1785 Als die Burgunden kamen auf das Feld,Auf schlug man drei K"onigen gar herrlich Gezelt.Sie stiessen ein die Fahnen von eitel Golde roth.Da wusten nicht die Herren, wie ihnen nah war der Tod.1786 Da stieg zu den Zinnen Frau Kriemhild hinanUnd sah auf dem Felde reiten manchen Mann.Des freute sich heimlich das wundersch"one Weib:"Nun endlich wird gerochen des k"uhnen SiegfriedesLeib,1787 "Der mir so m"orderlich zu Tode ward geschlagen;Ich kann bis an mein Ende ihn nie genug beklagen.O weh der grossen Ehren, die ich muss verloren schaun:So tapfrer Mann lag nimmer noch im Arm einer Fraun.1788 "Seine grosse Tugend schafft mir Herzeleid:Wenn ich daran gedenke, wie er zu jener ZeitHin ritt mit so gesundem Leib, so mehrt sich meineKlage:Mir darf Niemand r"ugen das grosse Leid, das ich trage.1789 "Gott hatt ihn mir zu Manne aus aller Welt erkoren.W"ar Einem Mann die Tugend Tausender angeboren,Viel gr"ossere doch Siegfried ganz alleine trug."Sehr klagt’ um ihn die K"onigin, zu dem Herzensie sich schlug.1790 Alsbald ward dem Berner die M"are kund gethan.Da kam er geschwinde "uber den Hof heran;Er hatte Hilbranden der Sitte nach bei sich."Viel edle K"onigstochter, das liesset ihr billiglich,1791 "Dass man euch weinen s"ahe bei dieser Lustbarkeit.Ihr habt hieher beschieden aus fremden Landen weitViel der werthen Recken und manchen Biedermann:Dass man euch nun weinen sieht, das steht euchgar "ubel an."1792 "Ich mahne dich der Treue," sprach sie, "Hildebrand,Hast du je Gab empfangen aus meiner milden Hand,So r"ache mich an Hagen: ich gebe dir mein GoldUnd bin mit guten Treuen bis an mein Ende dir hold."1793 Da sprach zu ihr der Berner: "Ihr seid ein "ubel Weib,Dass ihr den Freunden rathet an Leben und Leib,Und habt so manchen Boten hin an den Rhein gesandt,Bis sie euch nun kamen zu Haus mit wehrlicher Hand.1794 "H"oret, Meister Hildebrand, so lieb als ich euch sei:Empfangt mir vom Rheine die K"onige alle dreiUnd heisst sie hier zu Felde liegen bis an den Tag,So warn ich sie mit Treue, so gut ich immer vermag."1795 Da ritt wohlgezogen Meister Hildebrand,Bis er die drei K"onige von dem Rheine fand.Er sprang vom Pferde ritterlich und liess sich auf die Knie:Die drei K"onige vom Rheine so empfing und gr"usst’er sie.1796 "Willkommen seid, Herr Gunther, K"onig an dem Rhein;So sei auch Herr Gernot, der liebe Bruder dein,Und Geiselher der junge und Hagen, ein starker Mann,Und noch manch schneller Recke, die ich nicht allenennen kann.1797 "Euch entbeut der Berner, der liebe Herre mein,Seine Huld und Freundschaft und will euch h"ulfreich sein.Er r"ath euch, hier im Felde zu liegen bis zum Tag:Dann warnt er euch mit Treuen, so gut er immer vermag.1798 "M"og euch Gott beh"uten hier vor aller Noth:Schon vor vierthalb Jahren war euch bereit der Tod.Geschworen hat Frau Kriemhild, eure Schwester,manchen Eid,Dass sie an euch will r"achen all ihr grosses Herzeleid.1799 "Er entbeut euch, dass ihr meidet, so lieb euchsei das Leben,Den Neubau an der Donau, wo euch Herbergist gegeben:Das sollt ihr mir glauben, und k"am darein ein Heer,Ihr m"ustet All ersterben und Keiner k"ame zur Wehr.1800 "Wisst, in drei sch"onen Rohren, die hohl von innen sind,Schwefel und Kohlen mischten sie falsch gesinnt:Das wird angez"undet, wenn sie zu Tische gehn.Davor sollt ihr