichen, das war roth.Bald kam er mit den K"onigen in eine furchtbare Noth.1661 Gewisse Kunde hatte Gelfrat nun bekommenVon des Fergen Tode; da hatt es auch vernommenElse der starke: beiden war es leid.Sie besandten ihre Helden: die traf man balde bereit.1662 Darauf in kurzen Zeiten, nun h"ort mich weiter an,Sah man zu ihnen reiten, denen Schade war gethan,In starkem Kriegszuge ein ungef"uges Heer:Wohl siebenhundert stiessen zu Gelfrat oder noch mehr.1663 Als das den grimmen Feinden nachzuziehn begann,Die Herren, die es f"uhrten, huben zu jagen anDen k"uhnen G"asten hinterdrein. Sie wollten Rachehaben:Da musten sie der Freunde hernach noch manchenbegraben.1664 Hagen von Tronje richtete das ein(Wie konnte seiner Freunde ein bessrer H"uter sein?),Dass er die Nachhut hatte und Die ihm unterthanMit Dankwart seinem Bruder; das war gar weislichgethan.1665 Ihnen war der Tag zerronnen, den hatten sie nicht mehr.Er bangte vor Gefahren f"ur seine Freunde sehr.Sie ritten unter Schilden durch der Baiern Land:Darnach in kurzer Weile die Helden wurden angerannt.1666 Beiderseits der Strasse und hinter ihnen herVernahm man Hufe schlagen; die Haufen eilten sehr.Da sprach der k"uhne Dankwart: "Gleich fallen sieuns an:Bindet auf die Helme, das d"unkt mich r"athlich gethan."1667 Sie hielten ein mit Reiten, als es muste sein.Da sahen sie im Dunkel der lichten Schilde Schein.Nicht l"anger stille schweigen mochte da der Hagen:"Wer verfolgt uns auf der Strasse?" Das muste Gelfratihm sagen.1668 Da sprach zu ihm der Markgraf aus der Baiern Land:"Wir suchen unsre Feinde, denen sind wir nachgerannt.Ich weiss nicht, wer mir heute meinen Fergen schlug:Das war ein schneller Degen; mir ist leid um ihn genug."1669 Da sprach von Tronje Hagen: "War der Ferge dein?Er wollt uns nicht fahren; alle Schuld ist mein:Ich erschlug den Recken; f"urwahr, es that mir Noth:Ich hatte von dem Degen schier selbst den grimmigenTod.1670 "Ich bot ihm zum Lohne Gold und Gewand,Dass er uns "uberf"uhre, Held, in euer Land.Dar"uber z"urnt’ er also, dass er nach mir schlugMit starker Ruderstange: da ward ich grimmig genug.1671 "Ich griff nach dem Schwerte und wehrte seinem ZornMit einer schweren Wunde: da war der Held verlorn.Ich steh euch hier zur S"uhne, wie es euch d"unke gut."Da gieng es an ein Streiten: sie hatten zornigen Muth.1672 "Ich wuste wohl," sprach Gelfrat, "als hier mitdem GeleitGunther zog vor"uber, uns gesch"ah ein LeidVon Hagens Uebermuthe. Nun b"usst ers mit dem Leben:F"ur des Fergen Ende soll er selbst hier B"urgschaftgeben."1673 Ueber die Schilde neigten da zum Stich den SperGelfrat und Hagen; sich z"urnten beide schwer.Dankwart und Else zusammen herrlich ritten;Sie erprobten, wer sie waren: da wurde grimmiggestritten.1674 Wer je versuchte k"uhner sich und die Gunst des Gl"ucks?Von einem starken Stosse sank Hagen hinterr"ucksVon der M"ahre nieder durch Gelfratens Hand.Der Brustriem war gebrochen: so ward im Fallenbekannt.1675 Man h"ort’ auch beim Gesinde krachender Sch"afte Schall.Da erholte Hagen sich wieder von dem Fall,Den er auf das Gras gethan von des Gegners Sper:Da z"urnte der von Tronje wider Gelfraten sehr.1676 Wer ihnen hielt die Rosse, das ist mir unbekannt.Sie waren aus den S"atteln gekommen auf den Sand,Hagen und Gelfrat: nun liefen sie sich an.Ihre Gesellen halfen, dass ihnen Streit ward kund gethan.1677 Wie heftig auch Hagen zu Gelfraten sprang,Ein St"uck von Ellenl"ange der edle Markgraf schwangIhm vom Schilde nieder; das Feuer stob hindann.Da w"are schier erstorben K"onig Gunthers Unterthan.1678 Er rief mit lauter Stimme Dankwarten an:"Hilf mir, lieber Bruder, ein schneller starker MannHat mich hier bestanden: der