1912 Der Tag war nun zu Ende, es nahte sich die Nacht.Den reisem"uden Recken war die Sorg erwacht,Wann sie ruhen sollten und zu Bette gehn.Zur Sprache bracht es Hagen: Bescheid ist ihnengeschehn.1913 Zu dem Wirthe sprach da Gunther: "Gott lass euchswohlgedeihn:Wir wollen schlafen gehen, mag es mit Urlaub sein.Wenn ihr das gebietet, kommen wir morgen fruh."Der Wirth entliess die Gaste wohlgemuth zu ihrer Ruh.1914 Von allen Seiten dr"angen man die G"aste sah.Volker der k"uhne sprach zu den Heunen da:"Wie d"urft ihr uns Recken so vor die F"usse gehn?Und wollt ihr das nicht meiden, so wird euch"ubel geschehn.1915 "So schlag ich Dem und Jenem so schwerenGeigenschlag,Hat er einen Treuen, dass ders beweinen mag.Nun weicht vor uns Recken, f"urwahr, mich d"unkt es gut:Es heissen Alle Degen und haben doch nicht gleichenMuth."1916 Als in solchem Zorne sprach der Fiedelmann,Hagen der k"uhne sich umzuschaun begann.Er sprach: "Euch r"ath zum Heile der k"uhne Fiedeler.Geht zu den Herbergen, ihr in Kriemhildens Heer.1917 "Was ihr habt im Sinne, es f"ugt sich nicht dazu:Wollt ihr was beginnen, so kommt uns morgen fruhUnd lasst uns Reisem"uden heut in Frieden ruhn.Ich glaube, niemals werden es Helden williger thun."1918 Da brachte man die G"aste in einen weiten Saal,Zur Nachtruh eingerichtet den Recken allzumalMit k"ostlichen Betten, lang zumal und breit.Gern schuf ihnen Kriemhild das allergr"osseste Leid,1919 Schmucker Decken sah man von Arras da genugAus lichthellem Zeuge und manchen UeberzugAus Arabischer Seide, so gut sie mochten sein,Verbr"amt mit goldnen Borten, die gaben herrlichenSchein.1920 Viel Bettlaken fand man von Hermelin gemachtUnd von schwarzem Zobel, worunter sie die NachtSich Ruhe schaffen sollten bis an den lichten Tag.Ein K"onig mit dem Volke wohl nimmer herrlicher lag.1921 "O weh des Nachtlagers!" sprach Geiselher das Kind,"Und weh meiner Freunde, die mit uns kommen sind.Wie gut es meine Schwester uns auch hier erbot,Wir gewinnen, f"urcht ich, alle von ihrem Hasseden Tod."1922 "Nun lasst euer Sorgen," sprach Hagen der Degen,"Ich will heunte selber der Schildwache pflegenUnd getrau euch zu beh"uten bis morgen an den Tag:Seit des ohne Sorge: so entrinne, wer da mag."1923 Da neigten sich ihm Alle und sagten ihm Dank.Sie giengen zu den Betten. Da w"ahrt’ es nicht lang,Bis in Ruhe lagen die Helden wohlgethan.Hagen der k"uhne sich da zu waffnen begann.1924 Da sprach der Fiedelspieler, Volker der Degen:"Verschm"aht ihrs nicht, Hagen, so will ich mit euchpflegenHeunt der Schildwache bis morgen an den Tag."Da dankte Volkeren der Degen g"utlich und sprach:1925 "Nun lohn euch Gott vom Himmel, viel lieber Volker!Zu allen meinen Sorgen w"unsch ich mir Niemand mehrAls nur euch alleine, befahr ich irgend Noth.Ich will es wohl vergelten, es verwehr es denn der Tod."1926 Da kleideten die Beiden sich in ihr licht Gewand,Jedweder fasste den Schild an seine Hand,Sie giengen aus dem Hause vor die Th"ure stehnUnd h"uteten der G"aste; das ist mit Treuen geschehn.1927 Volker der schnelle lehnte von der HandSeinen Schild den guten an des Saales Wand.Dann wandt er sich zur"ucke, wo seine Geige war,Und diente seinen Freunden: es ziemt ihm also f"urwahr.1928 Unter des Hauses Th"ure