Читаем Verbrechen und Strafe (Schuld und Sühne) полностью

Kaum war sie aber hinausgegangen, als er aufstand, die Tür zuhakte, den Pack mit Kleidern, den Rasumichin vorhin mitgebracht und wieder zugebunden hatte, wieder aufband und sich anzukleiden begann. Seltsam: plötzlich schien er völlig beruhigt; das halbwahnsinnige Delirium von vorhin und die panische Angst, die ihn in der ganzen letzten Zeit verfolgte, waren weg. Es war der erste Augenblick einer seltsamen plötzlichen Beruhigung. Seine Bewegungen waren genau und klar und zeugten von einem festen Entschluß. »Heute noch, heute noch! ...« murmelt er vor sich hin. Er sah wohl ein, daß er noch schwach war, doch die äußerste seelische Spannung, die zu einer Ruhe, zu einer unbeweglichen Idee geworden war, verlieh ihm Kräfte und Selbstvertrauen; er hoffte übrigens, daß er auf der Straße nicht hinfallen würde. Nachdem er lauter neue Sachen angezogen hatte, erblickte er das Geld, das auf dem Tische lag, überlegte und steckte es in die Tasche. Es waren fünfundzwanzig Rubel. Er nahm auch alle die kupfernen Fünfkopekenstücke mit, den Rest von den zehn Rubeln, die Rasumichin für die Kleider ausgegeben hatte. Dann hob er leise den Haken ab, ging aus dem Zimmer und stieg die Treppe hinab; er warf einen Blick in die weit geöffnete Küche: Nastasja stand mit dem Rücken zu ihm und blies gebückt in den Samowar der Wirtin. Sie hörte nichts. Wer hätte auch erwarten können, daß er fortgehen würde? Nach einer Minute war er schon auf der Straße.

Es war gegen acht Uhr, die Sonne ging unter. Es herrschte die frühere Schwüle, er aber atmete mit Gier diese stinkende, staubige, durch die Stadt verpestete Luft. Der Kopf schwindelte ihm ein wenig, eine eigentümliche wilde Energie leuchtete plötzlich aus seinen entzündeten Augen und aus seinem abgemagerten, gelblich-weißen Gesicht. Er wußte nicht, überlegte auch nicht, wohin er gehen würde: er wußte nur das eine: »daß man dem allen heute noch, sofort auf einen Schlag, ein Ende machen müsse; daß er anders nicht nach Hause zurückkommen würde, weil er so nicht leben könne«. Doch wie ein Ende machen? Wodurch? Davon hatte er keine Ahnung und wollte daran auch nicht denken. Er versuchte den Gedanken zu verscheuchen, denn der Gedanke quälte ihn. Er fühlte und wußte nur, daß es notwendig war, daß alles sich ändere, so oder anders, »ganz gleich wie«, – das wiederholte er mit einer verzweifelten, unbeweglichen Entschlossenheit und großem Selbstvertrauen.

Nach alter Gewohnheit ging er den gewöhnlichen Weg seiner früheren Wanderungen zum Heumarkt. Kurz vor dem Heumarkte stand auf dem Straßenpflaster vor einem kleinen Laden ein junger schwarzhaariger Leierkastenmann und leierte ein rührendes Lied. Er begleitete ein etwa fünfzehnjähriges Mädchen, das auf dem Trottoir stand und wie ein vornehmes Fräulein mit Krinoline, Mantille, Handschuhen und einem Strohhut mit einer feuerroten Feder bekleidet war; alle diese Sachen waren alt und abgetragen. Mit einer zittrigen, aber recht angenehmen und starken Stimme sang sie ihr Lied in Erwartung eines Zweikopekenstücks aus dem Laden. Raskolnikow blieb neben zwei oder drei anderen Zuhörern stehen, hörte eine Weile zu, holte ein Fünfkopekenstück aus der Tasche und legte es dem jungen Mädchen in die Hand. Jenes brach den Gesang bei der empfindsamsten und höchsten Note ab, rief dem Leierkastenmann scharf zu: »Genug!« und beide gingen weiter, zu dem nächsten Laden.

