1715 Hin gieng der Markgraf, wo er die Frauen fand,Sein Weib und seine Tochter. Denen macht’ erda bekanntDiese liebe M"are, die er jetzt vernommen,Dass ihrer Frauen Br"uder zu ihrem Hause solltenkommen.1716 "Viel liebe Traute," sprach da R"udiger,"Ihr sollt sie wohl empfangen, die edeln K"onge hehr,Wenn sie und ihr Gesinde vor euch zu Hofe gehn;Ihr sollt auch freundlich gr"ussen Hagen in GunthersLehn.1717 "Mit ihnen kommt auch Einer mit Namen Dankwart;Ein Andrer heisst Volker, an Ehren wohlbewahrt.Die Sechse sollt ihr k"ussen, ihr und die Tochter mein,Und sollt in h"ofschen Z"uchten diesen Recken freundlichsein."1718 Das gelobten ihm die Frauen und warens gern bereit.Sie suchten aus den Kisten manch herrliches Kleid,Darin sie den Recken entgegen wollten gehn.Da mocht ein gross Befleissen von sch"onen Frauengeschehn.1719 Gef"alschter Frauenzierde gar wenig man da fand;Sie trugen auf dem Haupte lichtes goldnes Band,Das waren reiche Kr"anze, damit ihr sch"ones HaarDie Winde nicht verwehten; sie waren h"ofisch und klar.1720 In solcher Unmusse lassen wir die Fraun.Da war ein schnelles Reiten "uber Feld zu schaunVon R"udigers Freunden, bis man die F"ursten fand.Sie wurden wohl empfangen in des Markgrafen Land.1721 Als sie der Markgraf zu sich kommen sah,R"udiger der schnelle wie fr"ohlich sprach er da:"Willkommen mir, ihr Herren und Die in euerm Lehn.Hier in diesem Lande seid ihr gerne gesehn."1722 Da dankten ihm die Recken in Treuen ohne Hass.Dass sie willkommen waren, wohl erzeigt’ er das.Besonders gr"usst’ er Hagen, der war ihm l"angst bekannt;So that er auch mit Volkern, dem Heldenaus Burgundenland.1723 Er begr"usst’ auch Dankwarten. Da sprach der k"uhneDegen:"Wollt ihr uns hier versorgen, wer soll dann verpflegenUnser Ingesinde aus Worms an dem Rhein?"Da begann der Markgraf: "Diese Angst lasset sein.1724 "All euer Gesinde und was ihr in das LandMit euch gef"uhret habet, Ross, Silber und Gewand,Ich schaff ihm solche H"uter, nichts geht davon verloren,Das euch zu Schaden br"achte nur um einen halbenSporen.1725 "Spannet auf, ihr Knechte, die H"utten in dem Feld;Was ihr hier verlieret, daf"ur leist ich Entgelt:Zieht die Z"aume nieder und lasst die Rosse gehn."Das war ihnen selten von einem Wirth noch geschehn.1726 Des freuten sich die G"aste. Als das geschehen warUnd die Herrn von dannen ritten, legte sich die ScharDer Knecht im Grase nieder: sie hatten gut Gemach.Sie fandens auf der Reise nicht besser vor oder nach.1727 Die Markgr"afin eilte vor die Burg zu gehnMit ihrer sch"onen Tochter. Da sah man bei ihr stehnDie minniglichen Frauen und manche sch"one Maid:Die trugen viel der Spangen und manches herrlicheKleid.1728 Das edle Gesteine gl"anzte fern hindannAus ihrem reichen Schmucke: sie waren wohlgethan.Da kamen auch die G"aste und sprangen auf den Sand.Hei! was man edle Sitten an den Burgunden fand!1729 Sechsunddreissig M"agdelein und viel andre Fraun,Die wohl nach Wunsche waren und wonniganzuschauen,Giengen den Herrn entgegen mit manchem k"uhnenMann.Da ward ein sch"ones Gr"ussen von edeln Frauen gethan.1730 Die Markgr"afin k"usste die K"onge alle drei;So that auch ihre Tochter. Hagen stand dabei.Den hiess ihr Vater k"ussen: da blickte sie ihn an:Er dauchte sie so furchtbar, sie h"att es lieber nicht gethan.1731 Doch muste sie es leisten, wie ihr der Wirth gebot.Gemischt ward ihre Farbe, bleich und auch roth.Auch Dankwarten k"usste sie, darnach den Fiedelmann:Seiner Kraft und K"uhnheit wegen ward ihm das Gr"ussengethan.1732 Die junge Markgr"afin nahm bei der HandGeiselher den