euch h"uten ihr stolzen Degen ausersehn."1801 Des erschrak der K"onig, die Rede war ihm leid."Nun lohne Gott dir, Hildebrand, dass du uns gabstBescheidUnd dass du hast gewarnet manch heimatlosen Mann.Ich seh, wir treffen Treue bei den Heunen wenig an."1802 Des erlachten die Jungen und hielten es f"ur Spott.Da sprachen die Weisen: "Davor beh"ut uns Gott.Wir sind in grosser Treue geritten in das Land;Sie hat uns manchen Boten hin nach dem Rheinegesandt."1803 Da sprach wohlgezogen der K"onig Gernot:"Meine Schwester Kriemhild hat uns geladenin den Tod.Zu grosser Treue ritten wir her in diese Statt,Da meine sch"one Schwester uns vom Rhein geladen hat."1804 Da sprach der Fiedelspieler, der k"uhne Volker:"Ich kam der Gabe willen vom Rhein geritten her.Nun will ich drauf verzichten," so sprachder Fiedelmann:"Ich fiedle mit dem Schwerte das allerbeste, das ich kann.1805 "Erklingen meine T"one, so weichen sie zur"uck,Und wollen sie’s nicht lassen, so f"ugt es leicht das Gl"uck,Ich schlag Einem ritterlich einen schnellen Geigenschlag,Hat er einen treuen Freund, dass es der beweinen mag."1806 Als Hildebrand der alte von dannen wollte gehn,Geiselher der junge hiess ihn noch stille stehn.Er gab ihm einen Mantel, den er ihm zu Ehren trug;F"ur dreissig Mark Goldes hatt er Pfands daran genug.1807 An sich nahm den Mantel Meister HildebrandUnd ritt hin wohlgezogen, wo er den Berner fand."Schaut den reichen Mantel, der hier an mir zu sehn:Den gab mir Geiselher das Kind, als ich von ihm wolltegehn."1808 Als die Burgunden kamen in das Land,Da erfuhr es von Berne der alte Hildebrand.Er sagt’ es seinem Herren. Dietrichen war es leid;Er hiess ihn wohl empfangen der k"uhnen Ritter Geleit.1809 Da liess der starke Wolfhart die Pferde f"uhren her;Dann ritt mit dem Berner mancher Degen hehr,Sie zu begr"ussen, zu ihnen auf das Feld.Sie hatten aufgeschlagen da manches herrliche Zelt.1810 Als sie von Tronje Hagen aus der Ferne sah,Wohlgezogen sprach er zu seinen Herren da:"Nun hebt euch von den Sitzen, ihr Recken wohlgethan,Und geht entgegen denen, die euch hier wollen empfahn.1811 "Dort kommt ein Heergesinde, das ist mir wohlbekannt;Es sind viel schnelle Degen von Amelungenland.Sie f"uhrt Der von Berne, sie tragen hoch den Muth:Lasst euch nicht verschm"ahen die Dienste, die maneuch thut."1812 Da sprang von den Rossen wohl nach Fug und RechtMit Dietrichen nieder mancher Herr und Knecht.Sie giengen zu den G"asten, wo man die Helden fand,Und begr"ussten freundlich Die von der Burgunden Land.1813 Als sie der edle Dietrich ihm entgegen kommen sah,Liebes und Leides zumal ihm dran geschah.Er wuste wohl die M"are; leid war ihm ihre Fahrt:Er w"ahnte, R"udger w"ust es und h"att es ihnen offenbart.1814 "Willkommen mir, ihr Herren, Gunther und Geiselher,Gernot und Hagen, Herr Volker auch so sehr,Und Dankwart der schnelle: ist euch das nicht bekannt?Schwer beweint noch Kriemhild Denvon Nibelungenland."1815 "Sie mag noch lange weinen," so sprach da Hagen:"Er liegt seit manchem Jahr schon zu Tod erschlagen.Den K"onig der Heunen mag sie nun lieber haben:Siegfried kommt nicht wieder, er ist nun langebegraben."1816 "Siegfriedens Wunden lassen wir nun stehn:So lange lebt Frau Kriemhild, mag Schade wohlgeschehn."So redete von Berne der edle Dieterich:"Trost der Nibelungen, davor