l"asst mich nicht gedeihn."Da sprach der k"uhne Dankwart: "So will ich dennSchiedsmann sein."1679 Da sprang der Degen n"aher und schlug ihm solchenSchlagMit einer scharfen Waffe, dass er todt da lag.Else wollte Rache nehmen f"ur den Mann:Doch er und sein Gesinde schied mit Schaden hindann.1680 Sein Bruder war erschlagen, selber ward er wund.Wohl achtzig seiner Degen wurden gleich zur StundDes grimmen Todes Beute: da muste wohl der HeldGunthers Mannen r"aumen in geschwinder Fluchtdas Feld.1681 Als Die vom Baierlande wichen aus dem Wege,Man h"orte nachhallen die furchtbaren Schl"age:Da jagten die von Tronje ihren Feinden nach;Die es nicht b"ussen wollten, die hatten wenig Gemach.1682 Da sprach beim Verfolgen Dankwart der Degen:"Kehren wir nun wieder zur"uck auf unsern WegenUnd lassen wir sie reiten: sie sind vom Blute nass.Wir eilen zu den Freunden: in Treuen rath ich euch das."1683 Als sie hinwieder kamen, wo der Schade war geschehn,Da sprach von Tronje Hagen: "Helden, lasst uns sehn,Wen wir hier vermissen, oder wer uns verlornHier in diesem Streite gieng durch Gelfratens Zorn."1684 Sie hatten vier verloren; der Schade liess sich tragen.Sie waren wohl vergolten; dagegen aber lagenDeren vom Baierlande mehr als hundert todt.Den Tronejern waren von Blut die Schilde tr"ub und roth.1685 Ein wenig brach aus Wolken des hellen Mondes Licht;Da sprach wieder Hagen: "H"ort, berichtet nichtMeinen lieben Herren, was hier von uns geschah:Bis zum Morgen komme ihnen keine Sorge nah."1686 Als zu ihnen stiessen, die da kamen von dem Streit,Da klagte das Gesinde "uber M"udigkeit:"Wie lange sollen wir reiten?" fragte mancher Mann.Da sprach der k"uhne Dankwart: "Wir treffen keineHerberg an.1687 "Ihr m"ust alle reiten bis an den hellen Tag."Volker der schnelle, der des Gesindes pflag,Liess den Marschall fragen: "Wo kehren wir heut ein?Wo rasten unsre Pferde und die lieben Herren mein?"1688 Da sprach der k"uhne Dankwart: "Ich weiss es nichtzu sagen:Wir k"onnen uns nicht ruhen, bis es beginnt zu tagen;Wo wir es dann finden, legen wir uns ins Gras."Als sie die Kunde h"orten, wie leid war Etlichen das!1689 Sie blieben unverrathen vom heissen Blute roth,Bis dass die Sonne die lichten Stralen botDem Morgen "uber Berge, wo es der K"onig sah,Dass sie gestritten hatten: sehr im Zorne sprach er da:1690 "Wie nun denn, Freund Hagen? Verschm"ahtetihr wohl das,Dass ich euch H"ulfe brachte, als euch die Ringe nassWurden von dem Blute? Wer hat euch das gethan?"Da sprach er: "Else that es: der griff n"achten uns an.1691 "Seines Fergen wegen wurden wir angerannt.Da erschlug Gelfraten meines Bruders Hand.Zuletzt entrann uns Else, es zwang ihn grosse Noth:Ihnen hundert, uns nur viere blieben da im Streite todt."1692 Wir k"onnen euch nicht melden, wo man die Nachtruhfand.All den Landleuten ward es bald bekannt,Der edeln Ute S"ohne z"ogen zum Hofgelag.Sie wurden wohl empfangen dort zu Passau bald hernach.1693 Der werthen F"ursten Oheim, der Bischof Pilgerin,Dem wurde wohl zu Muthe, als seine Neffen ihnMit so viel der Recken besuchten da im Land:Dass er sie gerne s"ahe, ward ihnen balde bekannt.1694 Sie wurden wohl empfangen von Freunden vor dem Ort.Nicht all verpflegen mochte man sie in Passau dort:Sie musten "ubers Wasser, wo Raum sich fand und Feld:Da schlugen auf die Knechte H"utten und reich Gezelt.1695 Sie musten da verweilen einen vollen TagUnd eine Nacht dar"uber. Wie sch"on man sie verpflag!Dann ritten sie von dannen in R"udigers Land;Dem kamen auch die M"aren: da ward ihm Freudebekannt,1696 Als die Wegem"uden Nachtruh genommenUnd sie dem Lande waren n"aher gekommen,Sie fanden auf der Marke schlafen einen Mann,Dem von Tronje Hagen ein