jungen von Burgundenland;So nahm auch ihre Mutter Gunthern den k"uhnen Mann.Sie giengen mit den Helden beide fr"ohlich hindann.1733 Der Wirth gieng mit Gernot in einen weiten Saal.Die Ritter und die Frauen setzten sich zumal.Man liess alsdann den G"asten schenken guten Wein:G"utlicher bewirthet mochten Helden nimmer sein.1734 Mit z"artlichen Augen sah da Mancher anR"udigers Tochter, die war so wohlgethan.Wohl kost in seinem Sinne sie mancher Ritter gut;Das mochte sie verdienen: sie trug gar hoch ihren Muth.1735 Sie gedachten, was sie wollten; nur konnt es nichtgeschehn.Man sah die guten Ritter hin und wieder sp"ahnNach M"agdelein und Frauen: deren sassen da genug.Dem Wirth geneigten Willen der edle Fiedeler trug.1736 Da wurden sie geschieden, wie Sitte war im Land:Zu andern Zimmern giengen Ritter und Fraun zur Hand.Man richtete die Tische in dem Saale weitUnd ward den fremden G"asten zu allen Diensten bereit.1737 Den G"asten gieng zu Liebe die edle Markgr"afinMit ihnen zu den Tischen: die Tochter liess sie drinBei den M"agdlein weilen, wo sie nach Sitte blieb.Dass sie die nicht mehr sahen, das war den G"astennicht lieb.1738 Als sie getrunken hatten und gegessen "uberall,Da f"uhrte man die Sch"one wieder in den Saal.Anmuthge Reden wurden nicht gescheut:Viel sprach deren Volker, ein Degen k"uhn und allbereit.1739 Da sprach unverhohlen derselbe Fiedelmann:"Viel reicher Markgraf, Gott hat an euch gethanNach allen seinen Gnaden: er hat euch gegebenEin Weib, ein so recht sch"ones, dazu ein wonniglichesLeben.1740 "Wenn ich ein K"onig w"are," sprach der Fiedelmann,"Und sollte Krone tragen, zum Weibe n"ahm ich dannEure sch"one Tochter: die w"unschte sich mein Muth.Sie ist minniglich zu schauen, dazu edel und gut."1741 Der Markgraf entgegnete: "Wie m"ochte das Wohl sein,Dass ein K"onig je begehrte der lieben Tochter mein?Wir sind hier beide heimatlos, ich und mein Weib,Und haben nichts zu geben: was hilft ihr dann der sch"oneLeib?"1742 Zur Antwort gab ihm Gernot, der edle Degen gut:"Sollt ich ein Weib mir w"ahlen nach meinem Sinnund Muth,So w"ar ich solches Weibes st"ats von Herzen froh."Darauf versetzte Hagen in h"ofischen Z"uchten so:1743 "Nun soll sich doch beweiben mein Herr Geiselher:Es ist so hohen Stammes die Markgr"afin hehr,Dass wir ihr gerne dienten, ich und all sein Lehn,Wenn sie bei den Burgunden unter Krone sollte gehn."1744 Diese Rede dauchte den Markgrafen gutUnd auch Gotelinde; wohl freute sich ihr Muth.Da schufen es die Helden, dass sie zum Weibe nahmGeiselher der edle, wie er es mocht ohne Scham.1745 Soll ein Ding sich f"ugen, wer mag ihm widerstehn?Man bat die Jungfraue, hin zu Hof zu gehn.Da schwur man ihm zu geben das sch"one M"agdelein,Wogegen er sich erbot, die Wonnigliche zu frein.1746 Man beschied der Jungfrau Burgen und auch Land.Da sicherte mit Eiden des edeln K"onigs HandUnd Gernot der Degen, es werde so gethan.Da sprach der Markgraf: "Da ich Burgen nicht gewann,1747 "So kann ich euch in Treuen nur immer bleiben hold.Ich gebe meiner Tochter an Silber und an Gold,Was hundert Saumrosse nur immer m"ogen tragen,Dass es wohl nach Ehren euch Helden m"oge behagen."1748 Da wurden diese beiden in einen Kreis gestelltNach dem Rechtsgebrauche. Mancher junge HeldStand ihr gegen"uber in fr"ohlichem Muth;Er gedacht in seinem Sinne, wie noch ein Junger gernethut.1749 Als man begann zu fragen die minnigliche Maid,Ob sie den Recken wolle, zum Theil war es ihr leid;Doch dachte sie zu nehmen den waidlichen Mann.Sie sch"amte sich der Frage, wie manche Maid hat gethan.1750 Ihr rieth