beh"ute du dich!"1817 "Wie soll ich mich beh"uten?" sprach der K"onig hehr."Etzel sandt uns Boten, was sollt ich fragen mehr?Dass wir zu ihm ritten her in dieses Land.Auch hat uns manche Botschaft meine SchwesterKriemhild gesandt."1818 "So will ich euch rathen," sprach wieder Hagen,"Lasst euch diese M"are doch zu Ende sagenDieterich den Herren und seine Helden gut,Dass sie euch wissen lassen der Frau Kriemhilde Muth."1819 Da giengen die drei K"onige und sprachen unter sich,Herr Gunther und Gernot und Herr Dieterich:"Nun sag uns, von Berne du edler Ritter gut,Was du wissen m"ogest von der K"onigin Muth."1820 Da sprach der Vogt von Berne: "Was soll ich weitersagen?Als dass ich alle Morgen weinen h"or und klagenEtzels Weib Frau Kriemhild in j"ammerlicher NothZum reichen Gott vom Himmel um des starken iegfriedTod."1821 "Es ist halt nicht zu wenden," sprach der k"uhne Mann,Volker der Fiedler, "was ihr uns kund gethan.Lasst uns zu Hofe reiten und einmal da besehn,Was uns schnellen Degen bei den Heunen m"ogegeschehn."1822 Die k"uhnen Burgunden hin zu Hofe ritten:Sie kamen stolz gezogen nach ihres Landes Sitten.Da wollte bei den Heunen gar mancher k"uhne MannVon Tronje Hagen schauen, wie der wohl w"are gethan.1823 Es war durch die Sage dem Volk bekannt genug,Dass er von Niederlanden Siegfrieden schlug,Aller Recken st"arksten, Frau Kriemhildens Mann:Drum ward so grosses Fragen bei Hof nach Hagen gethan.1824 Der Held war wohlgewachsen, das ist gewisslich wahr.Von Schultern breit und Br"usten; gemischt war sein HaarMit einer greisen Farbe; von Beinen war er langUnd schrecklich von Antlitz; er hatte herrlichen Gang.1825 Da schuf man Herberge den Burgundendegen;Gunthers Ingesinde liess man gesondert legen.Das rieth die K"onigstochter, die ihm viel Hasses trug:Daher man bald die Knechte in der Herberg erschlug.1826 Dankwart, Hagens Bruder, war da Marschall;Der K"onig sein Gesinde ihm fleissig anbefahl,Dass er es die F"ulle mit Speise sollte pflegen.Das that auch gar willig und gern dieser k"uhne Degen.1827 Kriemhild die sch"one mit dem Gesinde gieng,Wo sie die Nibelungen mit falschem Muth empfieng:Sie k"usste Geiselheren und nahm ihn bei der Hand.Als das Hagen sah von Tronje, den Helm er festersich band.1828 "Nach solchem Empfange," so sprach da Hagen,"M"ogen wohl Bedenken die schnellen Degen tragen;Man gr"usst die F"ursten ungleich und den Unterthan:Keine gute Reise haben wir zu dieser Hochzeit gethan."1829 Sie sprach: "Seid willkommen dem, der euch gerne sieht:Eurer Freundschaft willen kein Gruss euch hier geschieht.Sagt, was ihr mir bringet von Worms "uberrhein,Dass ihr mir so h"ochlich solltet willkommen sein?"1830 "Was sind das f"ur Sachen," sprach Hagen entgegen,"Dass euch Gaben bringen sollten diese Degen?So reich w"ar ich gewesen, h"att ich das gedacht,Dass ich euch meine Gabe zu den Heunen h"attgebracht."1831 "Nun frag ich um die M"are weiter bei euch an,Der Hort der Nibelungen, wohin ward der gethan?Der war doch mein eigen, das ist euch wohl bekannt:Den solltet ihr mir haben gebracht in K"onig EtzelsLand."1832 "In Treuen, Frau Kriemhild, schon mancher Tag ist hin,Den Hort der Nibelungen, seit ich des ledig bin,Ihn liessen meine Herren senken in den Rhein:Da muss er auch in Wahrheit bis zum j"ungsten Tage sein."1833 Die K"onigin