setzt’ er sich auf den Stein.K"uhnrer Fiedelspieler mochte nimmer sein.Als der Saiten T"onen ihm so hold erklang,Die stolzen Heimatlosen die sagten Volkern den Dank.1929 Da t"onten seine Saiten, dass all das Haus erscholl;Seine Kraft und sein Geschicke die waren beide voll.S"usser und sanfter zu geigen hub er an:So spielt’ er in den Schlummer gar manchen sorgendenMann.1930 Da sie entschlafen waren und Volker das befand,Da nahm der Degen wieder den Schild an die HandUnd gieng aus dem Hause vor die Th"ure stehn,Seine Freunde zu beh"uten vor Denen in KriemhildsLehn.1931 Wohl der Nacht inmitten, wenn es erst da geschah,Volker der k"uhne einen Helm ergl"anzen sahFernher durch das Dunkel: Die Kriemhild unterthan,H"atten an den G"asten gerne Schaden gethan.1932 Bevor diese Recken Kriemhild hatt entsandt,Sie sprach: "Wenn ihr sie findet, so seid um Gottermahnt,Dass ihr Niemand t"odtet als den einen Mann,Den ungetreuen Hagen; die Andern r"uhret nicht an."1933 Da sprach der Fiedelspieler: "Nun seht, Freund Hagen,Uns ziemt, diese Sorge gemeinsam zu tragen.Gewaffnet vor dem Hause seh ich Leute stehn:So viel ich mag erkennen, kommen sie uns zu bestehn."1934 "So schweigt," sprach da Hagen, "lasst sie erst n"aher her.Eh sie uns inne werden, wird ihrer Helme WehrZerschroten mit den Schwertern von unser Beider Hand:Sie werden Kriemhilden "ubel wieder heimgesandt."1935 Der Heunenrecken Einer das gar bald ersah,Die Th"ure sei beh"utet: wie schnell sprach er da:"Was wir im Sinne hatten, kann nun nicht geschehn:Ich seh den Fiedelspieler vor dem Hause Schildwachtstehn.1936 "Er tr"agt auf dem Haupte einen Helm von lichtemGlanz,Der ist hart und lauter, stark dazu und ganz.Auch loh’n die Panzerringe ihm, wie das Feuer thut.Daneben steht auch Hagen: die G"aste sind in guterHut."1937 Da wandten sie sich wieder. Als Volker das ersah,Zu seinem Heergesellen in Zorn sprach er da:"Nun lasst mich von dem Hause zu den Recken gehn:So frag ich um die M"are Die in Kriemhildens Lehn."1938 "Nein, wenn ihr mich lieb habt," sprach Hagenentgegen,"K"amt ihr aus dem Hause, diese schnellen DegenBr"achten euch mit Schwertern leicht in solche Noth,Dass ich euch helfen m"uste, w"ars aller meiner FreundeTod.1939 "Wenn wir dann Beide k"amen in den Streit,So m"ochten ihrer zweie oder vier in kurzer ZeitZu dem Hause springen und sch"ufen solche NothDrinnen an den Schlafenden, dass wir bereuten biszum Tod."1940 Da sprach wieder Volker: "So lasst es nur geschehn,Dass sie inne werden, wir haben sie gesehn:So k"onnen uns nicht l"augnen Die Kriemhild unterthan,Dass sie gerne treulos an den G"asten h"atten gethan."1941 Da rief der Fiedelspieler den Heunen entgegen:"Wie geht ihr so bewaffnet, ihr behenden Degen?Wollt ihr morden reiten, ihr Kriemhild unterthan?So nehmt mich zur H"ulfe und meinen Heergesellen an,"1942 Niemand gab ihm Antwort; zornig war sein Muth:"Pfui, feige B"osewichter," sprach der Degen gut,"Im Schlaf uns zu ermorden, schlicht ihr dazu heran?Das ward so guten Helden bisher noch selten gethan."1943 Bald ward auch die M"are der K"onigin bekanntVom Abzug ihrer Boten: wie schwer sie das empfand!Da f"ugte sie es anders; gar grimmig war ihr Muth.Da musten bald verderben viel der Helden k"uhn und gut.