ihr Vater R"udiger, dass sie spr"ache ja,Und dass sie gern ihn n"ahme: wie schnell war er daMit seinen weissen H"anden, womit er sie umschloss,Geiselher der junge! Wie wenig sie ihn doch genoss!1751 Da begann der Markgraf: "Ihr edeln K"onge reich,Wenn ihr nun wieder reitet heim in euer Reich,So geb ich euch, so ist es am schicklichsten, die Magd,Dass ihr sie mit euch f"uhret." Also ward es zugesagt.1752 Der Schall, den man h"orte, der muste nun vergehn.Da liess man die Jungfrau zu ihrer Kammer gehnUnd auch die G"aste schlafen und ruhn bis an den Tag.Da schuf man ihnen Speise: der Wirth sie g"utlichverpflag.1753 Als sie gegessen hatten und nun von dannen fahrenWollten zu den Heunen: "Davor will ich euch wahren,"Sprach der edle Markgraf, "ihr sollt noch hier bestehn;So liebe G"aste hab ich lange nicht bei mir gesehn."1754 Dankwart entgegnete: "Das kann ja nicht sein:Wo n"ahmt ihr die Speise, das Brot und auch den Wein,Das ihr doch haben m"ustet f"ur solch ein Heergeleit?"Als das der Wirth erh"orte, er sprach: "Die Rede lasstbeiseit.1755 "Meine lieben Herren, ihr d"urft mir nicht versagen.Wohl geb ich euch die Speise zu vierzehen Tagen,Euch und dem Gesinde, das mit euch hergekommen.Mir hat der K"onig Etzel noch gar selten wasgenommen."1756 Wie sehr sie sich wehrten, sie musten da bestehnBis an den vierten Morgen. Da sah man geschehnDurch des Wirthes Milde, was weithin ward bekannt:Er gab seinen G"asten beides, Ross’ und Gewand.1757 Nicht l"anger mocht es w"ahren, sie musten an ihr Ziel.Seines Gutes konnte R"udiger nicht vielVor seiner Milde sparen: wonach man trug Begehr,Das versagt’ er Niemand: er gab es gern den Helden hehr.1758 Ihr edel Ingesinde brachte vor das ThorGesattelt viel der Rosse; zu ihnen kam davorMancher fremde Recke, den Schild an der Hand,Da sie reiten wollten mit ihnen in Etzels Land.1759 Der Wirth bot seine Gaben den Degen allzumal,Eh die edeln G"aste kamen vor den Saal.Er konnte wohl mit Ehren in hoher Milde leben.Seine sch"one Tochter hatt er Geiselhern gegeben;1760 Da gab er Gernoten eine Waffe gut genug,Die hernach in St"urmen der Degen herrlich trug.Ihm g"onnte wohl die Gabe des Markgrafen Weib;Doch verlor der gute R"udiger davon noch Lebenund Leib.1761 Er gab K"onig Gunthern, dem Helden ohne Gleich,Was wohl mit Ehren f"uhrte der edle K"onig reich,Wie selten er auch Gab empfieng, ein gutes Streitgewand,Da neigte sich der K"onig vor des milden R"udger Hand.1762 Gotelind bot Hagnen, sie durfte es ohne Scham,Ihre freundliche Gabe: da sie der K"onig nahm,So sollt auch er nicht fahren zu dem HofgelagOhn ihre Steuer: der edle Held aber sprach:1763 "Alles, was ich je gesehn," entgegnete Hagen,"So begehr ich nichts weiter von hinnen zu tragenAls den Schild, der dorten h"angt an der Wand:Den m"ocht ich gerne f"uhren mit mir in der HeunenLand."1764 Als die Rede Hagens die Markgr"afin vernahm,Ihres Leids ermahnt’ er sie, dass ihr das Weinen kam.Mit Schmerzen gedachte sie an Nudungs Tod,Den Wittich hatt erschlagen; das schuf ihr Jammerund Noth.1765 Sie sprach zu dem Degen: "Den Schild willich euch geben.Wollte Gott vom Himmel, dass der noch d"urfte leben,Der einst ihn hat getragen! er fand im Kampf den Tod.Ich muss ihn st"ats beweinen: das schafft mir armemWeibe Noth!"1766 Da erhob sich vom Sitze die Markgr"afin mild:Mit ihren weissen H"anden hob sie herab den SchildUnd trug ihn hin zu Hagen: der nahm ihn an die Hand.Die Gabe war mit Ehren an den Recken gewandt.1767 Eine H"ulle lichten Zeuges auf seinen Farben lag.Bessern Schild als diesen beschien wohl nie der Tag.Mit