versetzte: "Ich dacht es wohl vorher.Ihr habt mir noch wenig davon gebracht hieher,Wiewohl er war mein eigen und ich sein weiland pflag;Nach ihm und seinem Herren hab ich manchen leidenTag."1834 "Ich bring euch den Teufel!" sprach wieder Hagen,"Ich hab an meinem Schilde so viel zu tragenUnd an meinem Harnisch; mein Helm der ist licht,Das Schwert an meiner Seite: drum bring ich ihn euchnicht."1835 "Es war auch nicht die Meinung, als verlangte michnach Gold:So viel hab ich zu geben, ich entbehre leicht den Sold.Eines Mords und Doppelraubes, die man an mirgenommen,Daf"ur m"ocht ich Arme zu lieber Entgeltung kommen."1836 Da sprach die K"onigstochter zu den Recken allzumal:"Man soll keine Waffen tragen hier im Saal;Vertraut sie mir, ihr Helden, zur Verwahrung an.""In Treuen," sprach da Hagen, "das wird nimmergethan.1837 "Ich begehre nicht der Ehre, F"urstentochter mild,Dass ihr zur Herberge tragt meinen SchildUnd ander Streitger"athe; ihr seid hier K"onigin.So lehrte mich mein Vater, dass ich selbst ihr H"uter bin."1838 "O Weh dieses Leides!" sprach da Kriemhild:"Warum will mein Bruder und Hagen seinen SchildNicht verwahren lassen? Gewiss, sie sind gewarnt:Und w"ust ich, wer es hat gethan, der Tod der hielt’ihn umgarnt."1839 Im Zorn gab ihr Antwort Dietrich sogleich:"Ich bin es, der gewarnt hat die edeln F"ursten reichUnd Hagen den k"uhnen, der Burgunden Mann:Nur zu, du Braut des Teufels, du thust kein Leid mirdrum an."1840 Da sch"amte sich gewaltig die edle K"onigin:Sie f"urchtete sich bitter vor Dietrichs Heldensinn.Sie gieng alsdann von dannen, kein Wort mehr sprachsie da,Nur dass sie nach den Feinden mit geschwindenBlicken sah.1841 Da nahmen bei den H"anden zwei der Degen sich,Der Eine war Hagen, der Andere Dietrich.Da sprach wohlgezogen der Degen allbereit:"Eure Reise zu den Heunen die ist in Wahrheit mir leid,1842 "Da die K"onigstochter so gesprochen hat."Da sprach von Tronje Hagen: "Zu Allem wird schonRath."So sprachen zu einander die Recken wohlgethan.Das sah der K"onig Etzel, der gleich zu fragen begann:1843 "Die M"are wust ich gerne," befrug der K"onig sich,"Wer der Recke w"are, den dort Herr DietrichSo freundlich hat empfangen; er tr"agt gar hoch den Muth:Wie auch sein Vater heisse, er mag wohl sein ein Reckegut."1844 Antwort gab dem K"onig ein Kriemhildens-Mann:"Von Tronje ist er geboren, sein Vater hiess Aldrian;Wie zahm er hier gebare, er ist ein grimmer Mann:Ich lass euch das noch schauen, dass ich keine L"ugegethan."1845 "Wie soll ich das erkennen, dass er so grimmig ist?"Noch hatt er nicht Kunde von mancher argen List,Die wider ihre Freunde die K"onigin spann,Dass aus dem Heunenlande ihr auch nicht Einer entrann.1846 "Wohl kannt ich Hagen, er war mein Unterthan:Lob und grosse Ehre er hier bei mir gewann.Ich macht’ ihn zum Ritter und gab ihm mein Gold;Weil er sich getreu erwies, war ich immer ihm hold.1847 "Daher ist mir von Hagen Alles wohlbekannt.Zwei edle Kinder bracht ich als Geisel in diess Land,Ihn und von Spanien Walther: die wuchsen hier heran.Hagen sandt ich wieder heim; Walther mit Hildegundentrann."1848 So bedacht er alter Zeiten und was vordem geschehn.Seinen Freund von Tronje hatt er hier gesehn,Der ihm in seiner Jugend oft grosse Dienste bot;Jetzt schlug er ihm im Alter viel lieber Freunde zu Tod.