Читаем Verbrechen und Strafe (Schuld und Sühne) полностью

»Gott sei Dank! Und wir haben gerade das befürchtet, ich und Ssofja Ssemjonowna! Also glaubst du noch an das Leben! ... Gott sei Dank, Gott sei Dank.«

Raskolnikow lächelte bitter.

»Ich glaube nicht, aber eben habe ich mit der Mutter geweint, wir hielten uns dabei umarmt; ich glaube nicht, aber ich bat sie, für mich zu beten. Gott weiß, wie das gemacht wird, Dunjetschka, ich verstehe nichts davon.«

»Du warst bei der Mutter? Du hast es ihr gesagt?« rief Dunja entsetzt aus. »Hast du dich wirklich entschlossen, es ihr zu sagen?«

»Nein, ich habe nichts gesagt ... nicht mit Worten; aber sie hat vieles begriffen. Sie hat in der Nacht gehört, wie du phantasiert hast. Ich bin überzeugt, daß sie es zur Hälfte schon begreift. Vielleicht ist es nicht gut, daß ich bei ihr war. Ich weiß auch nicht, warum ich zu ihr gegangen bin. Ich bin ein gemeiner Mensch, Dunja.«

»Ein gemeiner Mensch, bist aber bereit, das Leid auf dich zu nehmen! Du gehst doch hin?«

»Ich gehe. Sofort. Ja, um dieser Schande zu entrinnen, wollte ich mich ertränken, Dunja; aber als ich schon über dem Wasser stand, dachte ich mir: wenn ich mich bisher für stark gehalten habe, so werde ich auch die Schande nicht fürchten. Das ist der Stolz, Dunja.«

»Der Stolz, Rodja.«

Es leuchtete wie ein Feuer in seinen erloschenen Augen auf; es schien ihm Freude zu machen, daß er noch stolz sei.

»Glaubst du nicht, Schwester, daß ich vor dem Wasser einfach Angst bekam?« fragte er, ihr mit einem häßlichen Lächeln ins Gesicht blickend.

»O Rodja, hör auf!« rief Dunja aus.

An die zwei Minuten schwiegen sie beide. Er saß mit gesenktem Kopfe da und blickte zu Boden; Dunjetschka saß am anderen Ende des Tisches und sah ihn voller Qual an. Plötzlich stand er auf.

»Es ist spät, es ist Zeit! Ich gehe gleich hin, mich anzuzeigen. Aber ich weiß nicht, warum ich gehe, mich anzuzeigen.«

Große Tränen liefen ihr die Wangen herab.

»Du weinst, Schwester, kannst du mir aber die Hand reichen?«

»Und du zweifeltest daran?«

Sie umarmte ihn.

»Indem du hingehst, um das Leid auf dich zu nehmen, büßest du denn dein Verbrechen nicht schon zur Hälfte ab?!« schrie sie, ihn fest umarmend und küssend.

»Verbrechen? Was ist das für ein Verbrechen?!« rief er in einem Anfall plötzlicher Wut. »Daß ich eine abscheuliche, schädliche Laus, eine alte Wucherin, die niemand braucht, für deren Ermordung einem vierzig Sünden vergeben werden, die den Armen alle Säfte aussog, ermordet habe – das soll ein Verbrechen sein?! Ich denke gar nicht daran und will es auch gar nicht büßen. Was deutet man mir von allen Seiten auf das Wort, Verbrechen'? Jetzt erst sehe ich den ganzen Unsinn meiner Kleinmütigkeit, jetzt, wo ich mich schon entschlossen habe, diese ganz unnötige Schande auf mich zu nehmen! Ich entschließe mich dazu bloß aus Gemeinheit und Talentlosigkeit, vielleicht auch noch aus Berechnung, wie dieser ... Porfirij ... mir vorgeschlagen hat! ...«

»Bruder, Bruder, was sagst du! Du hast aber doch Blut vergossen!« rief Dunja voll Verzweiflung aus.

»Das alle vergießen,« fiel er ihr fast rasend ins Wort, »das in der Welt wie ein Wasserfall fließt und immer geflossen ist, das man wie Champagner vergießt und für das man auf dem Kapitol gekrönt und dann als Wohltäter der Menschheit gepriesen wird. Betrachte die Sache doch näher! Ich selbst wollte den Menschen Gutes tun und hätte Hunderte und Tausende guter Werke getan statt dieser einzigen Dummheit, sogar keiner Dummheit, sondern bloß einer Ungeschicklichkeit, denn dieser ganze Gedanke war gar nicht so dumm, wie er jetzt erscheint, nach dem Mißerfolg ... (nach dem Mißerfolg erscheint alles dumm!). Durch diese Dummheit wollte ich mir bloß eine unabhängige Stellung verschaffen, den ersten Schritt tun, die Mittel auftreiben, und dann würde alles durch einen im Verhältnis unermeßlichen Nutzen aufgewogen werden ... Aber ich habe auch den ersten Schritt nicht ausgehalten, denn ich bin ein Schuft! Das ist eben die ganze Sache! Und doch werde ich es niemals mit euren Augen ansehen: Wäre es mir gelungen, so würde man mich gekrönt haben, so aber muß ich in die Falle!«

»Aber das ist doch gar nicht das, gar nicht das! Bruder, was sagst du nur!«

»Ah! Es ist nicht die richtige Form, sie ist nicht ästhetisch genug! Aber ich kann doch unmöglich begreifen, warum es respektabler sein soll, die Menschen durch Bomben umzubringen! Die Furcht vor den Gesetzen der Ästhetik ist das erste Zeichen der Schwäche! ... Noch niemals, niemals habe ich es klarer als jetzt begriffen, und weniger als jemals begreife ich jetzt mein Verbrechen! Niemals, niemals war ich stärker und überzeugter als jetzt!«

In sein blasses, ausgemergeltes Gesicht war sogar Blut gestiegen. Als er aber die letzten Worte sprach, begegnete er zufällig mit seinem Blick den Augen Dunjas und sah darin so viel, so viel Qual um seinetwillen, daß er unwillkürlich zur Besinnung kam. Er fühlte, daß er diese beiden armen Frauen immerhin unglücklich gemacht hatte. Immerhin war er die Ursache.

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