Читаем Verbrechen und Strafe (Schuld und Sühne) полностью

»Nicht wahr?« fuhr Pjotr Petrowitsch mit einem gewinnenden Blick auf Sossimow fort. »Sie werden doch selbst zugeben«, sagte er, sich an Rasumichin wendend, doch schon im Tone eines gewissen Triumphes und einer Überlegenheit; beinahe hätte er »junger Mann« hinzugefügt, – »daß es wohl einen Fortschritt oder, wie man sich jetzt ausdrückt, einen Progreß gibt, und wenn auch nur im Namen der Wissenschaft und der ökonomischen Lehrsätze ...«

»Ein Gemeinplatz!«

»Nein, es ist kein Gemeinplatz! Wenn man mir zum Beispiel bisher sagte: ›Liebe deinen Nächsten‹ und ich ihn liebte, was kam dabei heraus?« fuhr Pjotr Petrowitsch vielleicht gar zu eifrig fort. »Es kam dabei heraus, daß ich meinen Rock mitten entzweiriß und ihn mit meinem Nächsten teilte; so blieben wir beide halbnackt, wie es im russischen Sprichworte heißt: ›Wenn du mehreren Hasen nachjagst, fängst du keinen einzigen.‹ Die Wissenschaft aber sagt: Liebe zunächst dich selbst, denn alles in der Welt ist auf persönlichen Interessen gegründet. Wenn du dich selbst liebst, so besorgst du deine eigenen Geschäfte wie es sich gehört, und dein Rock bleibt ganz. Die ökonomische Wissenschaft fügt aber hinzu, daß, je mehr es in der Gesellschaft geordnete Privatangelegenheiten, sozusagen ganze Röcke gibt, sie um so mehr feste Grundlagen hat und auch die allgemeine Sache dadurch besser geordnet wird. Wenn ich also ausschließlich und einzig für mich selbst erwerbe, so erwerbe ich gleichsam auch für alle und erreiche damit, daß auch mein Nächster etwas mehr als einen zerrissenen Rock bekommt, und zwar nicht mehr aus privater Freigebigkeit einer Einzelperson, sondern infolge des allgemeinen Wohlstandes. Der Gedanke ist einfach, ist aber leider lange Zeit niemand eingefallen, da er von Exaltation und Schwärmerei verdeckt war; und doch müßte man meinen, daß man gar nicht besonders geistreich zu sein braucht, um auf ihn zu kommen ...«

»Entschuldigen Sie, ich bin aber gar nicht geistreich«, unterbrach ihn Rasumichin scharf. »Darum wollen wir lieber aufhören. Ich habe ja das Gespräch mit einer ganz bestimmten Absicht darauf gebracht, sonst habe ich dieses ganze Geschwätz, mit dem man sich bloß ergötzt, alle diese endlosen, unaufhörlichen Gemeinplätze und das ewige Einerlei in drei Jahren so satt bekommen, daß ich, bei Gott, erröte, wenn auch andere in meiner Gegenwart, und nicht nur ich, davon sprechen. Sie haben sich selbstverständlich beeilt, Ihre Kenntnisse zu zeigen, um in einem günstigen Lichte zu erscheinen; dies ist durchaus verzeihlich, und ich verurteile es nicht. Ich aber wollte nur erfahren, wer Sie sind; denn, sehen Sie, in der letzten Zeit haben sich so viele Industrieritter an die allgemeine Sache gehängt und alles, was sie nur berührt haben, in ihren eigenen Interessen dermaßen verunstaltet, daß die ganze Sache verdreckt ist. Nun, genug davon!«

»Mein Herr,« begann Herr Luschin, mit großer Würde das Gesicht verziehend, »wollen Sie damit etwa in einer so verletzenden Form sagen, daß auch ich ...«

»Oh, bitte, bitte ... Wie könnte ich es denn! ... Nun ist's genug!« schnitt Rasumichin ab und wandte sich jäh, im unterbrochenen Gespräch fortfahrend, an Sossimow.

Pjotr Petrowitsch war klug genug, um dieser Erklärung sofort zu glauben. Übrigens hatte er sich entschlossen, nach zwei Minuten wegzugehen.

»Ich hoffe, daß unsere eben geschlossene Bekanntschaft«, wandte er sich an Raskolnikow, »nach Ihrer Genesung und angesichts der Ihnen bekannten Umstände sich noch mehr festigen wird ... Ganz besonders wünsche ich Ihnen Gesundheit ...«

Raskolnikow wandte sich nach ihm nicht mal um. Pjotr Petrowitsch machte Anstalten, sich vom Stuhle zu erheben.

»Den Mord beging unbedingt ein Pfandgeber!« sagte Sossimow mit Nachdruck.

»Unbedingt ein Pfandgeber!« bestätigte Rasumichin. »Porfirij verrät seine Gedanken nicht, verhört aber alle Pfandgeber ...«

»Er verhört die Pfandgeber?« fragte Raskolnikow laut.

»Ja, was ist denn?«

»Nichts.«

»Wo nimmt er sie denn her?« fragte Sossimow.

»Die einen hat Koch angegeben; die Namen der andern standen auf den Umhüllungen der Pfänder, und manche kamen von selbst, als sie davon hörten ...«

»Das muß aber eine geschickte und erfahrene Kanaille sein! Diese Kühnheit! Diese Entschlossenheit!«

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