»Lieben Sie Straßengesang?« wandte sich Raskolnikow an einen nicht mehr jungen Passanten, der neben ihm vor dem Leierkasten stand und wie ein Flaneur aussah. Jener blickte ihn bestürzt und erstaunt an. – »Ich liebe ihn«, fuhr Raskolnikow fort, doch mit einer Miene, als rede er gar nicht vom Straßengesang. »Ich liebe es, wenn an einem kalten, dunklen und feuchten Herbstabend zum Leierkasten gesungen wird, unbedingt an einem feuchten, wenn alle Leute auf der Straße blaßgrüne und kranke Gesichter haben; oder noch besser, wenn nasser Schnee ganz gerade, ohne Wind herabfällt, wissen Sie, und die Flammen der Gaslaternen hindurchleuchten ...«

»Ich weiß nicht ... Entschuldigen Sie ...« murmelte der Herr, wie durch die Frage, so auch durch das sonderbare Aussehen Raskolnikows erschreckt, und ging auf die andere Straßenseite hinüber.

Raskolnikow ging geradeswegs weiter und gelangte zu der Ecke des Heumarktes, wo der Kleinbürger und seine Frau, die damals mit Lisaweta sprachen, ihre Verkaufsstände hatten; jetzt waren sie aber nicht da. Als er aber die Stelle erkannt hatte, blieb er stehen, sah sich um und wandte sich an einen jungen Burschen im roten Hemde, der vor dem Eingange zu einem Mehllager gähnte.

»Hier handelt doch an der Ecke ein Kleinbürger mit einem Weib, seiner Frau, wie?«

»Allerlei Leute handeln hier«, antwortete der Bursche, Raskolnikow mit einem Blicke messend.

»Wie heißt er?«

»Wie man ihn getauft hat, so heißt er.«

»Bist du nicht auch aus dem Saraisker Kreise? Aus welchem Gouvernement bist du?«

Der Bursche sah Raskolnikow von oben herab an.

Перейти на страницу:

Похожие книги

Бывшие люди
Бывшие люди

Книга историка и переводчика Дугласа Смита сравнима с легендарными историческими эпопеями – как по масштабу описываемых событий, так и по точности деталей и по душераздирающей драме человеческих судеб. Автору удалось в небольшой по объему книге дать развернутую картину трагедии русской аристократии после крушения империи – фактического уничтожения целого класса в результате советского террора. Значение описываемых в книге событий выходит далеко за пределы семейной истории знаменитых аристократических фамилий. Это часть страшной истории ХХ века – отношений государства и человека, когда огромные группы людей, объединенных общим происхождением, национальностью или убеждениями, объявлялись чуждыми элементами, ненужными и недостойными существования. «Бывшие люди» – бестселлер, вышедший на многих языках и теперь пришедший к русскоязычному читателю.

Дуглас Смит , Максим Горький

Публицистика / Русская классическая проза
Рецензии
Рецензии

Самое полное и прекрасно изданное собрание сочинений Михаила Ефграфовича Салтыкова — Щедрина, гениального художника и мыслителя, блестящего публициста и литературного критика, талантливого журналиста, одного из самых ярких деятелей русского освободительного движения.Его дар — явление редчайшее. трудно представить себе классическую русскую литературу без Салтыкова — Щедрина.Настоящее Собрание сочинений и писем Салтыкова — Щедрина, осуществляется с учетом новейших достижений щедриноведения.Собрание является наиболее полным из всех существующих и включает в себя все известные в настоящее время произведения писателя, как законченные, так и незавершенные.В пятый, девятый том вошли Рецензии 1863 — 1883 гг., из других редакций.

Михаил Евграфович Салтыков-Щедрин

Критика / Проза / Русская классическая проза / Документальное