2191 "Nun bindet ab die Helme," sprach Hagender Degen:"Ich und mein Geselle wollen euer pflegen.Und versuchten es noch einmal Die Etzeln unterthan,So warn ich meine Herren, so geschwind ich immerkann."2192 Da band den Helm vom Haupte mancher Ritter gut.Sie setzten auf die Leichen sich nieder, die ins BlutWaren zum Tode von ihrer Hand gekommen.Da ward der edeln G"aste mit Erbittrung wahrgenommen.2193 Noch vor dem Abend schuf der K"onig hehrUnd Kriemhild die K"onigin, dass es der Heunen mehrNoch versuchen musten; man sah vor ihnen stehnWohl an zwanzigtausend: die musten da zum Kampfegehn.2194 Da drang zu den G"asten ein harter Sturm heran.Dankwart, Hagens Bruder, der kraftvolle Mann,Sprang von seinen Herren zu den Feinden vor das Thor.Sie versahn sich seines Todes; doch sah man heil ihn davor.2195 Das harte Streiten w"ahrte, bis es die Nacht benahm.Da wehrten sich die G"aste wie Helden lobesamWider Etzels Recken den sommerlangen Tag.Hei! was guter Helden im Tod vor ihnen erlag!2196 Zu einer Sonnenwende der grosse Mord geschah:Ihres Herzens Jammer r"achte Kriemhild daAn ihren n"achsten Freunden und manchem andernMann,Wodurch der K"onig Etzel nie wieder Freude gewann.2197 Sie hatte nicht gesonnen auf solche M"orderschlacht.Als sie den Streit begonnen, hatte sie gedacht,Hagen sollt alleine dabei sein Ende sehn.Da schuf der b"ose Teufel, "uber Alle must es ergehn.2198 Der Tag war zerronnen; ihnen schuf nun Sorge Noth.Sie gedachten, wie doch besser war ein kurzer Tod,Als sich so lang zu qu"alen in ungef"ugem Leid.Da w"unschten einen Frieden die grossen Ritter allbereit.2199 Sie baten, dass man br"achte den K"onig vor den Saal.Die blutrothen Helden, geschw"arzt vom rostgen Stahl,Traten aus dem Hause und die drei K"onge hehr.Sie wusten nicht, wem klagen ihres grossen LeidsBeschwer.2200 Etzel und Kriemhild kamen beide her;Das Land war ihnen eigen, drum mehrte sich ihr Heer.Er sprach zu den G"asten: "Sagt, was begehrt ihr mein?Wollt ihr Frieden haben? das k"onnte nun schwerlich sein2201 "Nach so grossem Schaden, als ihr mir habt gethan.Es kommt euch nicht zu Statten, so lang ich athmenkann:Mein Kind, das ihr erschluget, und viel der Freunde mein,Fried und S"uhne soll euch st"ats daf"ur geweigert sein."2202 Antwort gab ihm Gunther: "Uns zwang wohlgrosse Noth.All mein Gesinde lag vor deinen Helden todtIn der Herberge: verdient ich solchen Sold?Ich kam zu dir auf Treue und w"ahnte, du warstmir hold."2203 Da sprach von Burgunden Geiselher das Kind:"Ihr Helden K"onig Etzels, die noch am Leben sind,Wes zeiht ihr mich, ihr Degen? was hatt ich euch gethan,Der ich die Fahrt so g"utlich zu diesem Lande begann?"2204 Sie sprachen: "Deiner G"ute ist all die Burg hier vollMit Jammer gleich dem Lande; wir g"onnten dir es wohl,W"arst du nie gekommen von Worms "uberrhein.Das Land ist gar verwaiset durch dich und die Br"uderdein."2205 Da sprach im Zornmuthe Gunther der Held:"W"unscht ihr noch diess Morden im Frieden eingestelltMit uns Heimatlosen, das ist uns beiden gut;Es ist gar unverschuldet, was uns K"onig Etzel thut."2206 Der Wirt sprach zu den G"asten: "mein und euer LeidSind einander ungleich: die grosse Noth im Streit,Der Schaden und die Schande, die ich von euch gewann,Daf"ur soll euer Keiner mir lebend kommen hindann."2207 Da sprach zu dem K"onig der starke Gernot:"So soll euch Gott gebieten, dass ihr die Lieb uns thut:Weichet von dem Hause und lasst uns zu euch gehn.Wir wissen wohl, bald ist es um unser Leben geschehn.2208 "Was uns geschehen k"onne, das lasst schnell ergehn:Ihr habt so viel Gesunde, die d"urfen uns bestehnUnd geben uns vom Streite M"uden leicht den Tod:Wie lange solln wir Recken bleiben in so grimmer Noth?"2209 Von K"onig Etzels Reden war es fast geschehn,Dass sie die Helden liessen aus dem Saale gehn.Als das Kriemhild h"orte, es war ihr grimmig leid.Da war den Heimathlosen mit Nichten S"uhne bereit.2210 "Nein, edle Recken, worauf euch sinnt der Muth,Ich will euch treulich raten, dass ihr das nimmer thut,Dass ihr die Mordgierigen lasst vor den Saal;Sonst m"ussen eure Freunde leiden t"odtlichen Fall.2211 "Und lebten nur alleine, die Utens S"ohne’ sind,Und k"amen meine edeln Br"uder an den Wind.Dass sie die Panzer k"uhlten, ihr alle w"art verloren:Es wurden k"uhnre Degen noch nie auf Erden geboren."2212 Da sprach der junge Geiselher: "Viel sch"one Schwestermein,Wie h"att ich dir das zugetraut, dass du mich "uberrheinHer zu Lande ladetest in diese grosse Noth:Wie m"ocht ich an den Heunen hier verdienen den Tod?2213 "Ich hielt dir st"ate Treue, that nie ein Leid dir an:Ich kam auch her zu Hilfe geritten in dem Wahn,Du w"arst mir gewogen, viel liebe Schwester mein,Nun schenk uns deine Gnade, da es anders nicht mag sein."2214 "Ich schenk euch keine Gnade, Ungnad ich selbstgewann:Mir hat von Tronje Hagen so grosses Leid gethanDaheim, und hier zu Lande erschlug er mir mein Kind:Das m"ussen schwer entgelten, die mit euch hergekommensind."2215 Wollt ihr mir aber Hagen allein zum Geisel geben,So will ichs nicht verweigern, dass ich euch lasse leben.Denn meine Br"uder seid ihr, der gleichen Mutter Kind:So red ich um die S"uhne mit den Helden, die hier sind."2216 "Nicht woll es Gott vom Himmel," sprach da Gernot."Und waren unser tausend, wir wollten alle todtVor deinen Freunden liegen eh wir dir Einen MannHier zu Geisel g"aben: das wird nimmer gethan."2217 "Wir m"usten doch ersterben," sprach da Geiselher,"So soll uns Niemand scheiden von ritterlicher Wehr.Wer gerne mit uns stritte, wir sind noch immer hie:Verrieth ich meine Treue an einem Freunde doch nie."2218 Da sprach der k"uhne Dankwart, es ziemt’ ihm wohlzu sagen:"Noch steht nicht alleine hier mein Bruder Hagen.Die uns den Frieden weigern, beklagen es noch schwer,Des sollt ihr inne werden, ich sags euch wahrlich vorher."2219 Da sprach die K"onigstochter: "Ihr Helden allbereit,Nun geht der Stiege n"aher und r"acht unser Leid.Das will ich st"ats verdienen, wie ich billig soll:Der Uebermuth Hagens, dessen lohn ich ihm wohl.2220 "Lasst keinen aus dem Hause der Degen allzumal:So lass ich an vier Enden anz"unden hier den Saal.So wird noch wohl gerochen all mein Herzeleid."K"onig Etzels Recken sah man bald dazu bereit.2221 Die noch draussen standen, die trieb man in den SaalMit Schl"agen und mit Sch"ussen: da gab es lauten Schall.Doch wollten sich nicht scheiden die F"urstenund ihr Heer:Sie liessen von der Treue zu einander nicht mehr.2222 Den Saal in Brand zu stecken gebot da Etzels Weib.Da qu"alte man den Helden mit Feuersglut den Leib.Das Haus vom Wind ergriffen gerieth in hohen Brand.Nie wurde solcher Schrecken noch einem Volksheerbekannt.2223 Da riefen Viele drinnen: "O weh dieser Noth!Da m"ochten wir ja lieber im Sturm liegen todt.Das m"oge Gott erbarmen; wie sind wir all verlorn!Wie grimmig r"acht die K"onigin an uns allen ihren Zorn!"2224 Da sprach darinnen Einer: "Wir finden hier den TodVor Rauch und vor Feuer: wie grimm ist diese Noth!Mir thut vor starker Hitze der Durst so schrecklich weh,Ich f"urchte, mein Leben in diesen N"othen zergeh!"2225 Da sprach von Tronje Hagen: "Ihr edlen Ritter gut,Wen der Durst will zwingen, der trinke hier das Blut.Das ist in solcher Hitze besser noch als Wein;Es mag halt zu trinken hier nichts Besseres sein."2226 Hin gieng der Recken Einer, wo er einen Todten fand:Er kniet’ ihm zu der Wunde, den Helm er niederband.Da begann er zu trinken das fliessende Blut.So wenig ers gewohnt war, er fand es k"ostlich und gut.2227 "Nun lohn euch Gott, Herr Hagen," sprachder m"ude Mann,"Dass ich von eurer Lehre so guten Trank gewann.Man schenkte mir selten noch einen bessern Wein.So lang ich leben bleibe will ich euch st"ats gewogen sein."2228 Als das die Andern h"orten, es d"auchte ihn so gut,Da fanden sich noch Viele, die tranken