edelm Gesteine War er so besetzt,Man h"att ihn im Handel wohl auf tausend Markgesch"atzt.1768 Den Schild hinwegzutragen befahl der Degen hehr.Da kam sein Bruder Dankwart auch zu Hofe her.Dem gab reicher Kleider R"udigers Kind genug,Die er bei den Heunen hernach mit Freuden noch trug.1769 Wie viel sie der Gaben empfiengen insgemein,Nichts w"urd in ihre H"ande davon gekommen sein,Wars nicht dem Wirth zu Liebe, der es so g"utlich bot.Sie wurden ihm so feind hernach, dass sie ihn schlagenmusten todt.1770 Da hatte mit der Fiedel Volker der schnelle HeldSich vor Gotelinde h"ofisch hingestellt.Er geigte s"usse T"one und sang dazu sein Lied:Damit nahm er Urlaub, als er von Bechlaren schied.1771 Da liess die Markgr"afin eine Lade n"aher tragen.Von freundlicher Gabe m"ogt ihr nun h"oren sagen:Zw"olf Spangen, die sie aus ihr nahm, schob sie ihman die Hand:"Die sollt ihr f"uhren, Volker, mit euch in der HeunenLand1772 Und sollt sie mir zu Liebe dort am Hofe tragen:Wenn ihr wiederkehret, dass man mir m"oge sagen,Wie ihr gedient mir habet bei dem Hofgelag."Wie sie ihn gebeten, so that der Degen hernach.1773 Der Wirth sprach zu den G"asten: "Dass ihr nun sichrerfahrt,Will ich euch selbst geleiten: so seid ihr wohl bewahrt,Dass ihr auf der Strasse nicht werdet angerannt."Seine Saumrosse die belud man gleich zur Hand.1774 Der Wirth war reisefertig und f"unfhundert MannMit Rossen und mit Kleidern: die f"uhrt’ er hindannZu dem Hofgelage mit fr"ohlichem Muth;Nach Bechelaren kehrte nicht Einer all der Ritter gut.1775 Mit minniglichen K"ussen der Wirth von dannen schied;Also that auch Geiselher, wie ihm die Liebe rieth.Sie herzten sch"one Frauen mit z"artlichem Umfahn:Das musten bald beweinen viel Jungfrauen wohlgethan.1776 Da wurden allenthalben die Fenster aufgethan,Als mit seinen Mannen der Markgraf ritt hindann.Sie f"uhlten wohl im Herzen voraus das herbe Leid:Drum weinten viel der Frauen und manche waidlicheMaid.1777 Nach den lieben Freunden trug Manche gross Beschwer,Die sie in Bechelaren ersahen nimmermehr.Doch ritten sie mit Freuden nieder an dem StrandDort im Donauthale bis in das heunische Land.1778 Da sprach zu den Burgunden der milde Markgraf hehr,R"udiger der edle: "Nun darf nicht l"anger mehrVerhohlen sein die Kunde, dass wir nach Heunlandkommen.Es hat der K"onig Etzel noch nie so Liebes vernommen."1779 Da ritt manch schneller Bote ins Oesterreicherland:So ward es allenthalben den Leuten bald bekannt,Dass die Helden k"amen von Worms "uber Rhein.Dem Ingesind des K"onigs konnt es nicht lieber sein.1780 Die Boten vordrangen mit diesen M"aren,Dass die Nibelungen bei den Heunen w"aren:"Du sollst sie wohl empfangen, Kriemhild, Fraue mein:Nach grossen Ehren kommen dir die lieben Br"uder dein."1781 Als die K"onigstochter vernahm die M"are,Zum Theil wich ihr vom Herzen ihr Leid, das schwere.Aus ihres Vaters Lande zog Mancher ihr heran,Durch den der K"onig Etzel bald grossen Jammer gewann.1782 "Nun wohl mir diese Freude," sprach da Kriemhild."Hier bringen meine Freunde gar manchen neuenSchildUnd Panzer gl"anzend helle: wer nehmen will mein GoldUnd meines Leids gedenken, dem will ich immer bleibenhold."1783 Sie gedachte heimlich: "Noch wird zu Allem Rath.Der mich an meinen Freuden so gar gepf"andet hat,Weiss ich es zu f"ugen, es soll ihm werden leidBei diesem Gastgebote: dazu bin ich gern bereit.1784 "Ich will es also Schaffen, dass meine Rach ergehtBei diesem Hofgelage, wie es hernach auch steht,An seinem argen Leibe, der mir hat benommenSo viel meiner Wonne: des soll mir nun Entgeltungkommen."