starkes Waffen abgewann.1697 Eckewart geheissen war dieser Ritter gut.Der gewann dar"uber gar traurigen Muth,Dass er verlor das Waffen durch der Helden Fahrt.R"udgers Grenzmarke, die fand man "ubel bewahrt.1698 "O weh mir dieser Schande," sprach da Eckewart."Schwer muss ich beklagen der Burgunden Fahrt.Als ich verlor Siegfrieden, hub all mein Kummer an;O weh, mein Herr R"udiger, wie hab ich wider dichgethan!"1699 Wohl h"orte Hagen des edeln Recken Noth:Er gab das Schwert ihm wieder, dazu sechs Spangen roth."Die nimm dir, Held, zu Lohne, willst du hold mir sein;Du bist ein k"uhner Degen, l"agst du hier noch so allein."1700 "Gott lohn euch eure Spangen," sprach da Eckewart;"Doch muss ich sehr beklagen zu den Heuneneure Fahrt.Ihr erschlugt Siegfrieden; hier tr"agt man euch noch Hass:Dass ihr euch wohl beh"utet, in Treuen rath ich euch das."1701 "Nun, m"og uns Gott beh"uten," sprach Hagen entgegen."Keine andre Sorge haben diese DegenAls um die Herberge, die F"ursten und ihr Lehn,Wo wir in diesem Lande heute Nachtruh sollen sehn.1702 "Verm"udet sind die Rosse uns auf den fernen Wegen,Die Speise gar zerronnen," sprach Hagen der Degen:"Wir findens nicht zu Kaufe: es w"ar ein Wirthuns Noth,Der uns heute g"abe in seiner Milde das Brot."1703 Da sprach wieder Eckewart: "Ich zeig euch solchenWirth,Dass Niemand euch im Hause so gut empfangen wirdIrgend in den Landen, als hier euch mag geschehn,Wenn ihr schnellen Degen wollt zu R"udigern gehn.1704 "Der Wirth wohnt an der Strasse, der beste allerw"arts,Der je ein Haus besessen. Milde gebiert sein Herz,Wie das Gras mit Blumen der lichte Maimond thut,Und soll er Helden dienen, so ist er froh undwohlgemuth."1705 Da sprach der K"onig Gunther: "Wollt ihr mein Botesein,Ob uns behalten wolle bis an des Tages ScheinMein lieber Freund R"udiger und Die mir unterthan?Das will ich st"ats verdienen, so gut ich irgend nur kann."1706 "Der Bote bin ich gerne," sprach da Eckewart,Mit gar gutem Willen erhob er sich zur FahrtR"udigern zu sagen, was er da vernommen.Dem war in langen Zeiten so liebe Kunde nichtgekommen.1707 Man sah zu Bechlaren eilen einen Degen,Den R"udger wohl erkannte; er sprach: "Auf diesenWegenKommt Eckewart in Eile, Kriemhildens Unterthan."Er w"ahnte schon, die Feinde h"atten ihm ein Leid gethan.1708 Da ging er vor die Pforte, wo er den Boten fand.Der nahm sein Schwert vom Gurte und legt’ esaus der Hand.Er sprach zu dem Degen: "Was habt ihr vernommen,Dass ihr so eilen m"usset? hat uns Jemandwas genommen?"1709 "Geschadet hat uns Niemand," sprach Eckewartzuhand;"Mich haben drei K"onige her zu euch gesandt,Gunther von Burgunden, Geiselher und Gernot;Jeglicher der Recken euch seine Dienste her entbot.1710 "Das selbe thut auch Hagen, Volker auch zugleich,Mit Fleiss und rechter Treue; dazu bericht ich euch,Was des K"onigs Marschall euch durch mich entbot,Es sei den guten Degen eure Herberge Noth."1711 Mit lachendem Munde sprach da R"udiger:"Nun wohl mir dieser M"are, dass die K"onige hehrMeinen Dienst verlangen: dazu bin ich bereit.Wenn sie ins Haus mir kommen, des bin ich h"ochlicherfreut."1712 "Dankwart der Marschall hat euch kund gethan,Wer euch zu Hause noch heute zieht heran:Sechzig k"uhner Recken und tausend Ritter gutMit neuntausend Knechten." Da ward ihm fr"ohlichzu Muth.1713 "Wohl mir dieser G"aste," sprach da R"udiger,"Dass mir zu Hause kommen diese Recken hehr,Denen ich noch selten hab einen Dienst gethan.Entgegen reitet ihnen, sei’s Freund oder Unterthan."1714 Da eilte zu den Rossen Ritter so wie Knecht:Was sie der Herr geheissen, das dauchte Alle recht.Sie brachten ihre Dienste um so schneller dar.Noch wust es nicht Frau Gotlind, die in ihrer Kammerwar.