auch das Blut.Davon kam zu Kr"aften der guten Recken Leib:Des entgalt an lieben Freunden bald manches waidlicheWeib.2229 Das Feuer fiel gewaltig auf sie in den Saal:Sie wandten mit den Schilden es von sich ab im Fall.Der Rauch und auch die Hitze schmerzten sie gar sehr.Also grosser Jammer geschieht wohl Helden nimmermehr.2230 Da sprach von Tronje Hagen: "Stellt euch an die Wand;Lasst nicht die Br"ande fallen auf eurer Helme BandUnd tretet sie mit F"ussen tiefer in das Blut.Eine "uble Hochzeit ist es, zu der die K"onigin uns lud."2231 Unter solchen N"othen zerrann zuletzt die Nacht.Noch hielt vor dem Hause der k"uhne Spielmann WachtUnd Hagen sein Geselle, gelehnt auf Schildesrand,Noch gr"ossern Leids gew"artig von Denen aus EtzelsLand.2232 Dass der Saal gew"olbt war, half den G"asten sehr;Dadurch blieben ihrer am Leben desto mehr,Wiewohl sie an den Fenstern von Feuer litten Noth.Da wehrten sich die Degen, wie Muth und Ehre gebot.2233 Da sprach der Fiedelspieler: "Gehn wir in den Saal:Da w"ahnen wohl die Heunen, wir seien allzumalVon der Qual erstorben, die sie uns angethan:Dann kommen doch noch Etliche zum Streitmit ihnen heran."2234 Da sprach von Burgunden Geiselher das Kind:"Ich w"ahn, es wolle tagen, sich hebt ein k"uhler Wind.Nun lass uns Gott vom Himmel noch liebre Zeit erleben!Eine arge Hochzeit hat uns meine Schwester Kriemhildgegeben."2235 Da sprach wieder Einer: "Ich sp"ure schon den Tag.Wenn es denn uns Degen nicht besser werden mag,So bereitet euch, ihr Recken, zum Streit, das ist uns Noth:Da wir doch nicht entrinnen, dass wir mit Ehrenliegen todt."2236 Der K"onig mochte w"ahnen, die G"aste w"aren todtVon den Beschwerden allen und von des Feuers Noth,Da lebten doch so K"uhner noch drin sechshundertMann,Dass wohl nie ein K"onig bessre Degen gewann.2237 Der Heimathlosen H"uter hatten wohl gesehn,Dass noch die G"aste lebten, was ihnen auch geschehnZu Schaden war und Leide, den Herrn und ihrem Lehn.Man sah sie in dem Hause noch gar wohl geborgen gehn.2238 Man sagte Kriemhilden, noch Viele lebten drin."Wie w"are das m"oglich," sprach die K"onigin,"Dass noch Einer lebte nach solcher Feuersnoth?Eher will ich glauben, sie fanden Alle den Tod."2239 Noch w"unschten zu entkommen die F"ursten und ihr Lehn,Wenn an ihnen Gnade noch jemand liess’ ergehn.Die konnten sie nicht finden in der Heunen Land:Da r"achten sie ihr Sterben mit gar williger Hand.2240 Schon fr"uh am andern Morgen man ihnen Gr"usse botMit heftigem Angriff; wohl schuf das Helden Noth.Zu ihnen aufgeschossen ward mancher scharfe Sper;Doch fanden sie darinnen die k"uhnen Recken wohlzur Wehr.2241 Dem Heergesinde Etzels war erregt der Muth,Dass sie verdienen wollten Frau Kriemhildens GutUnd alles willig leisten, was der F"urst gebot:Da muste bald noch Mancher von ihnen schauen den Tod.2242 Von Verheissen und von Gaben mochte man Wundersagen:Sie liess ihr Gold, das rothe, auf Schilden vor sich tragen;Sie gab es Jedem willig, Der es wollt empfahn.Nie wurden wider Feinde so grosse Sch"atze verthan.2243 Gewaffnet trat der Recken eine grosse Macht zur Th"ur.Da sprach der Fiedelspieler. "Wir sind noch immer hier:So gern sah ich Helden zum Streiten nimmer kommen,Als die das Gold des K"onigs uns zu verderbengenommen."2244 Da riefen ihrer Viele: "Nur n"aher zu dem Streit!Da wir doch fallen m"ussen, so thun wirs gern bei Zeit.Hier wird Niemand bleiben, als wer doch sterben soll."Da staken ihre Schilde gleich von Spersch"ussen voll.2245 Was soll ich weiter sagen? Wohl zw"olfhundert DegenVersuchtens auf und nieder mit starkenSchwertesschl"agen.Da k"uhlten an den Feinden die G"aste wohl den Muth.Kein Friede war zu hoffen, drum sah man fliessendas Blut2246 Aus tiefen Todeswunden: Deren wurden viel geschlagen.Man h"orte nach den Freunden Jeglichen klagen.Die Biedern starben alle dem reichen K"onig hehr:Da hatten liebe Freunde nach ihnen Leid und Beschwer.